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Kommentar: Die Not kranker Kinder wurde in Kauf genommen

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Kommentar: Die Not kranker Kinder wurde in Kauf genommen

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    Ein Patient liegt auf einer Kinderstation.
    Ein Patient liegt auf einer Kinderstation. Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild

    Wie konnte es so weit kommen? Dass selbst schwer kranke Kinder fürchten müssen, nicht mehr immer schnell, nicht mehr immer gut medizinisch versorgt zu werden. Dass selbst kranke Kinder fürchten müssen, nicht mehr die passenden Medikamente zu bekommen. In Deutschland. In Bayern. In einem wohlhabenden Land. Einem Land, das sehr viel Geld für sein Gesundheitssystem ausgibt und das sich noch immer rühmen kann, im Vergleich zu anderen eine vorbildliche Gesundheitsversorgung zu haben. Doch wenn schon die Jüngsten nicht mehr versorgt werden können, was ist bald mit den anderen?

    Die breite Empörung hält sich in Grenzen

    Zumal bekannt ist, dass die mangelhafte medizinische Versorgung nicht nur kranke Kinder und ihre Eltern spüren. Auch pflegebedürftige Seniorinnen und Senioren, auch behinderte Menschen erleben die Engpässe. Um Schwächere ist es bei uns oft nicht gut bestellt. Doch obwohl es immer mehr schmerzlich trifft, hält sich die breite Empörung in Grenzen. Daueraufreger sind andere Themen.

    Und das, obwohl in der Gesundheitsversorgung ganz offensichtlich Grundlegendes nicht erkannt wird: So sollte doch jedem klar sein, dass gerade die gesundheitliche Versorgung der Kinder und Jugendlichen an oberster Stelle stehen muss. Vor allem in sie müsste endlich stärker investiert werden. Denn es ist doch nachvollziehbar, dass Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter das ganze Leben prägen, dass aus jungen Patientinnen und Patienten Dauerpatientinnen und Dauerpatienten werden können, dass alles getan werden muss, damit Kinder und Jugendliche eine exzellente Versorgung genießen, wenn diese Gesellschaft eine gute Zukunft haben will. Die Realität sieht aber leider ganz anders aus.

    Es herrscht ein dramatischer Mangel auf allen Versorgungsebenen: Gerade auch Kinderkliniken arbeiten nicht erst seit der akuten RSV-Welle weit über der Belastungsgrenze. Therapien für krebskranke Kinder können oft nur über Spenden finanziert werden, es fehlen Kinderärztinnen- und Kinderärzte, Kinderpsychiater, Kinderpsychologinnen und natürlich vor allem auch Kinderpflegekräfte.

    Doch gerade bei der Pflege fragt man sich: Wie lange will man noch zusehen, dass immer mehr Personal fehlt? Wie lebensbedrohlich gerade diese Lücken sind, wissen doch alle. Warum also wird dieser Beruf nicht endlich aufgewertet? Wer sich um Pflegebedürftige kümmern kann und will, hat einen der wichtigsten Berufe in einer Gesellschaft, die sich sozial nennen will. Gelingt es nicht, mehr kompetente und empathische Pflegekräfte zu gewinnen, ihnen gute Arbeitsbedingungen zu garantieren, lassen wir es bewusst zu, dass kranke Menschen – ob Säugling oder Senior oder Seniorin – früher sterben.

    Die Zustände waren gut vorhersehbar

    Ja, die Politik muss handeln. Aber es ist auch an der Zeit, dass eine bessere Versorgung ein gesamtgesellschaftliches Thema wird. Daher muss es auch ein soziales Jahr für alle jungen Leute geben. Nicht freiwillig, verpflichtend. Nicht um schnell billig Personallücken zu stopfen, sondern für die Chance, die berufliche Bandbreite im sozialen und medizinischen Sektor zu entdecken.

    Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat eine Reform in die richtige Richtung angekündigt. Das kann nur ein Anfang sein. Zu viele Jahre schon stand der kranke Mensch zu oft nicht im Mittelpunkt der Gesundheitsversorgung, sondern finanzielle Gewinne. Zu viele Jahre schon wurde die Kinder- und Jugendmedizin sträflich vernachlässigt. Die aktuell beschämenden Zustände in den Kinderkliniken waren gut vorhersehbar, sie wurden in Kauf genommen. Das ist der eigentliche Skandal.

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