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Würzburg: Kommentar: Wenn jeder mithilft, wird sich das Leben 2023 wieder leichter anfühlen

Würzburg

Kommentar: Wenn jeder mithilft, wird sich das Leben 2023 wieder leichter anfühlen

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    Die Leichtigkeit im Alltag finden - wie geht das zwischen Krisen und Hiobsbotschaften?
    Die Leichtigkeit im Alltag finden - wie geht das zwischen Krisen und Hiobsbotschaften? Foto: Patty Varasano

    Haben Sie schon mal eine Notärztin beobachtet, wie sie am Unfallort aus ihrem Fahrzeug steigt? Wie sie bewusst langsam geht und sich Not und Chaos mit Ruhe und Bedacht nähert? Die Logik hinter dieser Routine ist simpel: Wer die Nerven verliert, ist nicht handlungsfähig. Und bei Unfällen verliert man leicht die Nerven.

    Das Jahr 2022 mag einem wie ein großer Unfall vorgekommen sein. Wie eine weltweite Massenkarambolage, bei der sich Krisen ineinander verkeilt haben. Die Brocken der Coronakrise waren noch nicht weggeräumt, da überfiel Putin die Ukraine. Es folgten Energiekrise und Inflation. Die Klimakrise war längst da. Rentenkrise, Medienkrise, Demokratiekrise, Fachkräftekrise, Pflegekrise, Flüchtlingskrise, FIFA-Krise. Und natürlich die Krise des Gesundheitssystems, denn – um im Bild zu bleiben – es gibt auch zu wenige Notärzte, die das alles noch händeln könnten.

    Wenn immer Krise ist, kann eigentlich keine Krise sein

    Da liegen sie also, die Trümmer des Jahres 2022, und wir haben ein Problem: Wenn immer Krise ist, dann kann eigentlich keine Krise sein. Zumindest nutzen wir das Wort ab. Es taugt nicht mehr, um zu beschreiben, dass es dringend ist. Bundeskanzler Olaf Scholz hat den wichtigeren Begriff geprägt, als er Ende Februar von einer Zeitenwende sprach. Zwar bezog er sich auf den Krieg in der Ukraine, doch Zeitenwende beschreibt auch das Jahr im Ganzen gut: Nach 2022 wird es anders sein als davor.

    Vor 2022 haben Politik, Medien und Gesellschaft Probleme erkannt, beschrieben und sich von Corona lähmen lassen. 2022 kam mit dem Krieg ein Wendepunkt. Er hat geholfen, dass Politik sich fokussiert. Sie wurde pragmatisch, schnell, manchmal richtig gut: 100 Milliarden für die Bundeswehr, 9-Euro-Ticket, das 200-Milliarden-Paket zur Entlastung der Menschen. Das wirkte. Mit etwas Galgenhumor könnte man der Pflege, dem Gesundheits- oder dem Asylsystem den schnellen Kollaps wünschen, damit auch dort so konsequent entschieden wird.

    Die Deutschen sorgen sich um ihren Wohlstand - "Reißt euch zusammen!", möchte man da sagen

    Aber bleiben wir realistisch: 2023 wird Deutschland nicht alle Probleme lösen. Das ist auch nicht notwendig. Notwendig ist, dass möglichst viele Menschen Ruhe, Zuversicht und Kraft haben oder finden, um handlungsfähig zu sein und das anzunehmen, was nicht zu ändern oder ungewiss ist. Dabei hilft es, die Lage in Deutschland weniger apokalyptisch einzuordnen: Während es in der Ukraine um Leben um Tod geht, sorgen sich die meisten Deutschen in erster Linie vor weniger Wohlstand.

    "Reißt euch zusammen!", möchte man sagen. Aber das wäre zynisch, wenn man weiß, wie sich jenseits der finanziellen Lage Arbeitsbedingungen etwa in der Pflege entwickeln oder welche Folgen zum Beispiel fehlende Medikamente für Kranke haben. "Reißt euch zusammen!" missachtet, dass es Menschen emotional zusetzt, ständig mit Problemen und Leid konfrontiert zu sein. Da ist eine neue Last im Alltag, im Leben mit der Familie, mit den Nachbarn, mit Freunden oder Arbeitskollegen. Das Leben fühlt sich schwerer an als vor dem Krieg, als vor Corona.

    Sein eigenes Verhalten zu ändern, ist viel schwieriger als über Politik zu schimpfen

    Auf diesem Weg kommen alle großen Unfälle im Kleinen an, im Persönlichen. Genau dort kann jeder Einzelne wirken: Jeder kann sich Zeit nehmen für andere. Jede kann um Hilfe bitten. Jeder kann freundlich sein. Jede kann sich Zeit nehmen für sich selbst - Kraft tanken, ohne schlechtes Gewissen. Das eigene Verhalten zu ändern ist schwieriger, als über Politik zu schimpfen, anderen Vorwürfe zu machen oder Frust auf sozialen Medien abzuladen. Es ist aber ein Beitrag dazu, dass sich das Leben wieder leichter anfühlt.

    2023 muss kein Jahr der großen Lösungen werden, aber es kann ein Jahr der kleinen Verbesserungen sein. Mahatma Gandhi hat das schön formuliert: "Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt."

    Ein guter (Vor)Satz für das Jahr 2023.

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