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Deutschland einig kinderlos

Leitartikel

Deutschland einig kinderlos

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    Das Problem ist schon seit 30 Jahren bekannt: Seit dem Pillenknick der 70-er Jahre liegt die Geburtenrate in Deutschland unter dem, was für eine stabile Bevölkerungsentwicklung notwendig wäre. Mit durchschnittlich 1,36 Kindern pro Frau hat der Wert mittlerweile ein Rekordtief erreicht - weltweit. Nur im Vatikan werden weniger Kinder geboren. Warum aber gerade jetzt die Diskussion über die "demographische Lage der Nation" einen solchen Widerhall findet, liegt wohl vor allem daran, dass die Folgen der kinderlosen Gesellschaft immer deutlicher zu Tage treten.

    Allerdings hilft es wenig, in Panik zu machen. Wenn die Bevölkerung schrumpft, muss das ja nicht gleich negativ sein. Weniger Schüler bei ein gleich bleibenden Zahl von Lehrern - das wird den Unterricht sicherlich verbessern. Auch aus ökologischen Gründen kann es gar nicht wünschenswert sein, dass die Bevölkerung immer weiter wächst, immer mehr Menschen, immer mehr Wasser, Boden und Energie verbrauchen.

    Dennoch ist klar: Die demogra-phische Entwicklung wird uns dazu zwingen, unsere sozialen Systeme umzubauen, das Rentensystem, das Gesundheitssystem. Wenn, wie die Statistiker ausgerechnet haben, bis 2020 der Anteil der 80-jährigen um 60 Prozent steigt, dann hat das nicht zuletzt gravierende finanzielle Folgen. Das werden wir alle zu spüren bekommen.

    Allein, Schuldzuweisungen, wie sie jetzt zu hören sind, nützen wenig. Da wird über das "Versagen" einer ganzen Generation lamentiert, derer, die in den 60-er und 70-er Jahren geboren wurden und sich nie zur Gründung einer Familie durchgerungen haben. Da werden so genannte Karrierefrauen von der Bild-Zeitung an den Pranger gestellt, Journalistinnen wie Sabine Christiansen und Sandra Maischberger, erfolgreich - und ohne Kinder. Dabei gibt es in allen Altersgruppen mehr kinderlose Männer als kinderlose Frauen.

    Nein, die Ursachen für die selbst gewählte Kinderlosigkeit in diesem Lande sind zu vielschichtig, als dass solche eindimensionalen Schuldzuweisungen weiterhelfen. Natürlich geht es darum, Familie und Beruf in Einklang zu bringen - aber für Frauen und für Männer. Dazu gehören flexible Arbeitszeiten ohne bürokratische Hürden ebenso wie ganztägige Betreuungsmöglichkeiten für die lieben Kleinen. Das ist keine Frage der Ideologie, sondern nüchterne Notwendigkeit, weil heute junge Eltern bei der Kinderbetreuung eben nicht mehr auf den Rückhalt der Großfamilie vertrauen können. Und leider ist weiterhin so, dass die Gründung einer Familie sehr oft mit dem Verlust von Wohlstand einher geht.

    Die Gesellschaft kann sich diese Zustände gar nicht länger leisten. Zwar wird viel getan, zwar fließen jedes Jahr 100 Milliarden Euro in die Familienförderung. Zwar zahlt Deutschland das zweithöchste Kindergeld in der Welt. Doch die Geburtenrate hebt das nicht. Da läuft was falsch, aber gehörig.

    Deshalb ist die aktuelle Diskussion richtig und wichtig. Der Vergleich mit den Nachbarn macht die Unterschiede deutlich. So setzen die skandinavischen Länder weniger auf direkte Förderung und investieren mehr in ein umfassendes Betreuungsangebot. In Frankreich wächst der Steuervorteil beim Familiensplitting mit der Zahl der Kinder.

    Über all diese Dinge muss nachgedacht werden. Das Wichtigste aber ist, dass wir uns nicht damit abfinden, dass wir keine Kinder mehr in die Welt setzen. Kinder sind eben nicht nur ein Kosten- und Problemfaktor. Kinder sind ein großes Glück, und sie sind die Zukunft - für uns und für unser Land.

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