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Röttingen: Winkler Design: Auf was es in einer Kantine ankommt

Röttingen

Winkler Design: Auf was es in einer Kantine ankommt

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    Alles andere als eine reine Essensausgabe: Die Firma Winkler Design in Röttingen plant, baut und installiert solche Kantinen wie hier in der Sparkasse Düsseldorf.
    Alles andere als eine reine Essensausgabe: Die Firma Winkler Design in Röttingen plant, baut und installiert solche Kantinen wie hier in der Sparkasse Düsseldorf. Foto: Wolfgang Schmitt/Winkler Design

    Die Kantine gilt als die Seele eines Unternehmens. Der soziale Faktor dort ist groß, die Liebe zur Arbeit geht auch durch den Magen. Deshalb messen Chefs der Kantine gerne einen hohen Stellenwert bei. Vorbei ist das Klischee, dass den hungrigen Arbeitern das Essen auf den Teller geknallt wird wie im Straflager.

    Weil eine Kantine einen solch hohen Stellenwert hat, sollte sie gut geplant sein. Das ist seit 25 Jahren das Metier von Rudi Schmitt. Der Werksleiter von Winkler Design in Röttingen (Lkr. Würzburg) muss sich in die Abläufe eines Unternehmens hineindenken, um den Kunden mehr zu liefern als nur eine reine Essensausgabe.

    "Die Kantine war früher notwendiges Übel. Das hat sich komplett gewandelt."

    Werksleiter Rudi Schmitt von Winkler Design in Röttingen

    "Die Kantine war früher notwendiges Übel. Das hat sich komplett gewandelt", weiß Schmitt. Wann ist im Betrieb des Kunden welche Schicht zu Ende, in welcher Anzahl und in welchen Phasen kommen die Gäste, wie lange sind für gewöhnlich deren Pausen, gibt es Gleitzeit? "Das muss man für die Planung alles abfragen", sagt Schmitt.

    Weil er von jedem Kunden dazu andere Antworten bekommt, sei jede Winkler-Kantine oder -Großküche ein Unikat. Schon deshalb, weil viele Unternehmer ihre Kantine auch als Vorzeige- und Prestige-Objekt ansehen. Frei nach dem Motto: Schaut her, wir haben eine tolle Kantine, also sind wir auch eine tolle Firma. So habe sich das Wesen der Kantine in jüngster Vergangenheit "komplett geändert", erzählt Schmitt.

    Welche Rolle die Kantinen zum Beispiel bei ZF spielen

    Das sieht man zum Beispiel bei einem der größten Arbeitgeber in Mainfranken ähnlich, beim Automobilzulieferer ZF in Schweinfurt. Das Wohlergehen der Mitarbeiter am Arbeitsplatz sei sehr wichtig, teilt ZF-Sprecher Michael Lautenschlager mit. "Die Kantinen sind als sozialer Treffpunkt in den Pausen dafür von entscheidender Bedeutung." Der Konzern bezuschusse die fünf Kantinen in Schweinfurt pro Jahr "mit einem hohen sechsstelligen Betrag".

    Bei Winkler Design in Röttingen werden unter der Regie von Werksleiter Rudi Schmitt die Kantinen-Einrichtungen geplant und gebaut.
    Bei Winkler Design in Röttingen werden unter der Regie von Werksleiter Rudi Schmitt die Kantinen-Einrichtungen geplant und gebaut. Foto: Jürgen Haug-Peichl

    Auch der Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer in Würzburg misst der Kantine eine besondere Rolle zu, die in den Arbeitsalltag der Belegschaft hineinstrahle, so Sprecherin Dagmar Ringel. Abgetrennt zum Beispiel durch Pflanzen und auf verschiedenen Ebenen gebe es einen mit Sesseln bestückten Bereich, der für Besprechungen genutzt werden könne - "auch außerhalb der Essenszeiten".

    Zu einem Dübel-Konzern kam sogar Harald Wohlfahrt 

    Wie man mit seiner Kantine mitarbeiterfreundliche Pirouetten drehen kann, hat der Dübel-Konzern Fischer im Schwarzwald bewiesen und es damit 2017 sogar in das renommierte Magazin "Wirtschaftswoche" geschafft. Bei Fischer tischte einmal in der Woche Spitzenkoch Harald Wohlfahrt edle Speisen auf. „Es lohnt sich, dass die Mitarbeiter ein sehr gutes Essen bekommen“, wird Fischer in dem Magazin zitiert.

    Dass der Gang in die Kantine hier und da für die Mitarbeiter ein besonderes Ereignis sein soll, hat auch Rudi Schmitt in Röttingen beobachtet. Aktionstheken und Live-Kochen vor den Gästen würden immer populärer. Auch deshalb, weil die Kantine gerne "wie ein Restaurant" angesehen und für öffentliche Veranstaltungen genutzt werde.

    Winkler Design hat schon ganz große Namen beliefert

    Bis zu fünf Millionen Euro kann eine Kantine von Winkler Design schon mal kosten. BMW, Daimler, Siemens, Springer Verlag, s.Oliver in Rottendorf bei Würzburg: Schmitt war schon bei ganz großen Adressen am Werk, um seine schlüsselfertigen Einrichtungen einzubauen. Einrichtungen, in denen zum Teil mehrere tausend Menschen am Tag stilvoll satt werden sollen.

    Zu der Winkler-Belegschaft gehört laut Schmitt auch ein Küchenmeister. Er kenne die klassischen Handgriffe eines Kochs und sei deshalb bei der Planung wichtig. Da spiele auch der Aspekt der richtigen Lagerung der Lebensmittel hinein. Denn der Trend gehe in den Kantinen zu regionalen Zutaten - das bedeute tägliche Anlieferung und damit andere Bevorratung als bei Essen aus Tüten und Dosen.

    Was Winkler Design mit der Eisenbahn zu tun hat

    Obwohl in dem Werk von Winkler Design viel gesägt, geschliffen und geschraubt wird, hat sich zu dieser Handarbeit längst auch die Digitalisierung gesellt. Es gebe Kantinen, so Schmitt, deren Küchen per App aus der Ferne gesteuert werden können. Der Koch bereite hier das Mittagessen schon am Vortag zu, stelle es in den Ofen, der dann am Morgen mit der App angeschaltet werde. So seien die Mahlzeiten früher fertig, es bleibe Zeit für andere Arbeiten.

    Solche Einrichtungen für Bordrestaurants in Zügen stellt Winkler Design in Röttingen her. Und eben Kantinen für Firmen: Werksleiter Rudi Schmitt kann deshalb viel darüber erzählen, wie sich deren Stellenwert in Unternehmen verändert hat.
    Solche Einrichtungen für Bordrestaurants in Zügen stellt Winkler Design in Röttingen her. Und eben Kantinen für Firmen: Werksleiter Rudi Schmitt kann deshalb viel darüber erzählen, wie sich deren Stellenwert in Unternehmen verändert hat. Foto: Jürgen Haug-Peichl

    Mit seinen 70 Mitarbeitern macht Schmitt im Durchschnitt 15 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Ein Viertel entfällt auf Bordrestaurants in Zügen. Fast alle ICE-Typen in Deutschland habe er schon beliefert. Auch Eisenbahngesellschaften in den USA oder in Namibia seien unter seinen Kunden, erzählt Schmitt stolz.

    Konkurrenz hat Winkler Design in dieser Sparte laut Schmitt kaum. Das bald 100 Jahre alte Unternehmen gehört seit 1995 zur Wirthwein AG im nur wenige Kilometer entfernten Creglingen (Main-Tauber-Kreis), die neben Unternehmen der Automobil-, Hausgeräte- und Medizintechnik-Industrie auch die Bahn mit Kunststoffteilen beliefert.

    In den Zügen spielen freilich ganz andere Faktoren eine Rolle als bei einer herkömmlichen Firmenkantine. So müssen dem Winkler-Chef zufolge all die Tresen und Schränke in einem Bordbistro so mit dem Untergrund verschraubt sein, dass sie das Dreifache ihres Gewichts aushalten - damit sie bei einer Vollbremsung des ICE nicht aus der Verankerung fliegen.

    Beispiele aus Mainfranken: Kantinen und ihre Philosophies.Oliver: Der Modekonzern hat an seinem Stammsitz (2000 Mitarbeiter) in Rottendorf bei Würzburg zwei Kantinen, in denen pro Tag etwa 750 Mittagessen ausgegeben werden. Wie Personal-Direktor Thomas Lurz mitteilte, werde das "s.Oliver Casino" auch abseits der klassischen Essenszeiten "gern für Termine oder Gespräche zwischen Kollegen genutzt". Das es eine Bühne gebe, finden laut Lurz dort auch Veranstaltungen statt. "Das Casino hat für die Geschäftsführung einen sehr hohen Stellenwert, da es zum Wohlergehen und Wohlbefinden der Mitarbeiter beiträgt und es für s.Oliver zur Fürsorgepflicht als Arbeitgeber gehört, die Mitarbeiter gut zu versorgen", betont Lurz.ZF: Der Automobilzulieferer mit seinen 9500 Mitarbeitern in Schweinfurt hat dort fünf Kantinen. Sie stünden der Belegschaft auch für den sozialen "Austausch in entspannter Atmosphäre" zur Verfügung, so Sprecher Michael Lautenschlager. Schon deshalb seien die Kantinen der Geschäftsleitung ein wichtiges Anliegen. Für die Verpflegung ist ein hundertprozentiges Tochterunternehmen von ZF zuständig.Bosch Rexroth: Das Industrieunternehmen mit allein etwa 5500 Mitarbeiter in Lohr hat dort sowie an den Standorten Schweinfurt, Volkach und Augsfeld insgesamt neun Kantinen. Sie würden auch für Besprechungen genutzt, heißt es aus der Pressestelle. Eine Besonderheit ist das "Lunch-Roulette": In einer internen Plattform angemeldete Mitarbeiter bekommen von einem Zufallsgenerator einen "Lunch-Partner" vermittelt. Beide Seiten machen dann einen Termin für ein gemeinsames Mittagessen in der Kantine aus. So lernten sich die Beschäftigten besser kennen, "erhalten interessante Einblicke in andere Arbeitsbereiche und können ihr Netzwerk im Unternehmen erweitern".Schaeffler hat am Standort Schweinfurt (6500 Mitarbeiter) ein zentrales Betriebsrestaurant, ein Gäste-Restaurant sowie drei Verpflegungsshops mit Restaurantbereich. Wie bei Bosch Rexroth gibt es ein "Lunch-Roulette", das bei Schaeffler "Lunch-Bingo" heißt. Das Betriebsrestaurant werde auch für diverse Feiern und Veranstaltungen genutzt, heißt es aus der Pressestelle. Bei dem Industriezulieferer sieht man die Kantine ebenfalls als wichtigen Beitrag zum Miteinander an.Koenig & Bauer: Den 1700 Mitarbeitern des Druckmaschinenherstellers steht in Würzburg eine Kantine mit 210 Plätzen zur Verfügung. Wie Sprecherin Dagmar Ringel weiter mitteilte, gebe es verschiedene Zonen, je nach Gesprächs- oder Ruhebedarf der Nutzer. Ab Sommer stehe zudem eine Dachterrasse zur Verfügung. Direkt an die Kantine angeschlossen sei ein "Campus" für Schulungen und Veranstaltungen. Wie bei allen anderen genannten Unternehmen essen laut Ringel auch bei Koenig & Bauer die Chefs "regelmäßig in der Kantine". Denn die Atmosphäre lade dazu ein, "Themen auf dem kurzen Dienstweg zu besprechen".

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