Nein, Schönschreib-Noten will ich nicht wieder einführen. Ich stelle nur fest, dass erlesene Handschriften nicht nur das Lesen erleichtern, sondern auch ein angenehmer Anblick sind. Sie zeigen zudem Respekt für den Adressaten. Zugegeben, digitales Speichern in Dateien ist danach arg umständlich und das Klicken auf „Antwort“ wird erst gar nicht angeboten. Macht nichts: Ein Text, picobello mit Hand geschrieben, der auch sprachlich passt, ist eine runde Sache. Dass im Gegensatz dazu Gedrucktes nicht unbedingt gewährleistet, dass sich seine Botschaft eindeutig erschließt, zeigt mancher Beitrag – mitunter leider auch in dieser Zeitung.
Über deren unklare Botschaften sinniert ein Leser, der mir handschriftlich diesen Satz ans Herz gelegt hat: „Bei dem Familienfest, das mit dem Gottesdienst den Pfarrer XXXX gehalten hat, erwartet die zahlreichen kleinen und großen Besucher ein unterhaltsames Programm.“ – Ja, lesen Sie ruhig noch einmal, damit Sie wie der aufmerksame Schönschreiber erkennen, dass sich ein Familienfest des Gottesdienstes bedient, um den Pfarrer zu halten. – Und: Finden Sie den Fehler.
Unterdessen tippe ich weiter aus der Handschrift ab: „Sehr geehrter Herr Sahlender, das Schicksal hat mir eine schwere Bürde auferlegt: Geschriebene oder gedruckte Fehler springen mich regelrecht an, ich kann mich nicht einmal dagegen wehren. Ich verstehe deshalb bis heute nicht, dass ich mein ganzes Berufsleben in einer Bank verbracht habe. Kurzum: Es gehörte schon zum Frühstücksritual bei uns, dass ich die gröbsten Schreib-, Druck- und Formulierungsfehler markiert und stumm meiner Frau gereicht habe.“
Mir hat er mit Anmerkungen eine Auswahl aus dieser Frühstückssammlung postalisch durchgereicht, darunter die „Kernerarbeit“, die allzu oft geleistet wird. Sie erinnert ihn an die angenehmste „Kernerarbeit“, das Trinken edler Tropfen dieser Rebsorte. Bei seinen Nachforschungen stößt er endlich auf den „Kärrnerbraten“ als deftige Mahlzeit, die früher nach schwerer Kärrner-Arbeit (wie das Ziehen von Karren) die Energie zurückbrachte. – Alles klar?
„Falls ich Sie mit meinem Geschreibsel nerven sollte, rufen Sie mich einfach an.“ Ich nehme dieses handschriftliche Angebot nicht an, angesichts meiner Vorliebe für originelle Fehlermeldungen, die nicht unleserlich hingeworfen sind. Der Ordnung halber füge ich hinzu, dass ich nichts gegen E-Mail-Schreiber habe.