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„Ehe ist etwas ganz Wunderbares“

Leitartikel

„Ehe ist etwas ganz Wunderbares“

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    Das Wohl der Familie ist entscheidend für die Zukunft der Welt und der Kirche, das stellt der Papst in seiner aktuellen Schrift „Amoris Laetitia“ unmissverständlich klar. Stefan Becker ist seit eineinhalb Jahren Präsident des Familienbunds der Katholiken (FDK). Bei seinem Besuch in Würzburg erklärte er, für welche Familienpolitik sich der FDK einsetzt.

    Frage: Der Familienbund unterstützt die Kampagne „Wir jammern nicht, wir klagen!“ (www.elternklagen.de), die für gerechte Familienbeiträge in der gesetzlichen Sozialversicherung kämpft. Vor dem Bundessozialgericht ist die Klage im letzten Jahr gescheitert. Wie geht es weiter?

    Stefan Becker: Mit der Klage ziehen wir schon mehrere Jahre durch die Instanzen. Jetzt haben wir Klage vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht. Wir hoffen, dass die Richter dort bestätigen werden, was sie auch schon für die Pflegeversicherung festgestellt haben: Dass Eltern nicht doppelt belastet werden dürfen, zum einen durch die Erziehung der Kinder und zum anderen noch durch Beiträge in gleicher Höhe wie kinderlose Paare.

    Wie groß sind Ihre Chancen, zu gewinnen?

    Becker: Wir haben in den letzten Wochen sehr positive Rückmeldungen aus der Politik bekommen. Die CDU/CSU hat einen entsprechenden Antrag in ihr Programm für den nächsten Parteitag aufgenommen und es mehren sich die Stimmen, dass es für Familien einen stärkeren Ausgleich geben muss. Auch von Bündnis 90/Die Grünen haben wir Signale bekommen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

    Sie bezeichnen das Papst-Schreiben „Amoris Laetitia – Die Freude der Liebe“ als „zukunftweisende Botschaft an die Welt und an die Kirche“. Was steckt genau dahinter?

    Becker: Ich freue mich, dass in diesem Schreiben die Liebe zum Maßstab gemacht wird – und nicht nur moralische Gesetze. Ich freue mich, dass stärker auf die Menschen und ihre individuellen Lebenslagen geschaut wird als auf den Wortlaut einer allgemeinen Norm. Papst Franziskus hat wieder das in den Mittelpunkt gerückt, wofür unsere Kirche stehen soll: eine Spiritualität der Liebe.

    Was ist das Fortschrittliche an Amoris Laetitia?

    Becker: Es geht um eine neue Qualität des Dialogs innerhalb der Kirche. Es ist nicht allein der Papst, der aus Rom irgendwelche Vorgaben gibt, sondern auch die Geistlichen vor Ort werden viel stärker in Entscheidungen eingebunden. Das ist das Besondere an diesem Dokument. Der Papst fordert dazu auf, Einzelfalllösungen zu treffen und zu finden. So etwas ist bislang aus Rom nicht bekannt gewesen.

    Dennoch hält Franziskus an vielen konservativen Fixpunkten fest, er verurteilt weiterhin Abtreibung oder die Homo-Ehe. Kann so moderne Familienpolitik aussehen?

    Becker: Wir haben hier eine andere Lebenswirklichkeit als in Afrika oder Südamerika. Der Papst öffnet mit dem Schreiben trotzdem Türen. Der Familienbund der Katholiken ist für die Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Sie sind zwar nicht gleichzusetzen mit der Ehe, aber auch hier geschieht etwas zwischen Menschen. Wir beschränken Liebe nicht nur auf heterosexuelle Paare. Liebe ereignet sich zwischen allen Menschen.

    Laut einer aktuellen Umfrage des evangelischen Monatsmagazins „chrismon“ glaubt nur jeder Zweite an eine Ehe bis zum Tod, also an ein Zusammenleben für immer. Welchen Stellenwert hat die Ehe für den Familienbund?

    Becker: Ehe ist etwas ganz Wunderbares, weil es mit einem Halteversprechen verbunden ist. Wir wissen, dass es auch in der Ehe nicht nur rosarot zugeht. Aber hier ist etwas, das die Menschen begleitet und stärkt, damit sie auch in schwierigen Situationen die Liebe aufrechterhalten können. Die Ehe ist auch ein sehr wichtiges Zeichen nach außen.

    Wie wird das Schreiben des Papstes die Arbeit des Familienbunds beeinflussen?

    Becker: Papst Franziskus prangert offen die Missstände an, die Menschen und ihre Familien unter Druck setzen und beschädigen, und fordert deren Beseitigung. Uns bestärkt das in unserem familienpolitischen Auftrag. Wir werden uns weiter für einen fairen Leistungs- und Lastenausgleich für Familien einsetzen.

    Wie bringen Sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf voran?

    Becker: Beim quantitativen Ausbau der Kinderbetreuung ist in den letzten Jahren einiges geschehen, aber die Verbesserung der Qualität wurde dabei vernachlässigt. Wir müssen bei den Qualitätsstandards von Kitas nachlegen und Kitas personell besser ausstatten. Und auch wer ein Kind zu Hause betreut, braucht einen finanziellen Ausgleich. Uns geht es um die grundsätzliche Frage, welchen Stellenwert Familienarbeit in unserer Gesellschaft hat. Es kann nicht sein, dass nur die Erwerbsarbeit im Mittelpunkt steht. Darüber wollen wir eine Diskussion anstoßen.

    Familienministerin Manuela Schwesig ist gerade aus dem Mutterschutz zurück. Welches Thema sollte sie jetzt in Angriff nehmen?

    Becker: Die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ist ein wichtiges Thema, das ganz nach oben auf die Agenda gehört. Die Pflege von Angehörigen bedeutet für die Familien in der Regel auch eine große Belastung. Noch gibt es zu wenige geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen und zu viele Unsicherheiten. Hier ist die Politik dringend gefordert zu handeln, denn die Zahl der Pflegebedürftigen wächst rasant. Wir haben heute schon viel mehr Pflegebedürftige als Kinder unter drei Jahren.

    Wie beurteilt der Familienbund den Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauchsfällen?

    becker: Es darf hier keinerlei Verheimlichungen und Vertuschungen geben. Wir sind froh, dass dieses Thema an die Öffentlichkeit gekommen ist, und jetzt muss es mit aller Schärfe angegangen werden. Wir wollen auch die Familien stärken, denn Aufklärung ist der beste Schutz vor Missbrauch.

    Stefan Becker

    Mit großer Mehrheit wurde Stefan Becker (50) im Oktober 2014 von der Bundesdelegiertenversammlung in Dresden zum neuen Präsidenten des Familienbundes der Katholiken (FDK) gewählt. Stefan Becker war Geschäftsführer der berufundfamilie gGmbH, einer Initiative der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung. Heute ist er hauptberuflich Leiter des Bereichs Verwaltung beim Kindermissionswerk „Die Sternsinger“. Er ist seit 2006 als Beisitzer im Präsidium des Familienbundes vertreten. Stefan Becker kündigte bei seiner Wahl an, den FDK als ideologiefreie, ernst zu nehmende und hörbare Stimme der Familie führen zu wollen. Im April war Becker beim Familienbund in der Diözese Würzburg zu Gast. FOTO: Ivana Biscán

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