Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Wie ein Schädel-Hirn-Trauma behandelt werden kann

Politik

Wie ein Schädel-Hirn-Trauma behandelt werden kann

    • |
    • |
    Wie ein Schädel-Hirn-Trauma behandelt werden kann
    Wie ein Schädel-Hirn-Trauma behandelt werden kann

    Professor Dr. Joachim Liepert ist Leiter der Neuro-Rehabilitation bei den Kliniken Schmieder in Allensbach. Ein Gespräch über Prognosen und Behandlung eines Schädel-Hirn-Traumas, das der siebenfache Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher bei seinem Skiunfall in den französischen Alpen am Sonntag erlitt.

    Frage: Herr Professor Liepert, was passiert, wenn ein Mensch ein Schädel-Hirn-Trauma erleidet?

    Prof. Joachim Liepert: Durch einen gebrochenen Knochen kann es zu direkter Gewalteinwirkung auf das Gehirn kommen. Oder es platzen Blutgefäße durch die Scherkräfte, so dass es zu Blutungen kommt, die Druck auf das Gehirn ausüben. Durch Scherkräfte können aber auch Nervenbahnen überdehnt werden und abreißen. Dann schwillt das Gehirn an, denn jede Verletzung führt zu einer Wasseransammlung in der Umgebung der verletzten Stelle. Weil das Gehirn aber nicht ausweichen kann, da der Knochen ja noch weitgehend intakt ist, kann das zu einem weiteren Druckanstieg und zu einer weiteren Schädigung kommen.

    Wie behandelt man ein Schädel-Hirn-Trauma?

    Liepert: Das hängt davon ab, ob es eine größere Blutung gab, an die man herankommt. Wenn diese Druck aufs Hirn ausübt, muss man versuchen, das zu entlasten. Das setzt voraus, dass es eine Blutung ist, die für Chirurgen erreichbar ist, also ein Eingriff nicht noch mehr Schaden verursacht. Das gilt vor allem für Blutungen dicht unter der Schädeldecke. Der Schädel wird angebohrt und das Blut abgesaugt, das ist sehr wirksam. Ist das nicht möglich, muss man anders versuchen, die Drucksteigerung im Gehirn zu reduzieren. Dazu gehören intensivmedizinische Maßnahmen, der Oberkörper wird auf 30 Grad hochgelagert, der Patient wird speziell beatmet und gegebenenfalls gekühlt und mit Medikamenten behandelt, die die Schwellung zurückgehen lassen sollen. Bei diffusen Schwellungen wird manchmal auch ein größerer Teil der Schädeldecke abgenommen, um den Druck aufs Gehirn zu reduzieren. Studien deuten darauf hin, dass die Patienten, bei denen dieser Eingriff gemacht wurde, sich nicht besser erholt haben als andere, die anders behandelt wurden. Daher ist dieses Vorgehen keine Standard-OP, sondern basiert auf individuellen Entscheidungen.

    Manchmal versetzen Ärzte einen Patienten auch in ein künstliches Koma wie Michael Schumacher. Wozu dient das?

    Liepert: Falls der Patient durch den Unfall nicht von allein bewusstlos geworden ist, leitet man ein künstliches Koma ein, um zu verhindern, dass das Gehirn durch Aufregung und Anspannung ungerichtet aktiv wird und womöglich noch weiter anschwillt.

    Man stellt das Gehirn also ruhig wie einen gebrochenen Knochen?

    Liepert: Genau so. Das ist ein Schutz für den Patienten.

    Wie sind denn die Prognosen für eine vollständige Heilung nach solchen Schädel-Hirn-Traumata?

    Liepert: Das ist individuell verschieden. Das hängt von der Schwere der Verletzung ab, aber auch vom Alter des Patienten und von seinem vorherigen geistigen Zustand, von weiteren Komplikationen . . . Meist hat die Prognose einen gewissen Bezug dazu, in welchem Zustand der Patient am Anfang der Verletzung war. Wenn der Patient schon unmittelbar nach dem Trauma tief komatös ist, muss man von schwerer Verletzung und auch einer schlechteren Prognose ausgehen als bei jemandem, der noch wach und kontaktfähig war.

    Michael Schumacher war offenbar noch ansprechbar.

    Liepert: Was man so hört, spricht dafür, dass er eine akute Blutung erlitten hat, die operabel war, dass sich aber durch eine rasche Zunahme der Blutung der Druck immer mehr gesteigert hat, so dass sich sein Gesundheitszustand danach weiter verschlechterte. Das ist bei einem Schädel-Hirn-Trauma sehr häufig der Fall.

    Prof. Dr. Joachim Liepert

    Der Facharzt für Neurologie, Jahrgang 1962, ist seit 2006 Leiter der Neuro-Rehabilitation an den Kliniken Schmieder in Allensbach. Sein Schwerpunkt ist unter anderem die Schlaganfallrehabilitation. Nach seiner Habilitation war er Leitender Oberarzt und Kommissarischer Direktor an der Neurologischen Klinik des Uni-Klinikums Hamburg-Eppendorf. Zu seinen prominenten Patienten gehörten unter anderem der Thüringer CDU-Politiker Dieter Althaus und die Sportmoderatorin Monica Lierhaus. Text & Foto: sk

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden