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Saddams Hinrichtung ist ein Fehler

Leitartikel

Saddams Hinrichtung ist ein Fehler

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    Eines ist klar: Niemand muss

    Mitleid haben mit Saddam Hus-

    sein. Der frühere irakische Präsi-

    dent, der am Samstag im Morgen-

    grauen durch den Strang hingerich-

    tet worden ist, war ein Diktator, ein

    Massenmörder, wie es in den ver-

    gangen 30 Jahren auf dieser Welt

    nur wenige gegeben hat. Grausam,

    brutal und menschenverachtend. Er

    hat Kriege angezettelt, sein eigenes

    Volk unterdrückt und Minderheiten

    rücksichtslos verfolgt. Durch seine

    Schreckensherrschaft verloren Hun-

    derttausende ihr Leben.

    Aber auch wenn wir kein Mitleid haben mit Saddam Hussein, so ist seine Hinrichtung dennoch ein Fehler - in zweierlei Hinsicht.

    Zum einen ist die Todesstrafe, wo immer sie vollzogen wird, grausam und barbarisch. Sie ist einer zivili- sierten Gesellschaft nicht angemes- sen, die die Wahrung der Men- schenrechte zum Fundament ihrer inneren Ordnung gemacht hat. Die Todesstrafe sühnt Gewalt mit Ge- walt. Es herrscht der Geist der Rache. Was der Irak braucht, ist aber nicht die Rache, sondern sind Frie- den und Versöhnung. Die hastige Vollstreckung des Urteils am frühen Morgen eines religiösen Feiertages, die Form der Hinrichtung am Gal- gen - nicht wie von Saddam ge- wünscht durch ein Erschießungs- kommando: All das vermittelt schon den Eindruck, als sollte hier ein Stück weit Rache geübt werden.

    Die Hinrichtung ist aber auch deshalb ein Fehler, weil sie politisch falsch ist. US-Präsident George W. Bush hat die Exekution Saddams als einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einem demokratischen Irak bezeichnet. Hier täuscht sich der Präsident. Ein Meilenstein für die Demokratie war sicherlich die Gefangennahme Saddams im Dezember 2003. Ein Meilenstein ist auch die Tatsache, dass der Diktator von einem zivilen Gericht seines eigenen Landes abgeurteilt wurde - bei allen Mängeln, die das Verfah- ren offensichtlich hatte. Saddam Hussein mit dem Strick vom Leben zum Tode zu befördern - das ist kein Meilenstein und schadet dem demokratischen Prozess eher als dass es ihm nutzt.

    Auf diese Art und Weise soll offensichtlich ein Schlussstrich ge- zogen werden unter 30 Jahre Dikta- tur, wo doch die Aufarbeitung der Schreckensjahre gerade erst begon- nen hat. Verurteilt worden ist Sad- dam Hussein wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Zur Rechenschaft gezogen wurde er für den Tod von 148 Männern und Jungen 1982 in Dudschail. Das Mas- saker war die Folge eine fehlgeschla- genen Anschlags in diesem schiiti- schen Ort auf den Präsidentenkon- voi. Die Schüsse auf die Wagen gin- gen fehl. Saddam Hussein ließ da- raufhin das ganze Dorf verhören. Viele Einwohner wurden ver- schleppt, 148 ermordet.

    Doch das Massaker von Dudschail ist lediglich eine von vie- len Gräueltaten. Was ist mit dem Völkermord an den Kurden im Nor- den des Landes Ende der 80er Jahre? Hunderttausende von Men- schen sollen seinerzeit vertrieben, Zehntausende getötet worden sein. Allein dem Giftgas-Angriff auf das kurdische Dorf Halabdscha fielen 5000 Menschen zum Opfer. Was ist mit dem achtjährigen Krieg gegen den Iran, mit dem Einmarsch in Kuwait? Was ist mit den politischen Morden, die Saddam und seinen Sicherheitskräften zugeschrieben werden?

    Der Diktator ist tot, der Prozess beendet. Saddams Verantwortung für viele weitere Verbrechen wird nie mehr juristisch geklärt werden können. Die irakische Führung hat eine wichtige Chance vertan, die Aufarbeitung der Terrorherrschaft voranzutreiben. Eine Chance auf Frieden und Versöhnung im Irak.

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