Der ZF-Konzern will mit einem internen Tarifvertrag zum einen die aktuelle Krise meistern, zum anderen Standorte und Arbeitsplätze zumindest bis Ende 2022 sichern. Die schon 2019 vereinbarte Standortgarantie für die Werke in Schweinfurt bis 2025 gelte "selbstverständlich weiter", sagte ZF-Personalchefin Sabine Jaskula am Freitag bei einer virtuellen Pressekonferenz.
Wie der Autozulieferer in Friedrichshafen mitteilte, sieht der neue Tarifvertrag vor, dass alle deutschen ZF-Niederlassungen bis Ende 2022 erhalten bleiben. In dieser Zeit werde es dort auch keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Der mit der IG Metall und dem Gesamtbetriebsrat ausgehandelte Vertrag sei als Angleichung der Bedingungen an allen ZF-Werken bundesweit zu verstehen.

Bei der Pressekonferenz zum neuen Tarifvertrag sprach ZF-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Achim Dietrich von einem "großen Tag für uns alle". Ähnlich äußerte sich Roman Zitzelsberger von der IG Metall Baden-Württemberg. Er sieht den Vertrag als Modell für andere kriselnde Unternehmen der Autobranche.
Zahl der Ausbildungsplätze soll unverändert bleiben
Der Vertrag für die 50 000 tarifgebundenen ZF-Beschäftigten in Deutschland sieht laut der Mitteilung vom Freitagmorgen auch vor, dass das Unternehmen alle Auszubildenden und dualen Studenten unbefristet übernimmt. Zudem soll die Zahl der Lehrstellen im Konzern auf dem aktuellen Niveau bleiben.
Im Gegenzug verzichtet die Belegschaft in diesem Jahr auf eine für Juli vorgesehene Einmalzahlung von 400 Euro. Der von einer Stiftung der Stadt Friedrichshafen getragene Konzern hat sich wiederum verpflichtet, höhere Zuzahlungen auf das Kurzarbeitergeld zu leisten.
ZF stockt Gehälter auf
Ist die Kurzarbeit an den Standorten zu Ende, die Nachfrage nach ZF-Produkten aber unverändert schwach, dann könne die Arbeitszeit um bis zu 20 Prozent reduziert werden, heißt es in der Mitteilung weiter. Um dann Einkommensverluste der Mitarbeiter abzufedern, will ZF auch hier die Löhne und Gehälter aufstocken. Zahlen wurden nicht genannt.
Der neue Tarifvertrag gibt allen Standorten Hausaufgaben auf: Sie müssten jetzt "ein Zukunftsbild" entwickeln, mit welchen Produkten und Investitionen jeweils die Beschäftigung der Mitarbeiter auch über 2022 hinaus gesichert werden kann, so ZF.
Genau zu diesem Zweck kamen am Freitagnachmittag in Schweinfurt die Standortleitung und der Betriebsrat zusammen. Der neue Tarifvertrag sei als "absolut positiv" anzusehen, sagte Betriebsratschef Oliver Moll auf Anfrage. Der Betriebsrat werde am Montag weitere Schritte im Zuge des neuen Tarifvertrages besprechen und dazu die örtliche IG Metall einschalten.
ZF ist einer der größten Autozulieferer weltweit
ZF hatte in den vergangenen Wochen mit der Ankündigung für Schlagzeilen gesorgt, vor allem in Folge der Corona-Krise Stellen abbauen zu wollen – 15 000 weltweit, die Hälfte davon in Deutschland. Die im ZF-Vorstand sitzende Personalchefin Jaskula bestätigte am Freitag die Zahl 15 000.
Mit einer Menschenkette hatten noch an diesem Donnerstag in Schweinfurt Beschäftigte gegen die aus ihrer Sicht unsichere Lage demonstriert. In welchem Maße an dem ZF-Standort Jobs wegfallen werden, könne er nicht sagen, so Betriebsrat Oliver Moll am Freitag.

Der anvisierte Stellenabbau stehe mit dem jetzt vereinbarten Tarifvertrag nicht im Widerspruch, so der Hinweis aus der ZF-Pressestelle in Friedrichshafen. Es gehe nicht um Kündigungen, sondern um eine eher rechnerische Verringerung der Stellenzahl und um Flexibilität beim Einsatz des Personals.
In diesem Zusammenhang bringt ZF Abfindungen und Altersteilzeitregelungen ins Gespräch. Damit solle die Kapazität in den Werken kurzfristig angepasst werden können. Zudem bietet der Konzern den Mitarbeitern "Sabbaticals", also Auszeiten, und Fortbildungen an. Wie viel Verlust ZF heuer erwartet, will das Unternehmen am 7. August bekanntgeben.

Jaskula sieht das Ende der Durststrecke noch nicht erreicht. Der neue ZF-Tarifvertrag "gibt uns keine Garantien, keine Sicherheit", so die Personalchefin. Die wirtschaftliche Herausforderung der Corona-Krise und der Wandel der Autobranche würden weiterhin "schwierige Entscheidungen erfordern". Immerhin sei der Konzern jetzt aber "für die nächsten Etappen vorbereitet".
ZF ist einer der größten Autozulieferer weltweit und hat allein in Schweinfurt etwa 9000 Mitarbeiter. Das Unternehmen hat sich im Zuge der Mobilitätswende vom Verbrennungsmotor verabschiedet und setzt nun auf Elektroantriebe – vor allem in Form von sogenannten Plug-in-Hybriden. Schweinfurt ist der Sitz der als ZF-Division bezeichneten Konzernsparte Elektromobilität und hat damit eine besondere Rolle.
