Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

BERLIN/SAO PAULO: Westerwelles Familienbande

BERLIN/SAO PAULO

Westerwelles Familienbande

    • |
    • |

    Fern in Sao Paulo platzte Guido Westerwelle am Donnerstag der Kragen: „Da der Opposition die Argumente ausgehen, versuchen sie es jetzt mit persönlichen Attacken gegen mich und meine Familie.“ Und in Berlin assistierte FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen: „Das zielt klar unter die Gürtellinie.“ Nichts weniger als eine Verquickung von privaten und beruflichen Interessen wird dem Außenminister vorgeworfen.

    Schon länger gibt es Fragen, warum Westerwelles Lebensgefährte, der 42-jährige Kölner Event-Veranstalter Michael Mronz, den Außenminister so häufig begleitet und ob er davon geschäftlich etwas hat. Am Donnerstag kam der Vorwurf dazu, auch Guido Westerwelles Bruder profitiere vom neuen Regierungsjob des FDP-Vorsitzenden. Nach einem Bericht der „Berliner Zeitung“ war Anfang Januar bei einer viertägigen Japan- und China-Reise Westerwelles nicht nur Mronz mit an Bord, sondern auch eine kleine Wirtschaftsdelegation. Zu der gehörte Ralf Marohn, Geschäftsführer der in Ludwigshafen sitzenden „Far Eastern Fernost Beratungs- und Handels GmbH“. Miteigentümer dieser Firma ist Kai Westerwelle.

    Marohn habe einen hervorragenden Ruf als Asien-Experte, erklärte das Auswärtige Amt die Teilnahme des Mannes. Auch Kurt Beck, der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und frühere SPD-Chef, lasse sich von ihm beraten. Ein weiterer Miteigentümer der „Far Eastern“ ist nach Angaben der Zeitung zudem Cornelius Boersch, der zu den Großspendern der FDP gehört. Auch Boersch war bei der Asien-Reise dabei.

    Pikant laut „Berliner Zeitung“: Eine gemeinsame Firma von Boersch und Mronz hatte zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland Lesegeräte für die Eintrittskarten geliefert. Bei der derzeit laufenden Südamerika-Reise von Westerwelle und Mronz geht es in Brasilien auch um die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und um die Olympischen Spiele 2016.

    Die letzten beiden Außenminister reisten fast immer solo. SPD-Mann Frank-Walter Steinmeier etwa nahm seine Frau nur zwei Mal zu den sogenannten Gymnich-Treffen der EU-Außenminister mit, die ausdrücklich familiären Charakter haben, sowie einmal nach Polen. Bei Joschka Fischer (Grüne) gab es zwei Partnerbegleitungen. Klaus Kinkel (FDP) allerdings nahm seine Frau auf 27 Reisen mit. Auch Hans-Dietrich Genscher (FDP) reiste häufig mit Gattin und erklärte: „Barbara ist mein Kraftwerk.“

    Mronz war in Westerwelles bisheriger Amtszeit außer in Asien und Südamerika auch schon in Stockholm und Rom. Nachdem Kritik daran laut geworden war, erklärte er, dass er die Reisen selbst bezahle. Ihm gehe es um soziale Dinge, vor allem die Lage der Kinder. Mronz gehört der Stiftung „Ein Herz für Kinder“ an.

    „Das ist ein Stück aus dem Tollhaus“

    Grünen-Chefin Renate Künast

    Ende Februar allerdings ging es nicht um Kinder, sondern um ein Luxushotel in Bonn, dessen Eröffnungsfeier Michael Mronz organisiert hatte. Als Hauptredner trat Guido Westerwelle auf und lobte das Haus als „eines der weltweit spannendsten Hotels“. Er habe in seiner Eigenschaft als Bonner Abgeordneter gesprochen, schob Westerwalle nach, als die Sache ruchbar wurde. Und Mronz schob nach, er habe sein Veranstalterhonorar gespendet. Wenn Mronz seine Reise tatsächlich selbst zahlt, wirft das neue Fragen auf. Denn das Auswärtige Amt erklärte am Donnerstag, er sei als Lebenspartner mit an Bord. Als solcher aber könnte er eigentlich gratis mitfliegen. Selbstzahler sind nur die mitreisenden Journalisten – zu denen Mronz erkennbar nicht gehört – und die Mitglieder der Wirtschaftsdelegation – zu der er aber gar nicht gezählt werden will. Denn dann würde sich unweigerlich die Frage stellen, warum Westerwelle diesen Unternehmer angesichts der wenigen zur Verfügung stehenden Plätze unter allen deutschen Unternehmern immer wieder bevorzugt. Das Wort Familie würde dann sicher nicht zu den Erklärungen gehören können.

    Oppositionsmitglieder gehen auf jeden Fall auf die Barrikaden. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann warf Westerwelle vor, mit „Günstlingswirtschaft“ das Vertrauen in die Demokratie zu zerstören. Zwar gebe es keine gesetzlichen Regelungen für die Zusammensetzung bei Auslandsreisen. „Aber wer eine demokratische Kinderstube hatte, sollte trotzdem wissen, was sich gehört und was man nicht tut“, sagte Oppermann. Westerwelle vermische ständig Staats- und Privatgeschäfte.

    Die designierte Linkspartei-Chefin Gesine Lötzsch bezeichnete Westerwelle als „korrupt“. Der FDP-Politiker sorge „liebevoll dafür, dass sein Lebenspartner, seine Familie und FDP-Großspender anstrengungslos zu noch mehr Wohlstand kommen“. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast warf dem Außenminister Vetternwirtschaft vor. „Westerwelle schadet der Bundesrepublik, er schadet dem Ansehen des Auswärtigen Amtes“, kritisierte sie. „Das wird und muss den Deutschen Bundestag beschäftigen, wie diese Günstlings- und Vetternwirtschaft betrieben wird“, kündigte Künast an. Dass Westerwelle in den ersten 150 Tagen seiner Amtszeit auf Reisen das Unternehmen seines Bruders bediene, sei „ein kapitaler Fehler und ein Stück aus dem Tollhaus“, so Künast weiter. Dies habe „zwangsläufig ein 'Geschmäckle'“. Mit Material von ddp

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden