Als dem reichsten Mann Italiens die Tränen über die Wangen kullerten, stand sie ihm zur Seite, nur sie. Francesca Pascale nahm ihren Silvio in den Arm, führte den soeben wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft Verurteilten von der illegal aufgestellten Bühne vor seiner römischen Privatresidenz. Hier hatte er sich gerade Luft gemacht über die angebliche Verfolgung durch die Justiz. „Silvio, wir lieben Dich“, war auf vorgefertigten Transparenten, die aus der Menschenmenge ragten, zu lesen. Gegeben wurde das Stück vom perfekten, treuen, gebeutelten Paar. „Sie bringen ihn um“, soll Francesca Pascale nach dem Urteil von vergangener Woche geschluchzt haben.
Die italienische Öffentlichkeit bekommt ein Rührstück vorgespielt. In den Hauptrollen der mächtigste Medienunternehmer des Landes, den man nach dem letztinstanzlichen Urteil gegen ihn ungestraft als kriminell bezeichnen kann. Und immer häufiger sieht man nun auch die junge Freundin des Straftäters, beim letzten Auftritt in Rom makellos im schwarzen Kleid, das Haar hochgesteckt, die Augenbrauen zu feinen Strichen frisiert, funkelnde Rubine im Ohr. Beinahe 50 Jahre trennen Silvio Berlusconi (76) und Francesca Pascale (28). Sie gibt das hübsche Feigenblatt dieses geschundenen Retters der Italiener.
Die Klatschpresse aus dem Hause Berlusconi stellt die Beziehung als „wahre Liebe“ dar. Das mag stimmen. Pascale, die aus Fuorigrotta bei Neapel stammt und einst als leicht bekleidete Ansagerin im Regionalfernsehen auftrat, habe Silvio regelrecht verfolgt, als dieser noch gar nichts von ihrer Existenz wusste. So stellt es zumindest die Berlusconi-Presse dar. „Silvio du fehlst uns“, soll Pascale ein Komitee von Freundinnen getauft haben, die nach eigenem Bekunden den charismatischen Ex-Premier anhimmelten. Auffällig ist allerdings, dass die junge Neapolitanerin ausgerechnet dann auf der öffentlichen Bildfläche erschien, als der zweifach verheiratete und in letzter Ehe noch nicht geschiedene Berlusconi mit dem „Bunga-Bunga“-Skandal Schlagzeilen machte. Wegen Prostitution Minderjähriger und Amtsmissbrauch verurteilte ihn ein Mailänder Gericht deshalb in erster Instanz zu sieben Jahren Haft.
Bei potenziellen Berlusconi-Wählern könnte die Präsenz der jungen Unschuld deshalb durchaus einen positiven Effekt haben und kalkuliert sein. Ihre Manieren hat Pascale rechtzeitig in Benimm-Kursen aufgebessert, diverse Schönheitsoperationen sollen das Bild der makellosen Begleiterin perfektioniert haben. Berlusconis politischer Karriere droht das Ende, im Oktober muss der Ex-Premier in Hausarrest. Jedes Lächeln, jeder zur Schau getragener Akt der Zuneigung einer jungen Partnerin könnte sich positiv für Berlusconi auswirken. Neuwahlen im Herbst sind nicht ausgeschlossen.
Für den politischen Part könnte sich Berlusconi der Dienste einer anderen Frau bedienen, seiner 47 Jahre alten Tochter Marina. „Die Zukunft von Mitte-Rechts“, titelte das Hausblatt „Il Giornale“ über einem Foto der Berlusconi-Erbin und Präsidentin der Familienholding Fininvest. Das US-Magazin Forbes führt sie als eine der einflussreichsten Unternehmerinnen der Welt, sie soll bereits politische Schulungen bekommen haben. Erstmals war die Tochter nach dem Urteil bei einer der politischen Besprechungen ihres Vaters anwesend. „Ich wäre begeistert“, sagte die PdL-Politikerin Daniela Santanche über Gerüchte, die Tochter könnte die Führung der Partei übernehmen und als Spitzenkandidatin antreten. Bestätigt wäre damit auch der Verdacht, dass Berlusconis politisches Engagement vor allem auf den Erhalt seines Firmenimperiums zurückzuführen ist.