Es sind Bilder, die inzwischen allzu vertraut sind und in immer kürzeren Abständen um die Welt gehen. Afrikanische Generäle, die im Staatsfernsehen die Absetzung des Präsidenten verkünden. Am frühen Mittwochmorgen hat es Ali Bongo, 64, in Gabun erwischt, dessen Familie seit weit über einem halben Jahrhundert die Geschicke des zentralafrikanischen Landes lenkt. Bongo regiert seit 14 Jahren. Er übernahm einst von seinem Vater die Staatsleitung, der 41 Jahre an der Macht gewesen war.

Am frühen Mittwochmorgen hatte sich Bongo nach umstrittenen Wahlen, zu denen weder internationale Wahlbeobachter noch Journalisten akkreditiert worden waren, mit angeblich 64 Prozent der Stimmen im Amt bestätigen lassen. Doch unmittelbar danach schritten die Generäle ein und verkündeten „das Ende des derzeitigen Regimes“, erklärten die Wahlen für ungültig. Die Grenzen würden geschlossen, alle verfassungsmäßigen Institutionen aufgelöst, so die Verlautbarung. Bongo befinde sich unter Hausarrest, einer seiner Söhne sei „wegen Hochverrats“ verhaftet worden. Der Auftritt erinnerte an die Generäle im Niger, die Präsident Mohamed Bazoum absetzten. Gerade einmal gut einen Monat ist das her.
Gabun: Generäle bauen auf den Frust in der Bevölkerung
Die Entwicklung in Gabun ist noch unübersichtlich, oft entscheidet es sich in den ersten Tagen, ob ein Putsch Erfolg hat oder nicht. So hatte es bereits im Jahr 2019 Umsturzversuch von Soldaten gegen die Bongo-Dynastie gegeben, der jedoch schnell scheiterte. Doch es deutet einiges darauf hin, dass der aktuelle Vorstoß besser organisiert ist. Die Generäle, die vor die Kamera traten, setzten sich aus Repräsentanten der Leibgarde, der Armee und der Polizei zusammen. Das erweckt zumindest den Eindruck eines geschlossenen Vorgehens der Sicherheitskräfte.
Anders als die geputschten Sahelstaaten Niger, Burkina Faso, Mali oder Guinea gilt Gabun nicht als Land, das zuletzt von islamistischem Terror betroffen war. Die Generäle können bei ihrem Putsch offenbar in erster Linie auf ein gehöriges Maß an Frustration innerhalb der Bevölkerung mit der Bongo-Dynastie setzen: Gabun gehört zu den 30 größten Ölexporteuren der Welt, der damit verbundene Reichtum kam im Wesentlichen Bongos Familie und einer kleinen Elite zugute.
Der Bongo-Klan profitierte von guten politischen Beziehungen zu Frankreich
Unklar ist auch, zu welchem Grad die relativ guten Beziehungen von Bongo mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich eine Rolle spielen. In Gabun sind rund 350 französische Soldaten stationiert, eine im Vergleich zu Niger (mindestens 1500) eher geringe Zahl. Im Land sind auch französische Bergbauunternehmen tätig, besonders bei der für die Stahlindustrie wichtigen Mangan-Förderung. Die Generäle nahmen darauf in ihrer Verlautbarung am Mittwochmorgen keinen Bezug. Doch es ist klar, dass es auch in Gabun antifranzösische Strömungen gibt.
Das Land unterhält – ähnlich wie der Tschad und Kamerun – freundschaftliche Bindungen mit Frankreich. Paris schaut im Gegenzug bei autokratischen Tendenzen weg, während es andernorts in weniger kooperativ gestimmten Ländern schnell den demokratischen Zeigefinger hebt. Erst im Frühjahr war Emmanuel Macron in Gabun, plauderte mit Bongo über die Regenwälder und wunderbare Musik des Landes. Sein Gastgeber hatte im vergangenen Jahr antifranzösische Proteste unterbunden.
Die meisten Putschversuche gibt es in Afrika
Eine Rolle dürfte bei dem Vorgehen der Armee allerdings gespielt haben, dass es der Afrikanischen Union nicht gelungen ist, die „Epidemie der Putsche“ zu stoppen, die UN-Generalsekretär António Guterres schon vor knapp zwei Jahren diagnostizierte. Derzeit scheinen die lautstarken Bemühungen der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas (Gabun ist kein Mitglied) ins Leere zu laufen. Sie droht, den Putsch im Niger mit einem Einmarsch zu beenden, hat ein Ultimatum dazu aber verstreichen lassen.
18-mal gab es nun seit dem Jahr 2017 versuchte oder erfolgreich vollzogene Putsche – mit Ausnahme von Myanmar (2021) fanden sie alle in Afrika statt. Nachdem ihre Zahl spätestens ab dem Jahr 2000 deutlich gesunken ist, nähert sich der Kontinent wieder der Frequenz der turbulenten Jahrzehnte des Kalten Krieges.
Es scheint, als seien nun auch die Dynastien und Herrscher auf Lebenszeit nicht mehr sicher. Viele sind in Gabuns Nachbarschaft. In Kamerun ist Paul Biya seit 41 Jahren an der Macht. In der Volksrepublik Kongo regiert Denis Sassou-Nguesso mit Unterbrechung ähnlich lang. Und in Äquatorialguinea bereitet der seit 44 Jahren amtierende Teodoro Obiang Nguema Mbasogo die Zepterübergabe an seinen Sohn Teodorin vor, der bereits über das Vizepräsidentenamt und einen glamourösen Instagram-Account verfügt.