Erst volle Fahrt zu Jahresbeginn, dann Vollbremsung, dann wieder Beschleunigung und schließlich die nächste Vollbremsung: So lässt sich die Situation des unterfränkischen Handwerks in 2020 beschreiben. Blick man auf andere Wirtschaftsbereiche, dann geht es Schreinern, Mechatronikern und Co. freilich noch gut.

Während gerade viele Gastronomen oder Kulturschaffenden wegen der Corona-Krise am Rand der wirtschaftlichen Klippe stehen, bezeichneten Ende des Jahres 80 Prozent der Handwerksbetriebe ihre Geschäftslage als gut oder befriedigend ein. Das zeigt der am Donnerstag präsentierte Konjunkturbericht der Handwerkskammer für Unterfranken.
"Ich nehme das vergangene Jahr als Achterbahnfahrt wahr."
Walter Heußlein, Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken
Ihr sind knapp 19 000 Betriebe angeschlossen, zwei Prozent mehr als 2018. Sie beschäftigen zusammen 93 200 Menschen und machten zuletzt einen Jahresumsatz von insgesamt 10,8 Milliarden Euro (2018: 10,5).
Diese "Wirtschaftsmacht von nebenan", so ein Slogan der Handwerkskammern, zeigt auf den zweiten Blick jedoch ein inhomogenes Bild: Während auf dem Bau nach wie vor gut zu tun ist, klagen Friseure und Kosmetiker. Weil sie während des ersten und zweiten Lockdowns ihre Läden schließen mussten, stuften Ende des Jahres zwei Drittel der Inhaber ihre Lage laut Kammer als schlecht ein.
Stimmung: Erst langsam hoch, dann schlagartig runter
Das überrascht nicht, zeigt aber einen Kontrast im Handwerk: Im Baubereich sind der turnusmäßigen Umfrage zufolge nahezu alle Unternehmen mit der Konjunktur zufrieden. "Ich nehme das vergangene Jahr als Achterbahnfahrt wahr, bei der man heute nicht weiß, wann und wie sie enden wird", wird Präsident Walter Heußlein in einer Mitteilung seiner Handwerkskammer zitiert.
Das mit der Achterbahn zeigt ein Querflug über die Quartale des vergangenen Jahres: Zu Jahresbeginn waren 81 Prozent der Betriebe mit ihren Geschäften zufrieden, dann waren es 83 und 86 Prozent, bevor zuletzt dieser Wert auf 80 Prozent abrutschte. Heußleins Analyse: "Über den Sommer hinweg haben sich nahezu alle Betriebe mit der Situation arrangiert, bis jetzt im Winter der verschärfte Lockdown beschlossen wurde."
Was bundesweit im Handwerk läuft
Da geht es den unterfränkischen Handwerkern nicht anders als jenen im Rest der Republik. So sprach vor wenigen Wochen auch Präsident Hans Peter Wollseifer vom Bundesverband ZDH von einer "Achterbahnfahrt". Erstmals seit 2013 werde das Handwerk im Land das Jahr mit einem Umsatzminus abschließen.
Mit Blick auf 2021 wird die Stimmung gerade in den besonders vom Lockdown gebeutelten Handwerksberufen nicht besser. 71 Prozent der befragten Betriebe gehen davon aus, dass sich ihre Geschäftslage weiter verschlechtern wird. Sogar im satten Bauhaupt- und -ausbaugewerbe mache sich Skepsis hinsichtlich der nächsten Monate breit, so die Kammer weiter.
Diese Skepsis gilt generell für das Handwerk in der Region: 29 Prozent aller Unternehmen erwarten für das laufende Jahr, "dass sich die eigene konjunkturelle Lage verschlechtern wird", so Hauptgeschäftsführer Ludwig Paul. Er sei aber mit Blick auf die laufende Impfkampagne "verhalten optimistisch", dass die von Präsident Heußlein erwähnte Achterbahnfahrt der Konjunktur heuer ein Ende findet.
Was mit der IHM in München geschieht
Indes wird in diesem Jahr erneut ein wichtiger Indikator ausfallen: Die Veranstalter haben am Donnerstag die Internationale Handwerksmesse (IHM) in München wegen der verschärften Corona-Regeln abgesagt. Sie war schon 2020 wegen der Pandemie ins Wasser gefallen.
Die Schau mit im Schnitt 1000 Ausstellern – auch aus Unterfranken – sowie jeweils gut 100 000 Besuchern gilt bundesweit als Leitmesse. Die nächste Ausgabe ist für März 2022 geplant.

