Die Gruppen bangender Fans vor dem Uni-Klinikum in Grenoble sind verschwunden, die Presse-Parkplätze frei, die Journalisten-Horden nicht mehr da: Es gibt zu wenig Aktuelles zu berichten und seit Tagen keine Neuigkeiten über Michael Schumachers Gesundheitszustand. Vorbei die Zeiten, als die Sensationsgierigsten unter ihnen bis zur Intensivstation im fünften Stock des Krankenhauses vordrangen und seine Frau Corinna an die Medien appellierte, sie sollten doch bitte die Ärzte arbeiten und ihre Familie in Ruhe lassen.
Doch vergessen ist der Rekord-Rennfahrer nicht, dem frühere Weggefährten weiterhin unterstützende Nachrichten schicken. Am Wochenende marschierten Hunderte Fans für ihn im belgischen Spa-Francorchamps, wo Schumacher 1991 sein erstes Rennen bestritt, im Folgejahr den ersten von 91 Grand-Prix-Titeln holte und 2004 seinen siebten Weltmeister-Titel – mehr als jeder andere Formel-1-Pilot. Während die Crew seines früheren Rennstalls Ferrari vor einer Tafel mit der Aufschrift „Forza Michael“ („Auf geht's, Michael!“) posierte, prangen auf den neuen Silberpfeilen von Mercedes, wo er seine Karriere beendete, Aufkleber mit der Aufschrift „KeepFightingMichael“ („Kämpfe weiter, Michael“).
Besondere Sicherheitsmaßnahmen
Auch vor der Klinik hängt ein Banner mit der Aufschrift „Schumi – Alle unsere Gedanken für dich und deine Familie“ auf Englisch. Weiterhin gelten in der Klinik besondere Sicherheitsmaßnahmen für das Personal, um den prominenten Patienten zu schützen. Weiterhin bekommt er Besuch, wenn die Familie es zulässt, am Wochenende erst wieder von Jean Todt, dem Präsidenten des Weltautomobilverbandes Fia und früheren Ferrari-Teamchef, seinem „Freund fürs Leben“.
Genau einen Monat liegt der Unfall nun zurück. Am 29. Dezember war der geübte Skifahrer im Skigebiet Méribel in den französischen Alpen, wo er ein Chalet besitzt, auf einen Felsen außerhalb der ausgewiesenen Piste gefahren, er stürzte und prallte mit dem Kopf gegen einen Stein. Obwohl er einen Skihelm trug, musste Schumacher mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma ins Klinikum nach Grenoble gebracht werden. Nach mehreren Operationen befindet sich der 45-Jährige seitdem im künstlichen Koma. In der letzten offiziellen Stellungnahme vom 17. Januar beschrieb seine Managerin Sabine Kehm, die aus Bad Neustadt stammt, seinen Zustand als „stabil“. Seine Familie vertraue den behandelnden Ärzten hundertprozentig.
Während darüber hinausgehende Spekulationen etwa über mögliche Folgeschäden zurückgewiesen werden, äußern sich zahlreiche Experten in den Medien. Das künstliche Koma könne „um Tage oder Wochen“ verlängert werden, erklärt etwa der Anästhesist Jean Mantz, auch wenn die Durchschnittsdauer bei zwei, drei Wochen liege.
Selbst nach einem allmählichen Aufwachen könne der Weg der Genesung noch lange sein. „Jeder Tag, der vergeht, verringert die Chancen auf eine Besserung der Situation“, sagt der Neurologe Jean-Marc Orgogozo. In seinem Blog bezeichnet es der frühere Formel-1-Arzt Gary Harstein, der Schumacher nicht selbst untersucht hat, als „extrem unwahrscheinlich“, dass dieser jemals wieder derselbe wie vor dem Unfall werde. Optimisten verweisen auf die gute Kondition des früheren Spitzensportlers. Die Staatsanwaltschaft in Albertville ermittelt weiter zum Unfallhergang und untersucht die Frage der Verantwortlichkeiten. Der zweiminütige Film aus Schumachers Helmkamera wird ausgewertet. In einer Pressekonferenz Anfang Januar erklärten die Ermittler, Schumacher sei wohl nicht mit erhöhter Geschwindigkeit, wohl aber bewusst außerhalb der Pisten-Markierungen gefahren, diese seien korrekt gewesen. Die Veröffentlichung weiterer Ergebnisse sei nicht vor Mitte Februar zu erwarten.