Frage: Wie haben Sie den Erfolg der Piraten beim Berliner Wahlabend erlebt?
Lars Zillger:
Die unterfränkischen Piraten haben keine offene Wahlparty gemacht, das lief eher im privaten Rahmen ab. Wir haben uns zu zehnt in Würzburg getroffen und zusammen die Auswertung der Wahl im Fernsehen geschaut. In München war das Ganze natürlich eine größere Sache.
Haben die unterfränkischen Piraten direkte Kontakte nach Berlin?
Zillger:
Man kennt sich untereinander – von Veranstaltungen her, aber auch übers Internet. Ich habe aber von niemandem aus Unterfranken gehört, dass er extra nach Berlin gefahren ist, um den Ausgang der Wahl mitzuerleben. Ist das sensationelle Wahlergebnis der Piraten ein Berlin-Phänomen? Die Berliner Piraten haben viel Zeit und Arbeit in die Wahl investiert. Ob wir vor Ort davon profitieren können, wird sich zeigen. Ich hoffe aber, dass das Ergebnis unserer Partei generell zu Zulauf verhilft. Allein das Medienecho ist gut für uns. Beim Landesverband stehen die Telefone nicht mehr still; außerdem haben wir bayernweit seit Sonntag 130 neue Mitglieder. Die Piraten sind wieder im Gespräch – das wollen auch wir in Unterfranken aufgreifen und ausbauen.
Das klingt nach kommunalpolitischen Ambitionen?
Zillger:
Als politischer Geschäftsführer für die Partei habe ich kommunalpolitische Ambitionen: Wir sollten uns mindestens auf Bezirksebene aufstellen. Das werde ich auf dem nächsten Bezirksparteitag als Antrag bringen, der dann diskutiert wird. Manche Mitglieder sind dafür, andere dagegen. Stichwort Basisdemokratie: Was der Vorstand gut findet, muss die Basis noch lange nicht gut finden.
Sind bereits konkrete Personen im Gespräch?
Zillger:
Es gibt bei uns keinen Personenkult, das unterscheidet uns von anderen Parteien. Wir haben nicht viele Leute mit politischen Ambitionen, die in einem Parlament sitzen möchten. Wir wollen zuerst einmal Inhalte, dann suchen wir die Kandidaten.
Soll Basisdemokratie das Zauberwort der Piraten bleiben?
Zillger:
Es macht uns das Leben schwerer, ist aber das, was das, was der Bürger unserer Meinung nach will – eine andere Art von Politik. Das Prinzip der Basisdemokratie ist oft mühselig, weil man sie immer wieder einfordern muss. Es ist aber das, was uns ausmacht und zeigt, dass wir ehrlich sind und es ehrlich meinen.
Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für den Wahlerfolg?
Zillger:
Wir stehen für einen anderen Politikstil, für ehrlichere und transparentere Politik. Wir wollen, dass die Wähler wissen, was wir machen und dass sie es verstehen. Außerdem möchten wir ihre Meinung dazu hören – auch während der Legislaturperiode. Das Berliner Wahlergebnis ist aber sicher auch als Denkzettel für die anderen Parteien zu verstehen.
Was macht Ihre Partei besser als die anderen? Oft hört man den Vorwurf, die Piraten hätten ein zu dünnes und konfuses Profil. . .
Zillger:
Welches Profil haben denn die anderen Partien? Die CDU kümmert sich plötzlich darum, dass Atomkraftwerke abgeschaltet werde und die Grünen setzen sich für Punkte ein, die sie früher nie unterstützt hätten. Wir haben ein Profil: Die Kernthemen wie Bürgerrechte sind fest, da weiß der Bürger, er kann sich darauf verlassen, dass diese Punkte umgesetzt werden.
Ist es ein Ziel, auch in anderen Bereichen als den Kernthemen eine einheitliche Meinung zu finden?
Zillger:
Wir wollen unser Programm erweitern, es muss aber ein Konzept dahinter stehen. Wir sagen nicht, wir nehmen jetzt die und die Punkte auf, nur damit wir gewählt werden. Wir wollen schon authentisch bleiben.
Sollte man den Patzer des Spitzenkandidaten Andreas Baum, der die Schuldenhöhe von Berlin nicht kannte, unter Authentizität verbuchen?
Zillger:
Wir müssen uns erst einarbeiten, wir sind noch keine Politik-Profis. Millionen oder Milliarden bei der Schuldenhöhe, das sind drei Nullen Unterschied – na und? Soweit ich es mitbekommen habe, haben sich die Piraten eher darüber mokiert, wie der Vorfall in der Öffentlichkeit dargestellt wurde, als darüber, dass er passiert ist. Das wurde humorvoll gesehen: Das nächste Mal hatte Baum eine App auf dem Handy, mit der er genau sagen konnte, wie hoch der aktuelle Schuldenstand von Berlin ist.
Braucht die Piratenpartei insgesamt ein seriöseres Image?
Zillger:
Sowohl unsere Wähler als auch wir haben ein Problem mit der Politik, so wie sie jetzt ist: Sie scheint für eine gewisse Lobby zu sein, aber nicht fürs Volk. Deswegen versuchen wir, als Partei wieder Volksvertreter zu sein. Dafür müssen wir uns in gewisser Weise dem Politikbetrieb anpassen, wir wollen aber nicht so werden, wie das, was wir als falsch ansehen. Vielleicht müssen wir vom Auftreten her etwas professioneller werden, wir wollen aber trotzdem unsere Art beibehalten.
Zieht die Piratenpartei 2013 in den Bundestag ein?
Zillger:
Wir hoffen sehr, dass wir uns auch auf Bundesebene politisch weiterentwickeln. Zunächst einmal werden wir aber in Bayern alles dafür tun, 2013 in den Landtag einzuziehen. Wenn die Berliner Piraten zeigen, was unsere Partei kann, werden wir auch Bayern von uns überzeugen können.
Im Blickpunkt:
Lars Zillger
(34) ist politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Unterfranken. Er ist hauptberuflich als Systemadministrator tätig. Die Piratenpartei Deutschland wurde 2006 gegründet, bei der Bundestagswahl 2009 erreichte sie zwei Prozent. Bundesweit gibt es über 12 000 Mitglieder, beim Bezirksverband Unterfranken sind es 258. Ein bis zweimal monatlich finden in Würzburg, Schweinfurt und Aschaffenburg Piraten-Stammtische statt.
