Im Wahlkampf hat Donald Trump einen radikalen Abschied von der Außenpolitik des damaligen Präsidenten Barack Obama verkündet. Mit der Amtsübernahme seines eigenen Teams sind sich Beobachter nicht mehr so sicher: „Trump übernimmt Säulen von Obamas Außenpolitik“, titelt die „New York Times“ am Donnerstag (Ortszeit). „Trump macht sich Obamas Außenpolitik zu eigen“, befindet „Foreign Policy“. Beim Anti-Terror-Kampf und im Umgang mit Alliierten bleiben vorerst scharfe Kontraste.
Kritik an russischem Verhalten
Auch bei Themen wie Israel, Russland oder dem Iran klingt die neue US-Regierung verändert. Im Wahlkampf hatte Trump Russlands Präsidenten Wladimir Putin mehrfach gelobt und signalisiert, Moskaus Annexion der Krim möglicherweise anzuerkennen. Am Donnerstag nutzte seine UN-Botschafterin ihren ersten Auftritt im Sicherheitsrat zu einer „klaren und deutlichen Verurteilung von Russlands aggressivem Verhalten“.
Die Gewalt in der Ostukraine müsse enden, erklärte Nikki Haley. Und: „Die Vereinigten Staaten verdammen die russische Besetzung der Krim weiterhin und fordern ein sofortiges Ende.“ Entsprechende Sanktionen blieben so lang in Kraft, bis Russland die Kontrolle an die Ukraine zurückgebe. „Die Krim ist ein Teil der Ukraine.“
Auch bei anderen Themen scheinen traditionelle Auffassungen wieder mehr Gehör zu finden. „Wir glauben zwar nicht, dass die Existenz von Siedlungen ein Hindernis für Frieden darstellt“, teilte das Weiße Haus im Hinblick auf den Nahostkonflikt mit. „Aber der Bau neuer Siedlungen oder die Erweiterung der bestehenden über ihre derzeitigen Grenzen hinaus könnten sich als nicht hilfreich erweisen auf dem Weg zu diesem Ziel.“
In früheren Stellungnahmen hatte Trump sich quasi bedingungslos hinter den Kurs von Israels Premier Benjamin Netanjahu gestellt. Netanjahus Regierung hat seit dem US-Regierungswechsel aber Pläne zum Bau tausender neuer Wohnungen annonciert, darunter die erste neue West-Bank-Siedlung seit 20 Jahren. Offenbar will das Weiße Haus aber erst einmal reden: Man habe noch keine offizielle Position und freue sich darauf, mit Netanjahu zu sprechen, erklärte Sprecher Sean Spicer jetzt. Netanjahus Antrittsvisite ist für den 15. Februar angesetzt.
Seine „Nummer-1-Priorität“, hat Trump im März verkündet, sei es, Obamas Atom-Deal mit dem Iran zu beenden. Seit seiner Amtsübernahme ist davon aber nichts mehr zu hören. Als Antwort auf Teherans jüngsten Raketentest erteilte die neue Regierung dem Mullah-Regime diese Woche eine öffentlichkeitswirksame „Warnung“, ließ aber offen, wovor. Am Freitag will sie neue Sanktionen bekannt geben, damit folgt sie Obamas Methoden.
Am 28. Januar beauftragte der neue Präsident sein Verteidigungsministerium, innerhalb von 30 Tagen einen Plan zur Vernichtung des Islamischen Staats zu präsentieren. Die Vorgaben unterscheiden sich kaum von denen der Vorgängerregierung. Dass Trump bereit ist, Obamas Drohnenstrategie fortzuführen, hat er bereits mehrfach bewiesen. Ob er sich an die Richtlinien zu halten gedenkt, die Obama 2016 erlassen hat, ist weniger klar.
Am Donnerstag sorgte die Berufung von Gina Haspell zur CIA-Vizedirektorin für Aufsehen. Die Geheimdienst-Beamtin hat im Anti-Terror-Krieg unter George W. Bush ein US-Geheimgefängnis in Thailand geleitet, in dem Verdächtige so genannten harten Verhörmethoden unterzogen wurden, darunter auch Waterboarding.
Im Hinblick auf befreundete Nationen verfolgt der 45. US-Präsident ebenfalls einen anderen Kurs als sein Vorgänger. Den mexikanischen Präsidenten provozierte er mit einer Twitter-Nachricht zur Absage seines Antrittsbesuchs. Mit dem australischen Premier Malcolm Turnbull kam es Medienberichten zufolge beim ersten Telefonat am Wochenende zum Eklat. Der „Washington Post“ zufolge legte Trump mehr als eine halbe Stunde vor der Zeit auf, nachdem er Turnbull den schlimmsten Telefonkontakt des Tages bescheinigt und ihm im Zusammenhang mit einem Flüchtlingsabkommen vorgeworfen hatte, „die nächsten Boston-Bomber“ in die USA schleusen zu wollen.
Einreisestopp verteidigt
Trumps Einreisestopp für Flüchtlinge und Menschen aus sieben vorwiegend muslimischen Ländern hat seine Regierung zwar mit Maßnahmen der Obama-Regierung verglichen, doch dafür gibt es in Wahrheit keine Grundlage. Trumps Beraterin Kellyanne Conway verteidigte den Beschluss unter Verweis auf ein angebliches „Massaker“ in Kentucky, doch den behaupteten Anschlag hat es überhaupt nicht gegeben. Mehr als tausend US-Diplomaten haben ein Memorandum unterzeichnet, das sich gegen Trumps Grenzerlass ausspricht.
In Israel und bei der jüdischen Gemeinschaft in den USA hatte das Weiße Haus schon vor einer Woche für Befremden gesorgt, weil die Stellungnahme zum internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar die millionenfach ermordeten Juden nicht erwähnte. Das Magazin „Politico“ berichtete am Donnerstag, eine Vorlage des Außenministeriums habe entsprechende Formulierungen enthalten, sei aber vom Weißen Haus ersetzt worden.