Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten
Main-Post Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

RÖTTINGEN: Eibe: Damit dem Kind beim Spielen nichts passiert

RÖTTINGEN

Eibe: Damit dem Kind beim Spielen nichts passiert

    • |
    • |
    Mit einem solchen Koffer ist Spielplatzprüfer Jürgen Schnabl unterwegs. Die blauen, genormten Prüfkörper sollen Körperteile von Kindern symbolisieren. Mit ihnen kann der Prüfer herausfinden, wo auf dem Spielplatz Kinder in Gefahr kommen könnten.
    Mit einem solchen Koffer ist Spielplatzprüfer Jürgen Schnabl unterwegs. Die blauen, genormten Prüfkörper sollen Körperteile von Kindern symbolisieren. Mit ihnen kann der Prüfer herausfinden, wo auf dem Spielplatz Kinder in Gefahr kommen könnten. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Eltern kennen diesen Angstschweiß: Das eigene Kind turnt auf halsbrecherische Weise auf dem Spielplatz herum, der Sturz vom meterhohen Kletterturm scheint unvermeidlich. Keine Frage: Auf Spielplätzen können solche Unfälle passieren.

    Hauptrolle haben die Spielplatzprüfer

    Dass allerdings die ganz großen Katastrophen vermieden werden, dass es also so sicher wie möglich zugeht auf Deutschlands Spielplätzen, dazu leistet die Firma Eibe in Röttingen (Lkr. Würzburg) einen nennenswerten Beitrag. Der geht über das rein kommerzielle Interesse des Familienunternehmens hinaus.

    Die Hauptrolle bei diesem Thema haben die Spielplatzprüfer. Das Gesetz schreibt vor, dass jeder Betreiber eines öffentlichen Spielplatzes für dessen Sicherheit verantwortlich ist. In der Pflicht sind hier vor allem Städte, Gemeinden und die kirchlichen Träger von Kindergärten.

    Abgesehen von kleineren Checks etwa alle drei Monate müssen diese Spielplätze einmal pro Jahr umfangreich unter die Lupe genommen werden. Diese Hauptinspektion sollten laut Gesetz speziell dafür ausgebildete Fachkräfte machen – die zertifizierten Spielplatzprüfer eben.

    Wann Eibe ins Spiel kommt

    Viele Kommunen haben beispielsweise in ihren Bauhöfen solche Experten. Kleinere Gemeinden oder Kindergartenbetreiber sind damit unter Umständen überfordert, schließlich kostet die vier bis fünf Tage dauernde Fortbildung zum Spielplatzprüfer gut und gerne 1000 Euro. Außerdem gilt das Zertifikat nur drei Jahre, danach muss es in Form von Kursen immer wieder aufgefrischt werden.

    Kann oder will ein Spielplatzbetreiber diesen Aufwand nicht stemmen, kommt Eibe ins Spiel. Das Unternehmen mit seinen 250 Mitarbeitern hat 15 eigene Spielplatzprüfer mit Zertifikat. Mitunter in ganz Deutschland sind sie unterwegs, um für die Kommunen oder Kindergärten deren Spielplätze zu prüfen – egal, ob sie von Eibe sind oder nicht. 177 Euro kostet zum Beispiel eine solche in Auftrag gegebene Jahresinspektion, die einige Stunden dauert.

    Was ein Spielplatzprüfer macht

    Jürgen Schnabl ist ein solcher Spielplatzprüfer von Eibe. Der 49 Jahre alte gelernte Schreiner macht diesen Job seit vielen Jahren und weiß genau, auf welche Stellen an all den Klettertürmen, Rutschen, Schaukeln oder Wippen er genau achten muss.

    Wüsste er es mal nicht, dann hat er die „Bibel“ der Spielplatzprüfer dabei: die „DIN EN 1176“. Das ist ein Buch mit 800 eng beschriebenen Seiten. Dort ist in grenzenloser Ausführlichkeit beschrieben, wie groß Öffnungen an Spielgeräten, Abstände, Fallhöhen oder Neigungen sein dürfen. Bis zur letzten Schraube lässt diese EU-Norm mit deutscher Gründlichkeit nichts ungeregelt.

    In einem Koffer liegen „Kinderköpfe“

    Wichtiges Utensil ist für Schnabl eine Art Werkzeugkoffer, den er bei den Spielplatzprüfungen immer dabei hat. Doch im Koffer sind keine Werkzeuge im herkömmlichen Sinn, sondern ein halbes Dutzend eigenartig geformter Prüfkörper, wie es in der Fachsprache heißt. Einer davon sieht aus wie jene Klötze, die man beim Curling übers Eis gleiten lässt.

    Exakt 23 Zentimeter Durchmesser hat dieser Prüfkörper – das solle die maximale Größe eines Kinderkopfs symbolisieren, erklärt Schnabl. Den Prüfkörper steckt der Eibe-Mann auf dem Spielplatz in allerlei Öffnung an den Geräten, um zu testen, ob Kinder dort unter Umständen mit dem Kopf stecken bleiben könnten.

    Damit sich das Kind nicht stranguliert

    Die anderen Prüfkörper stehen stellvertretend für Schulter oder Finger eines Kindes. Außerdem hat Schnabl eine kleine Kette in seinem Koffer, mit der er prüft, ob sich die Anorak-Kordel eines spielenden Kindes irgendwo verheddern könnte – Strangulationsgefahr also.

    Bis zu fünf Stunden lang geht Schnabl auf diese Weise Spielplätze durch. Auch gräbt er dabei Fundamente zum Beispiel von Schaukeln oder Kletterbäumen aus, um deren Standfestigkeit zu untersuchen. Die Zäune rund um die Spielplätze und die Bepflanzung – es könnten Büsche mit giftigen Beeren darunter sein – hat er ebenfalls im Blick.

    Wenn Eltern mal nichts Gutes tun

    Schnabl zufolge wird es heikel, wenn etwa Eltern in guter Absicht Hand anlegen. Bei solchen ehrenamtlichen Reparaturaktionen fehle oft der Sachverstand. Mit der Folge, dass der Spielplatzprüfer hinterher allerlei in puncto Sicherheit zu bemängeln habe. Im Radius von 400 Kilometern um Eibe ist Schnabl auf Spielplätzen zu Gange. Auch im Ausland nahm er schon Spielplätze von Eibe unter die Lupe – dann freilich nicht nach deutschen Vorschriften.

    Eibe wirkt auch an anderen Stellen

    Die firmeneigenen Spielplatzprüfer kommen nach den Worten von Andreas Strupp und Steffen Alsmann bereits zum Einsatz, wenn bei Eibe Spielgeräte entworfen und als Prototypen gebaut werden. So solle gewährleistet werden, dass die Produkte von Anfang an in jeder Hinsicht der Norm entsprechen. Strupp und Alsmann sind bei Eibe im Bereich Montage/Sicherheit beschäftigt und selbst zertifizierte Spielplatzpüfer. Strupp wirkt in dieser Hinsicht auch über Eibe hinaus: Der Ingenieur sitzt auf nationaler und europäischer Ebene in diversen Gremien, darunter als Obmann eines auf Spielplatzgeräte spezialisierten Ausschusses des unabhängigen Deutschen Instituts für Normung (DIN) in Berlin.

    Eibe-Chef ist an der Spitze

    Eibe ist zudem an anderer Stelle vorne dabei, wenn es um die Sicherheit auf deutschen Spielplätzen geht: Firmenchef Tilo Eichinger ist Vorsitzender des Bundesverbandes der Spielplatzgeräte- und Freizeitanlagen-Hersteller (BSFH) im nordrhein-westfälischen Hilden. Diese Organisation ist zusammen mit der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) in Bonn und neben dem TÜV federführend, was die Zertifikate für Spielplatzpüfer angeht. Ausrichter der Kurse sind wiederum ein Dutzend Organisationen, darunter Dekra.

    Eibe hat eine Art Vermittlerrolle

    Wie vom BSFH zu erfahren war, stieß Eichinger in seiner Funktion als Vorsitzender vor zehn Jahren an, dass die Fortbildungen der Spielplatzprüfer nach einheitlichen Normen ablaufen. Damit habe Eichinger einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit auf deutschen Spielplätzen geleistet, sagte Verbandsgeschäftsführer Gerold Gubitz auf Anfrage. Er schätzt, dass es in Deutschland 3500 ausgebildete Spielplatzprüfer gibt. Allerdings sei nicht klar, bei wie vielen davon das Zertifikat noch gültig ist.

    Obwohl Eibe nicht selbst Ausrichter von Kursen für Spielplatzprüfer ist, haben die Röttinger seit Jahren eine Art Vermittlerrolle für Spielplatzbetreiber. So hätten seit 2012 etwa 150 Interessenten mit Hilfe von Eibe das Spielplatzprüfer-Zertifikat erhalten, haben Alsmann und Strupp ausgerechnet. Allesamt Experten dafür, dass Eltern auf dem Spielplatz ein bisschen weniger Angstschweiß haben.

    Eibe in Röttingen Das in den 1970er Jahren aus einer Schreinerei hervorgegangene Familienunternehmen sieht sich heute in Deutschland als einer der führenden Hersteller von Geräten für Spielplätze. Eibe hat 250 Mitarbeiter, mehrere Niederlassungen in Europa und machte zuletzt einen Jahresumsatz von 32 Millionen Euro. Gründer Hartmut Eichinger übergab die Geschäftsführung vor 13 Jahren an seinen Sohn Tilo Eichinger. Der Name Eibe setzt sich aus den Anfangsbuchstaben von Eichinger und Behnert zusammen. Mit dem Ingenieur Günter Behnert hatte Hartmut Eichinger einst das Unternehmen aufgebaut. aug

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden