Zypern, das war einmal „die Insel, auf der die Götter Urlaub machen“. So jedenfalls ein Werbeslogan. Und dazu die Heimat der Aphrodite, der Göttin der Liebe und der Schönheit. So jedenfalls die griechische Mythologie. Mit Göttern aus dem Olymp hat Joseph nichts am Hut. Schon gar nicht mit der Göttin der Schönheit. „Nicht das Äußere zählt für mich“, sagt der 35-Jährige im schwarzen Gewand. Auch nicht bei der Wahl seines Wohnorts. Hier sei die „Spiritualität des Ortes“ entscheidend gewesen, erzählt er und streicht sich durch seinen langen, von grauen Haaren durchzogenen Bart, der ihn viel älter erscheinen lässt.
Pater Joseph ist Mönch und lebt seit rund zehn Jahren im Machairas-Kloster etwa 40 Kilometer von der Hauptstadt Nikosia entfernt. Die Fahrt zu Pater Joseph führt auf Serpentinen durch das Troodos-Gebirge. In Dörfern, in denen die Zeit stehengeblieben ist, sitzen Männer unter Lauben und lesen Zeitung. Kleine Tavernen laden zu Meze – den klassischen Vorspeisen der Insel – ein. Knorrige Olivenbäume, einige weit über 1000 Jahre alt, säumen die Straße. Trotz der vielen Bäume eine karge Landschaft, in der nur die violetten Zistrosen für Farbtupfer sorgen.
Wo das wahre Gesicht der Mittelmeer-Insel ist
„Die Strände, wo die Touristen sind, das ist die moderne Kulisse Zyperns“, sagt Reiseleiter Yannis. „Das Hinterland ist das wahre Gesicht der Insel.“ Vielleicht auch das schönere. Doch in diesem „wahren Gesicht“ wird für den aufmerksamen Beobachter auch die Last sichtbar, an der das Land schwer trägt. Auf einigen Bergketten stehen griechische und türkische Wachposten.
Seit 1974 ist die Insel geteilt. Nachdem griechische Putschisten den Anschluss Zyperns an Griechenland erzwingen wollten, besetzten türkische Soldaten den Nordteil der Insel. Bis heute steht das Gebiet unter türkischer Kontrolle. Für den 70-jährigen Yannis ein schmerzlicher Zustand. „Zypern ist zu klein, um die Teilung zu verkraften“, findet er. Türken und Griechen auf der Insel seien „müde von dem politischen Problem“. Alle eine der „Wunsch nach Ruhe“.
Ruhe dürfte Pater Joseph gefunden haben. Dabei hat selbst das Machairas-Kloster eine durchaus politische Vergangenheit: 1955 wurde von dem festungsartigen Bau aus der zypriotische Aufstand gegen die britische Kolonialmacht geführt. Soldaten sollen hier sogar als Mönche verkleidet unter den Brüdern gelebt haben.
Soldaten gibt es in dem rund 800 Jahre alten Kloster keine mehr. Gerade einmal 30 Mönche leben noch in diesem malerischen Tal im zypriotischen Nirgendwo. Der älteste Bruder ist 82, der jüngste 25 Jahre alt. „Alle fragen sich, was wir da oben alleine auf dem Berg machen“, schmunzelt Joseph, der kein Kreuz trägt. Dabei machen die Mönche kein Geheimnis daraus. Um 3.30 Uhr stehen sie auf, um 4 Uhr geht es zur Messe – vier Stunden lang; erst dann gibt es Frühstück. Anschließend geht jeder einer der Aufgaben nach, die im Kloster zu erledigen sind und die jedes Jahr neu verteilt werden. Kochen, Gartenarbeit, Buchhaltung, Marzipanproduktion. Joseph ist gerade für Gästeführungen zuständig.
Wo auf dem Meer die Freiheit endet
Um 12.30 Uhr gibt es eine Psalmen-Lesung, dann Mittagessen – wie bei jeder Mahlzeit ohne Fleisch und ohne Alkohol. Strenge Askese, die so gar nicht zu Zypern passt. Wie sagte Yannis doch noch auf der Fahrt hier hoch etwas pathetisch? „Souflaki, Haloumi, Wein, Oliven und Brot – das ist der Geschmack der Insel.“
Im Kloster folgen nach dem Essen eine Ruhezeit bis 16.30 Uhr, eine Messe um 17 Uhr und ein Imbiss um 18 Uhr. Dann noch ein gemeinsames Gebet. Um halb acht geht jeder in seine Zelle. Lesen. Beten. Radio, Fernsehen oder Handys gibt es im Kloster nicht. Nur im Büro einen Computer mit Internetanschluss.
Eine Glocke schlägt blechern. „Man muss sich erst selbst finden, bevor man Hilfe geben kann“, erklärt Pater Joseph und scheint sich längst selbst gefunden, aber den Bezug zum Leben draußen verloren zu haben. Gerade die Touristenorte Zyperns sind der Gegenentwurf zu Josephs Welt.
In Limassol – bis 1974 ein verschlafenes Fischerdorf und der Geburtsort von Pater Joseph – legen Kreuzfahrtschiffe an. Agia Napa, ganz im Südosten der Insel, bietet Party, Sandstrände und Wassersportmöglichkeiten. Dennoch wirkt die Insel nicht überlaufen.
Mit dem Katamaran stechen wir in See. Das kristallklare Wasser lädt zum Schnorcheln ein. An Deck werden Souflaki, Haloumi, Wein, Oliven und Brot gereicht. Die Sonne bräunt. Die salzige Meeresluft riecht nach Freiheit, doch die endet in Sichtweite.
In diesigem Licht zeichnet sich die Silhouette der Geisterstadt Famagusta ab – bis 1974 Reiseziel von 53 Prozent der Zypern-Urlauber. Als die Türken Famagusta eroberten, wurden weite Teile der Stadt abgeschlossen und sind es bis heute. Näher kommt man auch zu Wasser nicht: Weiße Bojen markieren den Beginn der Pufferzone zwischen dem türkischen Norden und dem griechischen Süden.
Wo trotz der Teilung ein schöner Ort ist
„Eines der wichtigsten Rechte ist, dass sich ein Mensch frei bewegen kann – insbesondere in seinem Heimatland“, sagt Yannis. Ihn ärgert besonders, dass Nikosia die einzige geteilte Hauptstadt der Welt ist. Gerade als Deutscher müsse man das doch nachvollziehen können.
Andererseits ist Nikosia trotz Teilung ein schöner Ort. Die Altstadt ist restauriert, Geschäfte und Bars locken Touristen. Und auch wenn Yannis und viele andere Einheimische auf die Teilung ihrer Heimat aufmerksam machen: Zypern ist keine Insel des Stacheldrahts und der Sperrgebiete. Im Gegenteil: Zypern ist Strand, Kultur und Sportmöglichkeiten.
Für Patriot Yannis ist Zypern sogar der schönste Ort der Welt. Ein Ort, den er den Menschen zeigen will. So wie Pater Joseph gerne Gäste hinter die dicken Mauern seiner Wahlheimat, die er so gut wie nie verlässt, blicken lässt. In Zypern wird Gastfreundschaft groß geschrieben.
Nachdem der Mönch durch die imposante Klosterkirche, die übrigens eine wundertätige Ikone beherbergt, geführt hat, serviert er selbstgemachte Limonade und das Marzipan aus eigener Herstellung. Ob er nicht auch gerne einmal am Strand liegen oder sich in einer Taverne mit Meze sattessen will? „Ich vermisse nichts“, erklärt er. „Ich habe ein erfülltes Leben.“
Tipps zum Trip Tourismus auf Zypern: Zypern hat es nie unter die Top 10 der deutschen Urlauber geschafft. 3,5 Millionen Touristen kommen jährlich nach Zypern, davon nur rund 200 000 aus Deutschland. Reiseveranstalter wie Tui wollen das ändern und ihr Programm auf der Insel ausbauen. Tui setzt dabei ab der Sommersaison 2019 unter anderem auf neue Flugverbindungen mit TUIfly ab Frankfurt und Düsseldorf. Warum nach Zypern: Die Insel bietet vor allem für Radfahrer und Golfer beste Bedingungen. Natur- und Aktivurlauber kommen besonders in der Region rund um Paphos mit dem angrenzenden Troodos-Gebirge und den unzähligen Wanderwegen auf ihre Kosten. Die kleine Stadt an der Südwestküste Zyperns war 2017 auch Kulturhauptstadt, bietet also neben Strand und Sportprogramm auch viel Kultur. Familien fühlen sich an den Sandstränden im Südosten der Insel gut aufgehoben. Agia Napa ist nicht mehr nur Partyhochburg, sondern auch ein familienfreundlicher Ort mit gepflegter Altstadt. Zypern im Winter: Die Insel ist nicht nur im Sommer ein lohnendes Ziel, sondern eignet sich auch als Winterdestination. In diesen Monaten hat das Wasser die höchsten Temperaturen in der Mittelmeerregion. Baden ist daher bis November und ab März wieder möglich. Anders als in vielen Feriengebieten sind Restaurants und Bars ganzjährig geöffnet. Ebenfalls für eine Reise in der Neben- und Wintersaison sprechen die attraktiven Preise: Bis zu 40 Prozent Ersparnis sind laut Tui im Vergleich zu den Sommermonaten bei einigen Hotels möglich. Preisbeispiel: Eine Woche inklusive Flug ab/bis Frankfurt kostet zum beispiel bei Tui ab 387 Euro pro Person im Doppelzimmer inklusive Flug (Drei-Sterne Mandalena Hotels Apartments in Protaras). Besonders beliebt ist das Fünf-Sterne-Hotel Atlantica Mare Village in Agia Napa: eine Woche mit Halbpension und Flug ab/bis Frankfurt kostet ab 846 Euro pro Person im Doppelzimmer. ben