Mit ihrem Parteitag in Nürnberg hat sich die CSU ein wenig Mut gemacht, dass doch noch etwas gehen könnte bei der Bundestagswahl in knapp zwei Wochen. Aber: Ein umjubelter Laschet-Auftritt allein macht noch lange keinen Wahlsieg.
Zu viel ist schief gelaufen für die Union in diesem Wahlkampf. Von der verunglückten Kandidatenkür über Markus Söders beleidigte Retourkutschen bis hin zu "Stilfragen", wie Armin Laschet seinen peinlichen Lacher im Flutgebiet beschönigend nennt.
Und trotz der demonstrativen Geschlossenheit, die Söder und Laschet auf der Parteitagsbühne inszenierten: Hinter den Kulissen wird die Schuldfrage für eine Wahlniederlage längst hin- und hergeschoben. Da lässt Söder etwa seinen Generalsekretär Markus Blume im "Spiegel" sagen, mit ihm an der Spitze stünde die Union besser da. Was im Klartext heißt: Die CDU-Spitze hat die Wahl verbockt.
Aus der CDU wird postwendend gestreut, Söder wolle den Laschet-Sieg doch gar nicht – weil für ihn die Landtagswahl in zwei Jahren gegen eine linke Regierung in Berlin viel leichter zu gewinnen sei. Auch dies schließt die Reihen nicht, ist aber auch inhaltlich Quatsch. Denn der Erfolg der CSU in Bayern fußte immer auch auf ihrem Einfluss in Berlin. Als Vier-Prozent-Oppositionszwerg in einem lecken Boot mit einer schwindsüchtigen CDU ließe sich dort aber für Bayern nicht mehr viel erreichen.
Kanzlerkandidaten können nicht mehr in Hinterzimmern ausgewürfelt werden
Strategisch hatte Söder in diesem Wahlkampf zwar mit vielen Einschätzungen recht: Man kann nicht mehr, wie die CDU-Altvorderen um Wolfgang Schäuble glaubten, den künftigen Bundeskanzler in einem CDU-Hinterzimmer auswürfeln. Und man kann auch nicht, wie Armin Laschet viel zu lange meinte, "im Schlafwagen" ins Kanzleramt rollen.

Richtig ist zudem, dass in der CDU ein ungeklärtes Problem schwelt, das Laschets Wahlkampf belastet: Weiter wie bisher mit Angela Merkel? Oder ein politischer Wandel? Und wenn Wandel – wohin? Zum Retro-Konservatismus à la Friedrich Merz? Oder in Richtung Schwarz-Grün wie Markus Söder? Ungeklärte Fragen, denen sich auch die CSU nicht entziehen kann: In Nürnberg wurde deutlich, wie sehr Söders schwarz-grüne Modernisierung Teile der Partei überfordert – selbst bei der von ihm zu Recht forcierten überfälligen Frauen-Förderung in der CSU.
Nicht nur der Laschet-CDU, auch der CSU fehlt diesmal ein zündendes Wahlkampf-Thema
Was aber den Wahlkampf selbst betrifft: Nicht nur die blutleere Laschet-CDU, auch die CSU hat diesmal kein zündendes Thema – weshalb der Union nun nur noch ein müder neuer Aufguss der alten "Rote Socken"-Kampagne bleibt. Schlichte Kernthese: Die Linken können's nicht.
Dabei lebte gerade die CSU doch immer von der thematischen Polarisierung. Ob Ausländer-Maut, Mütterrente oder Windräder: Man konnte die Partei dafür lieben oder hassen – politisch entziehen konnte man sich ihr nicht. Diesmal ist das anders: Das CSU-Versprechen, Steuern zu senken, ist längst verpufft. Die angekündigte Förderung der "Mitte der Gesellschaft" bleibt erstaunlich schwammig.
Doch nicht nur die Themen fehlen der CSU, auch die politische Linie bleibt unklar: Söder beteuert, nur er könne Stabilität und Wandel unter einen Hut bringen. Das klingt gut. Was dies in der Realität bedeutet, bleibt bislang aber selbst in Bayern offen – etwa beim Zukunftsthema Klimaschutz: Will er hier Freiwilligkeit wie die FDP? Oder staatliche Vorgaben wie die Grünen? Irgendwas dazwischen dürfte eher nicht funktionieren.
Eine "Schicksalswahl" liege vor Deutschland, mahnte Söder in Nürnberg. Aber auch für die CSU steht am 26. September viel auf dem Spiel. Wir leben in einer Zeit, in der sich viele alte Wahrheiten rasend schnell in Luft auflösen. Zu diesen verblichenen Wahrheiten könnte auch einmal gehören, dass der Wahlsieger in Bayern immer CSU heißt.