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BERLIN: Wie realistisch ist der geklonte Mensch?

BERLIN

Wie realistisch ist der geklonte Mensch?

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    Wie realistisch ist der geklonte Mensch?
    Wie realistisch ist der geklonte Mensch?

    Seit Jahren beißen sich Forscher weltweit die Zähne daran aus. Nun ist es Biologen der Oregon Health & Science University im US-amerikanischen Portland nach eigenen Angaben gelungen, menschliche Klon-Embryonen herzustellen und Stammzellen daraus zu gewinnen. Auf Therapien müssen Patienten aber wohl in jedem Fall noch sehr lange warten.

    Wie funktioniert die Technik der Forscher?

    Die Wissenschaftler haben das Erbmaterial aus Hautzellen entnommen und einer Eizelle eingepflanzt, aus der die Erbinformation zuvor entfernt worden war (siehe Grafik). Aus der neuen Zelle entwickelte sich den Forschern zufolge eine sogenannte Blastozyte, von der embryonale Stammzellen entnommen werden können. Dabei werden die Embryonen jedoch ebenfalls zerstört. Die neuen Zellen könnten theoretisch in jede Art von Körperzellen transformiert werden. Für das Kopieren von Menschen soll die Methode nicht taugen.

    Was ist der Meilenstein an der neuen Technik?

    Nachdem das Klonschaf Dolly weltweit von den Titelblättern blickte, erschien es möglich, mit demselben Verfahren Menschen zu klonen. Doch selbst die Herstellung wenige Tage alter menschlicher Embryonen erwies sich als schwerer als gedacht. Nun haben Forscher per Klontechnik einen menschlichen Embryo hergestellt, ihn auf mindestens 150 Zellen heranreifen lassen und daraus sogar embryonale Stammzellen entnommen. Nun erscheint es möglich, mittels Klontechnik einmal Gewebe mit patienteneigenem Erbgut zu gewinnen, das nicht abgestoßen wird.

    Wie sicher sind die Ergebnisse?

    Ein Team um den Südkoreaner Hwang Woo Suk behauptete 2004, die ersten geklonten menschlichen Embryonen und 2005 embryonale Stammzellen mit Patientenerbgut produziert zu haben. Beide Arbeiten musste das Fachjournal „Science“ 2006 als Fälschung zurückziehen. Dass es sich nun erneut um eine Fälschung oder schlicht um einen Laborfehler handelt, ist möglich, erscheint aber unwahrscheinlich. Die Forscher haben lange an Affen experimentiert und ihre neue Technik sehr exakt beschrieben. Zudem wird sich kein renommiertes Fachblatt nochmals so eine Blöße geben wollen, und das Journal „Cell“ hat die Arbeit schon daher wahrscheinlich sehr genau geprüft. Um alle Zweifel auszuräumen, muss die Technik aber von anderen Forschern erfolgreich erprobt werden.

    Laufen bald geklonte Menschen durch unsere Straßen?

    „Das ist unwahrscheinlich“, sagt Teamleiter Shoukhrat Mitalipov. Er verweist auf jahrelange Affenversuche seines Teams, bei denen es nicht gelungen sei, Nachkommen zu gewinnen. Zudem seien menschliche befruchtete Eizellen besonders empfindlich. Die verwendete Technik ist außerdem nicht in jedem Labor möglich. Es erschien jedoch auch jahrzehntelang unwahrscheinlich, dass einmal ein geklontes Säugetier wie das Schaf Dolly geboren wird.

    Wann können Krankheiten damit geheilt werden?

    Bis zu einer Therapie für Patienten wird es voraussichtlich noch viele Jahre dauern, wenn es sie überhaupt einmal geben sollte. Seit 1998 versuchen Forscher, mit Stammzellen von Embryonen aus Befruchtungskliniken Therapien zu entwickeln. 2006 kamen rückprogrammierte Zellen, die iPS-Zellen, als Alternative hinzu. Bislang ist noch keine einzige Therapie marktreif. Besonders wahrscheinlich hält Mitalipov eine Therapie für Parkinson-Patienten, weil bei ihnen nur eine einzige Zellart nicht mehr richtig funktioniere, die ersetzt werde müsste. Allerdings sei es noch nicht einmal gelungen, die nun hergestellten embryonalen Stammzellen in die bei Parkinson benötigten Nervenzellen umzuwandeln.

    Kommen deutsche Forscher durch gesetzliche Verbote in Rückstand?

    In Deutschland dürfen Forscher weder Klon-Embryonen noch embryonale Stammzelllinien herstellen. In Ausnahmefällen ist es aber erlaubt, bestimmte, importierte Stammzelllinien zu nutzen, die aus übrig gebliebenen Embryonen von Befruchtungskliniken stammen. Ob Deutschland die Gesetze ändert, bleibt abzuwarten. In jedem Fall gibt es für Forscher in Deutschland im Vergleich zu den USA eine zeitliche Verzögerung beim Start ihrer Arbeiten.

    Drei Arten von Stammzellen

    Auf Stammzellen konzentrieren sich viele Hoffnungen der Medizin. Sie sind noch nicht auf eine besondere Aufgabe festgelegt und können damit prinzipiell zu allen Zelltypen werden. Damit möchten Forscher verschlissenes Gewebe ersetzen.

    Zur Gewinnung von embryonalen Stammzellen nutzten Forscher bislang Embryonen, die nach der künstlichen Befruchtung in Kliniken übrig geblieben waren, weil sie nicht in eine Frau eingesetzt wurden. Das Verfahren ist ethisch äußerst umstritten, weil die Embryonen bei der Gewinnung der Stammzellen zerstört werden. Diese sind noch nicht auf eine endgültige Aufgabe festgelegt. Im Labor sind daraus bereits viele verschiedene Zelltypen hervorgegangen und in Versuchstiere eingepflanzt worden. Der Einsatz beim Menschen birgt noch Risiken: Durch ihr besondere Teilungs- und Entwicklungspotenzial könnte es beispielsweise zu unkontrollierten Wucherungen (Teratomen) kommen. Mediziner müssen sich daher ganz sicher sein, dass die Zellen im Körper nur und genau das tun, was sie sollen. Menschliche embryonale Stammzellen haben bisher aber zum Beispiel Ratten bei Diabetes und Schlaganfall geholfen. Ende 2007 berichteten Forscher von der erfolgreichen Rückprogrammierung von Körperzellen zu sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen). Diese Zellen besitzen nach derzeitigem Kenntnisstand die wichtigsten Eigenschaften embryonaler Stammzellen, lassen sich aber aus normalen Körperzellen gewinnen. Die Forscher haben zur Rückprogrammierung mehrere Erbanlagen in die ausdifferenzierten Zellen eingeschleust und so eine Art embryonalen Zustand wieder hergestellt. Ob solche iPS-Zellen ein vollwertiger Ersatz für embryonale oder andere Stammzellen sein können, muss sich noch erweisen. Adulte Stammzellen finden sich an vielen Stellen als natürliches Reservoir im erwachsenen Körper. Im Knochenmark etwa entstehen daraus immer neue Blutzellen. Auch in der Leber, der Bauchspeicheldrüse und im Hirn gibt es sie. Der Umgang mit diesen Zellen gilt als ethisch unbedenklich, allerdings haben sie ein eingeschränktes Entwicklungspotenzial. Die Transplantation von Knochenmark gegen Leukämie ist eine Therapie mit adulten Stammzellen. Text: dpa

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