Ein Jahr nach der Ankündigung ist der viertgrößte deutsche Mobilfunkbetreiber Telefónica Deutschland (O2) am Ziel – es gibt grünes Licht aus Brüssel.
Mit der Übernahme des Düsseldorfer Konkurrenten E-Plus katapultiert sich die Allianz an die Spitze des deutschen Mobilfunkmarktes, zumindest gemessen an der Zahl der verkauften SIM-Karten.
Mit einem Volumen von mehr als acht Milliarden Euro, davon fünf Milliarden in bar, ist die Übernahme eine der größten in der Mobilfunkbranche und ein weiterer Schritt zur Bereinigung des Marktes in Europa. Der bisherige E-Plus-Eigentümer, die niederländischen KPN, darf sich auf einen warmen Geldregen freuen. Darüber hinaus erwerben die Niederländer einen Anteil von 20 Prozent an Telefónica Deutschland.
An die Spitze des Mobilfunkriesen rückt der bisherige E-Plus-Chef Thorsten Dirks. Über die Personalie war bereits spekuliert worden. Denn nach dem überraschenden Abgang von O2-Chef René Schuster im Januar hatten die Münchner keinen Nachfolger für den Spitzenposten mehr benannt.
Unklar ist noch, was sich für die Handy-Nutzer ändern wird. Die europäischen Wettbewerbshüter verlangten dem Management von Telefónica in den vergangenen Monaten einiges ab, um den Deal am Ende zum Abschluss zu bringen. Um die Aufseher gnädig zu stimmen, verpflichtete sich die Münchener Tochterfirma des spanischen Telekommunikationsriesen unter anderem, bis zu 30 Prozent der Netzkapazitäten der neuen Allianz an einen oder mehrere Mobilfunkfirmen ohne eigenes Netz zu verkaufen.
Die EU hatte dabei vor allem eines im Blick: Der Wettbewerbskräfte auf dem deutschen Mobilfunkmarkt dürfen durch den nun anstehenden Zusammenschluss keinesfalls erlahmen.
Genau das aber fürchten Kritiker, und Handy-Nutzer blicken mit Sorge auf die künftige Preisentwicklung. Auf dem deutschen Markt, der ohnehin mit nur vier Betreibern eine starke Anbietermacht hatte, könnte nach dem Zusammenschluss der Preiskampf nachlassen. Kritik äußerte vor allem die Monopolkommission: Mit E-Plus verschwinde ausgerechnet der Anbieter, der in der Vergangenheit oft als Preisbrecher aufgefallen ist, betonte der Vorsitzende der Monopolkommission, Daniel Zimmer. Dabei wird auch auf den Fall Österreich verwiesen. Hier gingen, wie jetzt in Deutschland, 2013 zwei kleinere Betreiber zusammen. Ein Jahr nach der Fusion kam es deutlichen Preissteigerungen. Ob dieser Fall auch in Deutschland eintritt, ist offen.
Ilja Braun, Pressesprecher der Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin, befürchtet vor allem, dass unter den vielen Billigmarken, die den Wettbewerb in den vergangenen Jahren angeheizt hatten, einige verschwinden könnten. Ob die Preise wieder nach oben gehen, werde auch davon abhängen, wie das Geschäftsmodell der fusionierten Gesellschaft künftig aussehen wird. Und so bleibt die spannende Frage: Wie wird sich der neue Riese aufstellen?
Wenn durch den Zusammenschluss wie geplant Synergien in einem Wert von fünf Milliarden Euro gehoben werden sollen, dann geht es auch um Standorte, Arbeitsplätze und um Marken. „Wir sind davon überzeugt, dass der Verbraucher am Ende Gewinner des Zusammenschlusses sein wird“, sagt E-Plus-Sprecher Guido Heitmann. Für den Wettbewerb sei der Zusammenschluss positiv, weil ein neuer starker Spieler im deutschen Mobilfunkmarkt entstehe, der auf Augenhöhe mit den beiden Marktführern agiert.
Der Mobilfunkmarkt
Netzanbieter: Auf dem deutschen Mobilfunkmarkt werden künftig nur noch drei Netzanbieter aktiv sein: die Deutsche Telekom mit ihrer Marke T-Mobile, Vodafone und Telefónica/E-Plus. Auf Basis der verkauften SIM-Karten liegt der neue Verbund mit mehr als 44 Millionen Kunden vorn. Es folgen die Telekom mit rund 39 Millionen und Vodafone mit 32 Millionen Kunden. Neben den drei Netzbetreibern gibt es zahlreiche Anbieter ohne eigenes Netz, die auch als virtuelle Netzbetreiber bezeichnet werden. Sie kaufen Netzkapazitäten von Mobilfunkfirmen und vermarkten sie unter eigenem Namen. Beispiele sind Drillisch oder Mobilcom-Debitel.
Wichtige Fusionen: Im November 2009 bündelten die Deutsche Telekom und die ehemalige France Telecom in Großbritannien ihre Aktivitäten in einem Joint Venture, das später Everything Everywhere genannt wird.
Die Deutsche Telekom fusionierte im März 2013 ihre US-Tochter mit dem regionalen Betreiber MetroPCS.
Im September 2013 zog sich Vodafone aus dem US-Geschäft zurück und verkaufte seinen Anteil an Verizon für 130 Milliarden Dollar an den Mutterkonzern. Im April 2014 wurde der zweitgrößte französische Mobilfunkanbieter SFR vom Kabelkonzern Numericable für einen Preis von 13,5 Milliarden Euro übernommen. Text: dpa