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WÜRZBURG: So tickt der Chef von Koenig & Bauer

WÜRZBURG

So tickt der Chef von Koenig & Bauer

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    Claus Bolza-Schünemann lenkt von diesem Schreibtisch aus seit 2011 den ältesten Druckmaschinenhersteller der Welt. Sein Vertrag läuft noch zwei Jahre. Bis dahin wird er für Koenig & Bauer noch viel in der Welt herumreisen.
    Claus Bolza-Schünemann lenkt von diesem Schreibtisch aus seit 2011 den ältesten Druckmaschinenhersteller der Welt. Sein Vertrag läuft noch zwei Jahre. Bis dahin wird er für Koenig & Bauer noch viel in der Welt herumreisen. Foto: FOTO: Patty Varasano

    Wie Phoenix aus der Asche: Musste sich der Würzburger Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer (KBA) vor rund vier Jahren noch mit Entlassungen und Werksschließungen aus der tiefsten Krise seiner langen Geschichte kämpfen, gehen heute die Geschäfte und der Aktienkurs durch die Decke. Claus Bolza Schünemann (61) ist KBA-Vorstandsvorsitzender. Der gebürtige Würzburger gibt im Interview seltene Einblicke in das Unternehmen und vor allem in seine eigene Person.

    Frage: Herr Bolza-Schünemann, Ihr Unternehmen ist nach Jahren der Krise seit Monaten wieder auf Höhenflug. Sie sind somit der Star unter den Managern in Mainfranken. Widerspruch?

    Claus Bolza-Schünemann: Direkt nein. Indirekt vielleicht. Wir hatten ja auch schon andere Zeiten. Es war an der Zeit, dass wir aus einer Krise, die ja etwas länger gedauert hat, endlich wieder rausgekommen sind. Das spiegelt sich in der Tat an den Zahlen und am Aktienkurs wieder.

    200 Jahre Koenig & Bauer: Da steckt naturgemäß viel Geschichte drin. Sie stammen aus der Linie von Firmengründer Friedrich Koenig. Wie sehr ist Ihnen all diese Geschichte wichtig? Haben Sie zum Beispiel zu Hause oder im Büro Bilder von Koenig hängen?

    Bolza-Schünemann: Von Friedrich Koenig nicht. Aber natürlich von unserer Gründungsstätte im Kloster Oberzell.

    Von Ihrem Büro kann man direkt zum Kloster Oberzell rüberschauen. Tun Sie das regelmäßig?

    Bolza-Schünemann: Jeden Tag. Es ist eine gewisse Freude – und eine Verpflichtung, das Unternehmen so weiterzuführen, wie es unsere Gründer vor 200 Jahren begonnen haben. Unter zum Teil unfassbaren Umständen.

    Ein Vorstandsvorsitzender hat viel Verantwortung. Sie zum Beispiel stehen an der Spitze von 5300 Mitarbeitern. Lassen Sie diese Bürde an der Garderobe, wenn Sie in den Feierabend gehen?

    Bolza-Schünemann: Ja, ziemlich gut. Aber das musste ich lernen.

    Druckmaschinen sind. . .
    Druckmaschinen sind. . . Foto: FOTO kba

    Und wie?

    Bolza-Schünemann: Indem ich mal vor sieben Jahren eine Auszeit von vier Wochen genommen habe, als es mir nicht sehr gut ging. Weil mich am Ende durchaus die Verantwortung sehr belastet hat. Die Auszeit hat mir sehr, sehr gut getan. Ich war damals am Bodensee. Ohne Laptop, Familie, Auto, Handy – einfach mal weg vom normalen Leben.

    Was machen Sie nach Feierabend? Treiben Sie Sport, sammeln Sie Briefmarken?

    Bolza-Schünemann: Nein, ich sammle keine Briefmarken. Natürlich mache ich Sport, sehr konsequent, drei Mal die Woche. Ich renne auf dem Crosstrainer. Nicht auf der Straße, denn das ist für die Gelenke nicht das Allerbeste.

    Was ist Ihre Maximaldistanz, die Sie bewältigen?

    Bolza-Schünemann: Relativ wenig: acht Kilometer. Aber unter guter Belastung. Ich hatte mal erhebliche Rückenprobleme. Das ist damit komplett auskuriert. Musik ist auch ein Hobby. Ich spiele gerne Querflöte, wenn ich Zeit habe. Und ich bin Elektronikfreak: Ich beschäftige mich sehr mit Elektroakustik, digitalen Soundprozessoren und was es so alles gibt.

    Reisen Sie gerne?

    Bolza-Schünemann: Ja, nach wie vor.

    Wohin? Ihre Lieblingsziele?

    Bolza-Schünemann: In die ganze Welt. Lieblingsland sind die USA bei allen Gegensätzen, die dort zu finden sind. Ich habe dort gelebt, bin zur Schule gegangen. Ich war mittlerweile schon etwa 160-mal in den USA. Das prägt natürlich. Ich war auch sehr oft in Italien, in Spanien – wir haben sehr viele Kunden dort – oder Südostasien.

    An den Stammtischen wird gern über Manager gelästert: die verdienen zu viel, fahren nur dicke Autos, zocken ab. Was antworten Sie demjenigen, der so spricht?

    Bolza-Schünemann: (zögert) Es ist immer eine Frage des Blickwinkels: Der eine verdient immer zu wenig, der andere immer zu viel. Am Ende ist es die Summe aller Dinge, die man tun muss – und mit Freude tut, so wie ich selber –, die dann eine entsprechende Bezahlung wert sind. Aber Geld allein macht nicht glücklich.

    Dann können Sie jenem Menschen vom Stammtisch ja sagen, wie viel genau Sie verdienen.

    Bolza-Schünemann: Das steht in unserem Geschäftsbericht, können Sie nachschauen.

    Wie haben Sie in jenen Jahren geschlafen, als Koenig & Bauer tief in der Krise steckte? Und wie schlafen Sie jetzt?

    Bolza-Schünemann: Immer noch gleich ruhig, weil ich sehr gut Geschäft und Privates trennen kann. Und das bleibt hoffentlich so.

    . . . seit 200 Jahren das Metier von Koenig & Bauer.
    . . . seit 200 Jahren das Metier von Koenig & Bauer. Foto: Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Sie tragen zu diesem Interview keine Krawatte. Wann tragen Sie welche?

    Bolza-Schünemann: Zu formalen Anlässen, mit Sicherheit zur Jubiläumsfeier. Und natürlich, wenn Kunden im Hause sind. Ich mag Krawatten eigentlich sehr gerne. Besonders rote. Aber seit ziemlich genau einem Jahr trage ich keine roten Krawatten mehr.

    Aha, warum nicht?

    Bolza-Schünemann: Der Grund liegt in den USA, den Rest lasse ich weg (lacht).

    Sie werden sich wahrscheinlich als Manager zum Anfassen bezeichnen. Woran erkennt man das im Alltag?

    Bolza-Schünemann: Oh, das dürfen Sie mich nicht fragen. Da müssen Sie meine Umgebung fragen. Nun, ich habe nach wie vor guten Kontakt in unsere Firmen hinein. Sie finden mich auch fast überall – ob das in der Gießerei ist, in der Großteilefertigung oder in der Montage. Das ist selbstverständlich.

    Das Werksgelände allein in Würzburg ist aber sehr weitläufig. Verirren Sie sich da manchmal?

    Bolza-Schünemann: Mit Sicherheit nicht.

    Sie kennen also jede Halle in- und auswendig?

    Bolza-Schünemann: Ja. Und das nicht nur in Würzburg.

    Der am weitesten von der Würzburger Zentrale entfernt liegende Produktionsstandort ist Barcelona. Wann waren Sie denn dort das letzte Mal?

    Bolza-Schünemann: Das ist leider schon länger her. Vor ungefähr sechs Monaten.

    Und was genau war der Grund, ausgerechnet das Werk in Barcelona zu besuchen?

    Bolza-Schünemann: Es ist immer gut, sich vor Ort ein Bild zu machen und nicht nur immer davon abhängig zu sein, was einem erzählt wird – per Mail oder per Telefonat. Ich denke, das ist auch für die Mitarbeiter eine Wertschätzung. Je weiter sie weg sind, desto seltener hören sie in der Regel etwas von der Zentrale.

    Im Rahmen der 200-Jahrfeier wird es bald in Würzburg einen Tag der offenen Tür geben. Mischen Sie sich da unters Volk?

    Bolza-Schünemann: Selbstverständlich. Beim Tag der offenen Tür werde ich wahrscheinlich einer der Ersten sein, der morgens kommt, und einer der Letzten, der abends das Werksgelände verlässt.

    200 Jahre Koenig & Bauer: Haben Sie schon einen Sekt aufgemacht?

    Bolza-Schünemann: Wir haben noch keinen aufgemacht. Aber wir werden es mit Sicherheit noch tun.

    Auf was genau werden Sie dann anstoßen?

    Bolza-Schünemann: Darauf, dass es dieses Unternehmen geschafft hat, 200 Jahre als Industrieunternehmen zu bestehen und dabei sehr viele Höhen und Tiefen durchlebt hat – da möchte ich gar nicht mit den beiden Weltkriegen anfangen –, dass wir viele Wirtschaftskrisen, die Finanzkrise, die Medienkrise gemeistert haben. Wir feiern in erster Linie, dass es dem Management und allen Mitarbeitern über die 200 Jahre gelungen ist, Koenig & Bauer auf Kurs und in Fahrt zu halten.

    Sprechen wir über den Medienwandel im Zeichen des Internets. Sie stellen Druckmaschinen her. Lesen Sie selbst noch etwas Gedrucktes?

    Bolza-Schünemann: Selbstverständlich. Ich habe gerade auf meinen Reisen immer ein Buch dabei.

    Was machen Internet und Digitalisierung aus Ihrem Unternehmen?

    Bolza-Schünemann: Wir sind wie vor 200 Jahren nach wie vor ein Druckmaschinenbauer. Was sich völlig verändert hat, sind die Produkte, die mit unseren Maschinen hergestellt werden. Friedrich Koenig hat mit der Zeitungsmaschine angefangen. Das war die Domäne dieses Hauses bis in die 1990er Jahre. Das hat sich sehr verändert durch das Leseverhalten, durch das Internet und durch verändertes Werbeverhalten. Wir haben deshalb große Geschäftsbereiche aufgeben müssen, wenn ich etwa an den Tiefdruck denke. Die Rolle der Zeitung ist heute sehr klein geworden, wenngleich sie nach wie vor wichtig ist. Wir haben unsere Aktivitäten sehr auf Verpackungsdruck in jeglicher Form verlagert.

    Gutes Stichwort: Heute ist ja das Einkaufen im Internet populär. Was ich online einkaufe, muss zum Versand verpackt werden. Mehr Online-Käufe, mehr Verpackungen – spürt Koenig & Bauer etwas davon?

    Bolza-Schünemann: Selbstverständlich. Die Faltschachtel wächst, die flexible Verpackung wächst, die Wellpappe als solche wächst in der ganzen Welt. Das ist maßgeblich dem Onlinehandel geschuldet. Deshalb haben wir vor zirka einem Jahr beschlossen, wieder in den Flexodruck auf Wellpappe einzusteigen, weil wir hier Geschäft in der Zukunft sehen.

    Heißt das, dass Koenig & Bauer mittelfristig nur noch auf Verpackung macht und sich von Zeitungen und ähnlichem verabschiedet?

    Bolza-Schünemann: Als zeitungsaffiner Mensch hoffe ich es natürlich nicht. Auf der anderen Seite haben wir gegenüber den Mitarbeitern, den Aktionären und Stakeholdern die Verpflichtung, das Unternehmen gut am Leben zu halten. Deshalb müssen wir uns dem Wandel der Zeit stellen und unsere Expertise, unser Know-how dort einsetzen, wo es Geschäfte gibt.

    Fit@all war der Name für das Programm, mit dem Koenig & Bauer vor etwa vier Jahren begann, in der Krise das Ruder herumzureißen. Sie mussten damals Werke schließen und Mitarbeiter entlassen. Haben Sie seither mal mit einem der Entlassenen gesprochen?

    Bolza-Schünemann: Ja, mehrfach.

    Um was ging es in den Gesprächen? Wie sind Ihnen diese Mitarbeiter begegnet?

    Bolza-Schünemann: Nun, da war mittlerweile schon eine Zeit vergangen, der erste Schock war bei dem Betroffenen vorbei. Und einige von denen haben auch verstanden, dass wir unser Unternehmen völlig verändern mussten.

    Legen Sie mal alle Bescheidenheit ab: Der Erfolg von Fit@all, das Ruder herumgerissen zu haben – ist das Ihr Verdienst?

    Bolza-Schünemann: Nein. Das war ein kleines Team, das exzellent zusammengearbeitet hat. Wir hatten eine sehr gute externe Beratungsgesellschaft, die uns geholfen hat. Und am Ende haben alle zum Erfolg beigetragen.

    Was raten Sie dem Manager eines Unternehmens, das in einer ähnlichen Situation steckt wie Koenig & Bauer vor einigen Jahren? Wie lautet Ihr Erfolgsrezept gegen Krisen?

    Bolza-Schünemann: Copy and Paste geht nicht. Es geht in jedem Unternehmen anders zu. Das Allerwichtigste ist, den Mitarbeitern offen und ehrlich gegenüberzutreten. Man muss versuchen, ihnen so weit wie möglich zu erklären, warum diese Maßnahmen notwendig sind.

    Wie viele Stunden hatte Ihr Arbeitstag in den Jahren der Krise, wie viele hat er jetzt?

    Bolza-Schünemann: Das ist ziemlich gleich. Mein Arbeitstag hat mal zehn, mal elf, manchmal zwölf Stunden. Das ist völlig normal.

    Sie waren von 2007 bis 2010 Präsident der Industrie- und Handelskammer in Würzburg. In der IHK ist der Fachkräftemangel in der Region ein Top-Thema. Wären Sie heute noch Präsident, was müsste aus Ihrer Sicht getan werden, um die Herausforderung Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen?

    Bolza-Schünemann: Wir sind hier im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland recht gut dran. Der Fachkräftemangel ist sehr punktuell. Ich denke, das ist fast schon ein psychologisches Problem, weil viele junge Menschen heute am liebsten an der Tastatur arbeiten und sehr schnell vergessen, dass wir ohne physische Dinge gar nicht leben können. Das heißt, wir brauchen auch Mitarbeiter, die mit den Händen was tun. Das sehen Sie bei uns in der Fabrik. Wir konstruieren zwar am Bildschirm, das ist wunderbar. Wir können virtuell durch die Druckmaschinen laufen – aber wir müssen diese Maschinen auch bauen. Das gilt für die Industrie genauso wie für das Handwerk. Es gibt keinen Mangel an Menschen. Das Wichtigste ist, junge Menschen für eine Ausbildung zu begeistern, die weg vom Smartphone und vom Bildschirm ist.

    Wo spürt Koenig & Bauer einen Fachkräftemangel?

    Bolza-Schünemann: Wir haben Schwierigkeiten im Großmaschinenbau, im Fertigungsbereich, in der Gießerei. Es ist dort zwar hochinteressant, aber das sind keine einfachen Arbeitsplätze. Dreischichtbetrieb. Das sind Bedingungen, die muss man mögen. Die müssen in die Lebensplanung der Mitarbeiter passen. Auch der Bereich Außenmontage: Da gibt es angenehme Länder. Aber in Bangladesch, Indien oder Nigeria über mehrere Wochen oder Monate Maschinen zu installieren, ist kein reines Vergnügen.

    Sie sind 61 Jahre alt. Wie lange wollen Sie noch Vorstandsvorsitzender sein?

    Bolza-Schünemann: Darüber entscheidet alleine unser Aufsichtsrat. Und das ist natürlich von meiner Gesundheit und der eigenen Leistungsfähigkeit abhängig. Ich mache kein Geheimnis draus: Mein Arbeitsvertrag läuft bis 30. September 2019 und ich gehe davon aus, dass rechtzeitig darüber befunden wird, ob dieser verlängert wird – oder nicht.

    Könnte er noch verlängert werden?

    Bolza-Schünemann: Von meiner Seite aus ja. Aber fragen Sie mich nochmal in zwei Jahren. Die Welt dreht sich schnell.

    Im Mai hat Ihr Unternehmen den Vorstand von zwei auf fünf Mitglieder erweitert. Sind das Anzeichen dafür, dass es einen Wandel geben und sich ein Nachfolger für Sie finden soll?

    Bolza-Schünemann: Aus meiner Sicht nein. Aber da bin ich der falsche Adressat, denn für Vorstandsangelegenheiten ist der Aufsichtsrat verantwortlich. Die Vorstandserweiterung ist maßgeblich neuen Aufgaben geschuldet.

    Vervollständigen bitte diesen Satz: Koenig & Bauer wird in zehn Jahren. . .

    Bolza-Schünemann: . . .mit hoher Wahrscheinlichkeit genauso gut dastehen wie heute.

    200 Jahre Koenig & Bauer Mit einem Tag der offenen Tür steigt am Samstag, 23. September, in Würzburg der Höhepunkt der 200-Jahrfeier von Koenig & Bauer (9 bis 17 Uhr). Auf dem Werksgelände in der Friedrich-Koenig-Straße 4 (neuer Hafen) wird es neben Vorführungen mit alten und neuen Druckmaschinen auch Werksführungen geben. Die Bewirtung der Gäste wird nach KBA-Angaben in einem Festzelt sein. Für Kinder stehen unter anderem ein Karussell und eine Hüpfburg zur Verfügung. 1817 nahmen Friedrich Koenig und Andreas Bauer im Kloster Oberzell am Rand von Würzburg eine Schnellpressenfabrik in Betrieb. Das war nach KBA-Darstellung die erste Fabrik ihrer Art in der Welt. Heute ist das Unternehmen ein weltweit agierender Konzern mit gut 5300 Mitarbeitern und einem Umsatz von 1,2 Milliarden Euro (2016). Vorstandsvorsitzender Claus Bolza-Schünemann – verheiratet, vier Kinder – steht seit 2011 an der Spitze des Vorstandes. aug

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