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Der Charakter wird beim Pförtner abgegeben?

Leserbriefe

Der Charakter wird beim Pförtner abgegeben?

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    Die Kritik reißt nicht ab: Bundespräsident Christian Wulff
    Die Kritik reißt nicht ab: Bundespräsident Christian Wulff Foto: Foto: dpa

    Wer soll eigentlich noch Politiker werden? Wem macht es noch Spaß, von Medien bis ins Privatleben seziert zu werden. Haben die Medien den Staat bereits übernommen? Sicher, Kritik ist deren Aufgabe, aber nicht systematische Zerstörung von Persönlichkeiten. Wenn Großparteien wie die SPD und die CDU nur noch etwa 600 000 Mitglieder haben, davon die Hälfte Karteileichen, aus der anderen Hälfte sollen dann Leute rekrutiert werden, die diesen Staat von unten bis oben führen, wie soll das noch gehen, wer tritt da noch an? Wir leisten uns den Luxus, den Staat/Firma Bundesrepublik von Zweit- bis Drittklassigen regieren zu lassen, von ehemaligen Berufsschullehrern wie Herrn Gabriel, alles Leute, die nichts zu verlieren haben. Beim Verdienst schreit dann aber das Volk auf und vergisst, dass jeder Großbänker, Autochef das X-Fache verdient und nie auf den Gedanken käme, sich auf so einen Feuerstuhl zu setzten, sich zum gläsernen Menschen machen zu lassen, in dessen Privatleben bis in die Verwandtschaft herumgewühlt wird? Jeder Starfußballer bekommt Autos aus Reklamezwecken, wenn Frau Wulff ein Designerkleid gesponsert bekommt, schreit die „Bild“-Zeitung auf. Die ist auch Repräsentantin dieses Staates. Gibt es in diesem Land keine anderen Probleme?

    Dr. Karl Firsching, 97082 Würzburg

    Mit seinem Fernsehinterview hat Bundespräsident Wulff selbst den Rubikon überschritten. Es wäre besser gewesen, er hätte sich einer alten Volksweisheit erinnert: Lügen haben kurze Beine. Wulff hat sich in diesem Interview wie ein kleiner, dummer, unartiger Schuljunge verhalten, der von seiner Mutter (Bettina Schausten) und seinem Vater (Ulrich Deppendorf) bei „unrichtigem“ beziehungsweise eben doch „unrechtem“ Handeln erwischt und zur Rede gestellt wurde. Er hat dabei unbedingt versucht, durch („Not“-) Lügen seine Haut zu retten, obwohl er doch eigentlich Aufklärung versprochen und gar keine Not bestanden hatte. Zu Guttenberg hat dies auch zunächst versucht, hatte dann aber wenigstens den Mut zurückzutreten als Verteidigungsminister. Solche Politiker haben wir Wahlbürger bestimmt nicht verdient und brauchen sie wirklich nicht. Auch stehen ihnen keine weiteren Zahlungen aus Steuergeldern zu.

    M. Kaaden, 97080 Veitshöchheim

    Als 92-Jähriger habe ich die Höhen und Abstürze des „Tausendjährigen“ Reichs erlebt. Während meines Studiums an der Uni Frankfurt hatte ich die historische Gelegenheit, den ersten Bundeskanzler der BRD, Konrad Adenauer, live zu erleben, ferner den ersten Bundespräsidenten der BRD Theodor Heuss anlässlich der Ehrung des französischen Philosophen Jean Paul Sartre. Kurzum, es ist mir gegönnt, die Geschicke der BRD seit 1945 mit den verschiedensten Parteien zu erleben. Als kritischer Zeitgenosse und Staatsbürger bin ich im Bezug auf Christian Wulff der Meinung und Überzeugung, dass Herrn Wulff bei aller Wertung aber noch die Reife und staatsmännischen Fähigkeiten zum Amt eines Bundespräsidenten fehlen! Hat deshalb vielleicht die Bundeskanzlerin Frau Merkel Herrn Wulff zum Wunschkandidaten in der letzten Bundesversammlung erwählt, um ihre eigene Machtposition nicht zu gefährden?

    Hans Bär, 97688 Bad Kissingen

    Gefälschte Doktortitel, gesponserte Urlaubsreisen, Privatkredite, zinsverbilligte Darlehen, fünfstellige Abfindungen nach elf Tagen im Amt – alles rechtens. Kleine Trinkgelder für Müllmänner und Postboten sind korruptionsverdächtig. In welcher Republik leben wir?

    Karl Volkert, 97080 Würzburg

    Personen in der öffentlichen Wahrnehmung sind Repräsentanten und haben auch immer Vorbildfunktion für die Gesellschaft. Erschreckend und beängstigend sind die ethischen Werte, die der höchste Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland und der ehemalige Bundesverteidigungsminister vermitteln. Ethische Maßstäbe werden durch authentisches Handeln und Reden vermittelt. Die konsequente Einhaltung bestehender Normen, Werte und Regeln ist für alle Menschen bindend. Dieses Gleichbehandlungsprinzip wird derzeit bewusst außer Kraft gesetzt. Als drastisches Beispiel ist anzusehen, dass Abschreiben im Schulalltag eine Strafe wegen dieses Regelverstoßes nach sich zieht, im politischen Alltag aber als kleines Kavaliersdelikt eingestuft wird. Ich habe einen vollkommen anderen Umgang mit Normen, Werten und deren Umsetzung kennen und schätzen gelernt. Konsequente, verlässliche Umsetzung und Einhaltung der ethischen Richtlinien dient allen zur Orientierung. Gefährlich wird es, wenn diesbezüglich Grenzen aufgeweicht werden und die gesellschaftlichen Werte auch in anderen Bereichen nicht mehr respektiert werden. Die Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland müssen sich wieder bewusst werden, wie wichtig ethische Werte sind. Richtiger Umgang mit Fehlern muss wieder in den alltäglichen Mittelpunkt rücken. Diese Orientierung kann gerne am vorbildlichen und konsequenten Verhalten von Margot Käßmann wieder erlernt werden.

    Rita Stäblein, 97483 Eltmann

    Als die Affäre Wulff publik gemacht wurde, ist die Möglichkeit schon im „Frühschoppen“ in der ARD angesprochen worden, dass die Privatkredit-Affäre mit der Verschleierung von Schwarzgeld in Verbindung stehen könnte. Dies würde auch erklären, dass Herr Wulff in eine Zwangssituation geraten ist und einer Veröffentlichung der Kreditgeschäfte massiv entgegengetreten ist. Nun ist unser Bundespräsident in Erklärungsnot. Ich habe das Gefühl wenn man die Herren von „Bild“ oder „Spiegel“ bei Herrn Jauch so sieht und hört, so halten sie sich doch recht zurück. Möglicherweise wissen sie mehr und wollen eine mittlere oder größere Staatskrise nicht lostreten. Wie war das noch, wenn Steuersünder erwischt werden oder sich selbst anzeigen? Was bei diesem Amt wohl eher nicht möglich ist. Eine finanzielle Absicherung von Herrn Wulff ist ja bis zu seinem Rentenalter von uns Steuerzahlern über alle Maßen abgesichert.

    Antonie Lang, 97082 Würzburg

    Dass eine Mehrheit nichts Anstößiges an privaten Krediten findet, zeigt doch ganz deutlich, dass das Volk anders denkt als Parteistrategen und gewisse Journalisten. Nicht das Volk hat ein Problem mit dem Bundespräsidenten in der „Kreditaffäre“, sondern gewisse Politiker, „Saubermänner“ und Journalisten, aus der Zunft der „Manipulative“, die der Schriftsteller Thomas Kapielski als die „Vierte Gewalt“ bezeichnet. Jeder, der ein höheres politisches Amt bekleidet oder anstrebt, muss heute wissen: Wehe du legst dich mit der Vierten Gewalt an. Herr Wulff hat sich, bevor er Bundespräsident wurde, im einem Bett der Vierten Gewalt, wohlgefühlt. Nun hat man ihm das Bett aufgekündigt und betreibt ein unseriöses Spiel, in dem man der Öffentlichkeit Tag für Tag kleine Enthüllungen bietet und sie manipuliert. Für mich ist es erschütternd, wie man heute mit Menschen, mit Autoritäten umgeht, sie an den Pranger stellt. Geht es im besagten Fall noch um Aufklärung, um Kontrolle oder nur darum, recht zu haben, ja um das „Recht der Macht“?

    Heinrich Schmalz, 97230 Estenfeld

    Der Präsident steckt in einem Dilemma. Er selbst ist offensichtlich nach wie vor davon überzeugt, das Amt gut ausüben zu können und dem Gemeinwesen nützlich zu sein. Dabei ist er aber auf die Akzeptanz durch die Bevölkerung angewiesen und diese ist leider ziemlich genau hälftig gespalten, sodass er als Person ein Präsident der 50 Prozent ist. Genügt ihm das? Anscheinend ja. Ein besserer, anspruchsvollerer Präsident strebte nach mehr. Das ständige Berufen auf die juristische Unbedenklichkeit des Verhaltens nervt gehörig. Ich frage mich, ob die gewährten Vergünstigungen auch legal wären, wenn ein einfacher Beamter aus dem Apparat der Empfänger wäre – hier gelten strenge und enge Grenzen. Ab welcher Position sind unsere Staatsdiener eigentlich „gleicher“ als die anderen? Anders ausgedrückt: Ab welcher Hierarchiestufe beginnt „der Fisch zu stinken“? Ich empfinde es als anmaßend, sich – wie es der Präsident tut, und wie es leider gang und gäbe ist –, einfach (selbst) zu entschuldigen (am besten noch „kraft meines Amtes“, was er natürlich nicht gesagt hat. Meiner Auffassung nach kann man bestenfalls einen Geschädigten um Entschuldigung bitten, und es ist dann in dessen Ermessen, Entschuldigung zu gewähren. Dazu gehört eben, dass man in hinreichendem Maße glaubwürdige Reue zeigt. Das geht einem politischen Machtmenschen natürlich gegen die Natur und deshalb ist die floskelhafte Form der Entschuldigung so populär. Der Präsident sollte erkennen, dass er kompromittiert ist und Platz für einen Unbelasteten machen.

    Siegfried Dunkel, 97204 Höchberg

    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass alle, die in diesem Land eine hohe Position einnehmen – egal ob, Unternehmer, Manager, Vorstände und Politiker, ganz gleich, ob in Landesregierungen oder Bundesregierung – beim Einnehmen der Position ihren Charakter beim Pförtner abgeben. Wie wäre es sonst möglich, ein Verhalten wie das des Herrn Guttenberg, des Herrn Wulff oder auch anderer an den Tag zu legen? Der Schaden, den sie dem Land damit antun, ist kaum wieder gutzumachen. Geht unser Land den Weg hin zur Bananenrepublik?

    Heinz Schulz, 97422 Schweinfurt

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