Die beiden Angeklagten würdigen sich keines Blickes. Anstiftung zur Untreue und gemeinschaftlich begangene Untreue lautet die Anklage im dritten Prozess des VW-Skandals um Schmiergelder und Lustreisen auf Firmenkosten. Doch am ersten Verhandlungstag kommen die beiden zunächst nicht zu Wort. Erst muss das Gericht auf Antrag der Verteidiger einen bei VW beschäftigten Schöffen austauschen, anschließend liest Oberstaatsanwalt Ralf Tacke fast zwei Stunden die Anklage vor.
Zwischen Fotografen und Kameraleuten bahnen sich die beiden Angeklagten am Morgen den Weg ins Braunschweiger Landgericht. Angesichts des Blitzlichtgewitters scherzte der 64 Jahre alte Volkert: „Dabei geht es mir gut.“ Noch habe er seinen Humor nicht verloren. „Ich hoffe, das bleibt auch so“, sagt er und verschwindet in den Gerichtssaal.
Eine Kontrolle gab es nicht
Ganz anders Gebauer – der 63-Jährige gibt erst einmal mehrere Interviews. „Früher wurde ich der Lüge bezichtigt“, sagt er. Doch nun habe sich herausgestellt, dass er die Wahrheit gesagt hatte. Gebauer hatte die Aufgabe, Lustreisen und andere Vergnügungen auf Firmenkosten zu organisieren und die Rechnungen der Betriebsräte zu zahlen – eine Kontrolle gab es nicht.
400 000 Euro hat allein die damalige brasilianische Geliebte Volkerts für einen Scheinvertrag erhalten. Weitere 300 000 Euro sind laut Anklage für Reisen, Hotels, Schmuck und Einkäufe angefallen. Fast zwei Millionen Euro an Sonderzahlungen hat Volkert bekommen. So wurde es im ersten Prozess der VW-Affäre gegen den ehemaligen VW-Arbeitsdirektor Peter Hartz im Januar vom Gericht festgestellt. Er habe den einflussreichen Volkert „gekauft“, hatte Hartz gestanden.
Früher waren Gebauer und Volkert enge Weggefährten – heute haben sich die beiden nichts mehr zu sagen. „Im Augenblick kann man von keinem Verhältnis sprechen“, sagt Gebauer. „C'est la vie“ (So ist das Leben). Als der VW-Skandal vor zweieinhalb Jahren aufflog, hatte Gebauer nach seiner fristlosen Entlassung mehrere seiner Ex-Kollegen bei der Staatsanwaltschaft beschuldigt.
Wegen Drohung in Haft
Auch Volkert legt keinen Wert mehr auf eine nähere Begegnung mit Gebauer: „Das letzte Mal, als ich ihn begrüßt habe, ist es mir nicht gut bekommen“, meint er. Nach einem Treffen mit Gebauer, bei dem er ihm gedroht haben soll, musste Volkert im vergangenen Jahr wegen Verdunklungsgefahr für einige Wochen in Untersuchungshaft.
Während Gebauer auf der Anklagebank gelegentlich unruhig mit seinen Beinen wackelt und hin und her rutscht, sitzt Volkert fast bewegungslos da. Beide machen einen eher angespannten Eindruck.
Die Zuschauer des Prozesses haben ihre eigene Meinung. „Ich will sehen, ob es hier fairer zugeht als im Hartz-Prozess“, sagt Peter Fischer, der 32 Jahre bei VW beschäftigt war. „Gebauer ist doch ein armer Teufel“, meint er, der Ex-Personalmanager habe doch nur getan, was ihm aufgetragen wurde. Fischer hofft, dass Volkert härter bestraft wird als Gebauer. „Eine Hand hat die andere gewaschen“, sagt Zuschauer Helmut Maslo (73), der 34 Jahre für VW gearbeitet hat. „Aber ich glaube nicht, dass Volkert so günstig wegkommt wie Hartz.“ Volkert habe „mit denen da oben“ gekungelt. Ein anderer Zuschauer, ebenfalls Ex-VWler, sagt es so: „Eigentlich ist Volkert gutmütig und harmlos.“ Aber der Vorstand habe Volkert jahrelang gesagt, „er sei der King“. Volkert habe sich dann in diese „Illusion“ hineingesteigert.