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WÜRZBURG: Leitartikel: Hochschulpolitik jenseits des Weißwurstäquators

WÜRZBURG

Leitartikel: Hochschulpolitik jenseits des Weißwurstäquators

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    Andreas Jungbauer, Redakteur Main-Post
    Andreas Jungbauer, Redakteur Main-Post Foto: Theresa Müller

    Wer den Wandel Bayerns vom Agrar- zum Hightechland beschreibt, bedient sich gerne bei Roman Herzog. Der aus Niederbayern stammende frühere Bundespräsident sprach vor 20 Jahren von einer „Symbiose aus Laptop und Lederhose“ – und lieferte den Slogan für folgende CSU-Wahlkämpfe.

    Vordergründig scheint die Verbindung von Tradition und Modernität im Freistaat zu gelingen. Innovative, teils hoch spezialisierte Unternehmen sorgen für technischen Fortschritt und Wirtschaftskraft. Und was den Hochschulstandort angeht, rühmt sich die Staatsregierung mit wissenschaftlichen Erfolgen und millionenschweren Investitionen.

    Zum Wintersemester neuer Rekord bei den Studierendenzahlen

    „Bayern ist Wissenschaftsland“, sagte die zuständige Ministerin Marion Kiechle (CSU) am Montag zum Semesterstart und frohlockte über einen Höchststand bei den Studierenden. 68.000 beginnen zum Wintersemester ein Studium in Bayern. Nach erster Prognose sind damit fast 400.000 Studierende an 25 (staatlichen) Unis, Technischen Hochschulen oder Hochschulen für angewandte Wissenschaften eingeschrieben. Ein Rekord – und für Ministerin Kiechle „der Beweis dafür, dass unsere wissenschaftspolitischen Strategien in Bayern aufgehen“.

    Aha. Geht es tatsächlich darum, möglichst viele junge Leute durchs Studium zu schleusen? Man muss nicht über einen „Akademisierungswahn“ hirnen, um das in Frage zu stellen. Allein schon, weil die Studierendenzahlen überall in Deutschland steigen, sind sie kein Indikator für die Standortqualität der einzelnen Länder.

    Aussagekräftiger ist da die aktuelle Exzellenzstrategie von Bund und Ländern: Mit dem Millionenprogramm soll die Spitzenforschung an ausgewählten Hochschulen gestärkt werden. Die Gewinnung von Top-Wissenschaftlern aus In- und Ausland sei eine Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit des Hochschulsystems, sagt Kiechle. Dumm nur, wenn sich die Exzellenz im Freistaat praktisch auf München und seine beiden Universitäten LMU und TU beschränkt. Dann wird das „Wissenschaftsland Bayern“ zumindest in der staatlichen Exzellenzförderung zur Wissenschaftsstadt München degradiert.

    Die dritte Exzellenzrunde für den Zeitraum 2019 bis 2025 zeigt einmal mehr, wie München-fixiert die bayerische Hochschulpolitik ist. Das Wettbewerbsergebnis– im Grunde ein Desaster. Aus dem Freistaat kamen die beiden Münchner Unis mit vier gemeinsamen Exzellenzclustern (Forschungsfeldern) durch. Und sonst? Hochgehalten wird Bayerns Fahne nur noch von der Uni Bayreuth mit einem Cluster zur Afrikaforschung und der Uni Würzburg mit einem Kombicluster im Bereich der Quantenphysik zusammen mit der TU Dresden. Das war's.

    Bamberg, Erlangen-Nürnberg, Regensburg? Fehlanzeige. Gut, man könnte sich mit Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt oder dem Saarland vergleichen, die komplett leer ausgegangen sind. Aber das ist nicht der bayerische Anspruch.

    Fakt ist, dass Flächenländer wie Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen die Potenziale der Spitzenforschung deutlich besser auf ihre Hochschulstandorte verteilt haben als Bayern. Dezentralität versus Münchner Dominanz, Änderung nicht in Sicht: Über das vom Ministerpräsidenten verkündete Raumfahrtprogramm „Bavaria One“ freut sich die TU München – mit einer neuen Luft- und Raumfahrtfakultät.

    Bayerisches Abschneiden im Exzellenzwettbewerb muss alarmieren

    Es wird berichtet, dass in der entscheidenden Sitzung der Exzellenz-Kommission die Wissenschaftsminister einzelner Länder besser und schlechter für „ihre“ Hochschulen gekämpft hätten. Egal wie: Dass die Universität Bonn mit sechs Exzellenzclustern allein so viel abgeräumt hat wie Bayerns Unis zusammen, ist ein Alarmzeichen.

    Nicht nur bei der regionalen Verteilung hapert es: Der Freistaat muss überhaupt aufpassen, den Anschluss nicht zu verlieren. Dazu braucht es eine Hochschulpolitik, die diesen Namen verdient. Die als Strukturpolitik strategisch angelegt ist und Universitäten in Kooperation bringt statt eigene Süppchen kochen lässt – und: nicht vorrangig auf Studierendenzahlen schielt.

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