Abschied mit Pomp und militärischen Ehren: Großbritannien hat seiner „Eisernen Lady“ Margaret Thatcher nach deren Tod einen bewegenden Abschied bereitet. Der in eine britische Flagge eingehüllte Sarg mit den sterblichen Überresten der einstigen Premierministerin wurde zunächst vom Parlamentsgebäude im Regierungsviertel Westminster in einem schwarzen Leichenwagen in die Innenstadt gebracht. Dort wurde er auf eine Geschützlafette umgebettet. 700 Soldaten – darunter Veteranen des Falkland-Kriegs von 1982 – begleiteten den Sarg in die St. Paul's Kathedrale im Osten der Innenstadt. Dort feierten mehr als 2000 Gäste aus 170 Ländern den Trauergottesdienst. Die Bundesrepublik Deutschland wurde von Außenminister Guido Westerwelle vertreten.
Ort für menschliches Mitgefühl
Es war fast ein bisschen, als hätte sie den Lärm und die Aufregung der Welt nun endlich hinter sich gelassen: Als der Sarg von Margaret Thatcher in die St. Paul's Kathedrale getragen wurde, wurde es still unter den Gästen. Von draußen waren noch einige Rufe zu hören, doch drinnen senkten Staatsoberhäupter und Premierminister die Köpfe, politische Freunde saßen neben Gegnern, und die Familie der „Eisernen Lady“ nahm ihre Plätze in der ersten Reihe ein. „Nach dem Sturm eines Lebens, gelebt in der Hitze der politischen Kontroverse, herrscht jetzt große Stille“, sagte der Bischof von London, Richard Chartres. Statt der Debatte um das politische Vermächtnis der früheren Premierministerin stand bei der Trauerfeier der Mensch im Mittelpunkt.
„Dies ist ein Ort für simples menschliches Mitgefühl“, erklärte Chartres weiter. Politik und politisches Erbe zu diskutieren sei wichtig. „Aber hier und heute ist weder der richtige Ort noch die richtige Zeit dafür.“ Thatcher sei zu einer Symbolfigur geworden. „Heute aber sind die Überreste der realen Margaret Hilda Thatcher hier bei ihrer Trauerfeier. Sie liegt hier und ist eine von uns, dem gleichen Schicksal ausgeliefert wie alle Menschen.“
Trotz allen Prunks, der beinahe militärischen Präzision beim Zeremoniell, trotz der hohen Gäste und der Anwesenheit von Queen Elizabeth II., schien es manchmal fast, als finde hier eine Trauerfeier mit Familie und Freunden statt. Etwa, als der Bischof in seiner Ansprache kleine Anekdoten aus dem Leben Thatchers erzählte. So berichtete er, wie er einst bei einem offiziellen Essen neben Thatcher saß und sie über Politik sprachen. Mitten im Satz ergriff sie sein Handgelenk und rief: „Fassen Sie die Entenpastete nicht an, Bischof – sie macht sehr dick.“ Auch an Thatchers 2003 gestorbenen Mann Denis erinnerte der Bischof, sein Verlust sei für sie ein „schwerer Schlag“ gewesen.
Die Planung des Trauergottesdienstes hatte Thatcher zu Lebzeiten selber begleitet, und so waren viele ihrer Lieblingshymnen und -komponisten zu hören. Johannes Brahms, Edward Elgar und Johann Sebastian Bach waren darunter. Die Lesung hielten ihre Enkelin Amanda Thatcher und Premierminister David Cameron. Mit Ausnahme Camerons spielten Thatchers politische Begleiter und Nachkommen eine Nebenrolle. Auch Prominente wie Sängerin Shirley Bassey oder Musicalkönig Andrew Lloyd Webber blieben im Hintergrund.
Nicht nur gute Erinnerungen
Die meisten Menschen werden sich an Thatcher wohl als Politikerin erinnern, und dabei nicht nur im Guten. So demonstrierten zeitgleich zur Trauerfeier ehemalige Bergarbeiter in Nordengland. „Ich bin hier, um ihre Geburt zu betrauern, weil sie für das System steht, unter dem wir alle noch immer leiden“, sagte Dave Douglass, ein ehemaliger Kohlekumpel aus Durham. Er hatte 35 Jahre lang in einer Zeche gearbeitet, die Thatcher in den 1980er Jahren hatte schließen lassen.
Thatcher war von 1979 bis 1990 Premierministerin Großbritanniens. Sie stand innenpolitisch vor allem für ihren Kampf gegen Gewerkschaften, für eine bis dahin nie da gewesene Privatisierung von Staatseigentum und für die unter dem Schlagwort „Big Bang“ bekanntgewordene Liberalisierung des Bankensektors. Kritiker halten ihr wegen des Abbaus von Sozialleistungen die Spaltung des Landes vor.