Seine provokanten Auftritte in Fernseh-Talkshows haben Wolfgang Grupp bekannt gemacht. Jetzt mit 71 bereitet der Textilunternehmer die Übergabe der Firma an seine Kinder Bonita (23) und Wolfgang Junior (22) vor. Nach ihrem Studium in London wollen beide in den Familienbetrieb mit Sitz im baden-württembergischen Burladingen einsteigen.
Frage: Herr Grupp, Sie führen Trigema in dritter Generation. Haben Sie je gezweifelt, dass ihre Kinder das Unternehmen weiterführen?
Wolfgang Grupp: Das ist doch eigentlich etwas Selbstverständliches, dass die Kinder in die Fußstapfen des Vaters treten. Das Unternehmen gehört bei uns zur Familie. Ich habe damals schon als Kind den Näherinnen auf dem Schoß gesessen und dann wurde mir gesagt: Du wirst mal der Juniorchef. Und meine Kinder sind auch sozusagen im Unternehmen aufgewachsen und haben beim Abendessen gehört, wie meine Frau und ich über Trigema gesprochen haben.
Aber das kann ein Kind ja auch nerven, wenn es ständig um die Firma geht.
Grupp: Wenn ich negativ vom Unternehmen spreche und sage, dass der Standort Deutschland schlecht ist, dass man kein Geld mehr verdienen kann und nur Probleme hat, dann werden die Kinder natürlich sagen: Ich will die Firma nicht übernehmen.
Nun steigt ihre Tochter als Erstes bei Trigema ein, ihr Sohn folgt vermutlich in einem halben Jahr. Übertragen sie den beiden als Juniorchefs auch gleich Führungsverantwortung?
Grupp: Es wäre doch arrogant zu sagen, die Kinder kommen gerade aus dem Studium und übernehmen sofort die Leitung – sie haben zwar keinerlei Erfahrung, aber sie sind ja die Kinder vom Chef. Sie müssen jetzt überhaupt mal rein ins Unternehmen und schauen, was sie interessiert und wo sie ihre Stärken haben.
Bonita Grupp: Wenn man irgendwo neu anfängt, wird man ja immer besonders aufmerksam beobachtet – da bin ich kein Sonderfall. Man muss sich sicher anstrengen und beweisen, aber das gehört ja in jedem Job dazu.
Haben Sie denn mal darüber nachgedacht, in einem anderen Unternehmen Erfahrungen zu sammeln, bevor sie zu Trigema kommen?
Wolfgang Grupp junior: Ich hätte mir schon vorstellen können, in London im Bankensektor zu arbeiten. Da bekommt man vielleicht noch eine andere Denkweise und muss sich noch ganz anders durchbeißen. Aber so lerne ich gleich von Anfang an alle Besonderheiten von Trigema kennen. Was letztlich richtig gewesen wäre . . .
Wolfgang Grupp senior: . . . also ich halte davon gar nichts. Was nützt es meinen Kindern, wenn sie zu einem Weltkonzern gehen, der von Größenwahn getrieben wird und am Ende pleite ist? Was sollen sie da lernen? Entscheidend ist, das eigene Unternehmen kennenzulernen.
Haben Sie als Eltern eigentlich genau hingeschaut, ob ihre Kinder im Studium gut genug sind, um Trigema einmal zu übernehmen?
Grupp: Meine Kinder haben bisher ihre Aufgaben in Schule und Studium gut bewältigt. Sie sind meine Erben und somit auch verantwortlich für die Firma. Was sie dann damit machen, ist einzig und allein ihre Sache.
Wirklich?
Grupp: Stellen Sie sich doch mal vor, die beiden würden an meinem Grab stehen und sagen: Papa, Du hast uns nichts zugetraut und Fremdmanager haben alles kaputt gemacht. Dann würde ich mich sicher im Grab umdrehen und sagen: Was für ein Rabenvater war ich, den eigenen Kindern nichts zuzutrauen, den Fremden aber alles! Wenn sie aber dastehen würden und sagen: Papa, Du hast uns alles zugetraut, jetzt haben wir leider alles niedergemacht – dann würde ich mich im Grabe erheben und sagen: Stolz bin ich, dass Ihr es wart und nicht die Fremdmanager!
Haben Sie als Nachfolger denn schon Ideen im Hinterkopf, was sie anders machen wollen als Ihr Vater?
Wolfgang Grupp junior: Ganz ehrlich, das kann ich vielleicht in zwei oder drei Jahren beantworten. Es geht ja nicht darum, dass ich mich jetzt selbst beweisen will und deshalb alles auf den Kopf stelle. Das Wichtigste ist, Trigema und die Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten. Ob man das schafft, indem man in 20 Jahren nur noch Mützen statt T-Shirts produziert, wird sich zeigen.
Machen Sie, Herr Grupp, sich denn manchmal Sorgen, was ihre Kinder mit Ihrem Lebenswerk anstellen?
Grupp: Sicher nicht. Meine Kinder müssen als Erben nach mir die Verantwortung für ihr Tun selbst tragen. Elisabeth Grupp: Unsere Kinder würden ja auch nicht ins Unternehmen einsteigen, wenn sie den Weg ihres Vaters für völlig falsch hielten. Aber das Entscheidende ist: Wir sprechen hier ja nicht nur über T-Shirts, sondern über 1200 Mitarbeiter. Dafür die Verantwortung zu übernehmen, ist sicherlich viel schwieriger, als irgendwo in einem Angestelltenverhältnis zu arbeiten.
Trigema und Wolfgang Grupp
Der Name Trigema steht für „Trikotwarenfabrik Gebrüder Mayer“. Josef Mayer, einer der beiden Gründer 1919, war Wolfgang Grupps Großvater. Statt auf Umsatzwachstum setzt Grupp darauf, viele Produktionsschritte in die eigene Verantwortung zu holen. So kommt Trigema auf eine hohe Wertschöpfung von 78 Prozent. Bekannt geworden ist Trigema vor allem mit einer inzwischen im Internet zum Kult gewordenen Werbung um einen Affen im T-Shirt. Angestellten Managern hält Grupp regelmäßig Größenwahn und Gier vor. Text: dpa