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WÜRZBURG/HEIGENBRÜCKEN: Warum ein Geldschein 100.000 Euro wert ist

WÜRZBURG/HEIGENBRÜCKEN

Warum ein Geldschein 100.000 Euro wert ist

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    Thomas Rossbergs Lieblingsschein: ein „Sammlermuster“. Die Originalscheine wurden Anfang 1925 aus Restbeständen der Reichsbank überdruckt und als Erinnerung an verdiente Persönlichkeiten ausgegeben. Das war notwendig, da der Umtausch gegen die neue Währung noch bis Mitte 1925 lief. Heute sind die sehr seltenen Stücke 1500 bis 3000 Euro wert.
    Thomas Rossbergs Lieblingsschein: ein „Sammlermuster“. Die Originalscheine wurden Anfang 1925 aus Restbeständen der Reichsbank überdruckt und als Erinnerung an verdiente Persönlichkeiten ausgegeben. Das war notwendig, da der Umtausch gegen die neue Währung noch bis Mitte 1925 lief. Heute sind die sehr seltenen Stücke 1500 bis 3000 Euro wert. Foto: Foto: Thomas ROssberg

    Die ersten Geldscheine gab es im 7. Jahrhundert in China, das erste Notgeld aus Papier in Europa gab es in Spanien 1483 unter maurischer Besatzung, erste Banknoten in Europa im 17. Jahrhundert in Schweden. Heute sind es rund drei Millionen verschiedene Geldscheine weltweit. Viel Stoff für Sammler! Verglichen mit der Numismatik und Philatelie, dem Sammeln von Münzen oder Briefmarken, ist die Notaphilie vielleicht nicht ganz so verbreitet. Doch wie vielfältig sie ist, erklärt Thomas Rossberg. Der Sammler, Fachmann und Spezialist aus Goldbach (Lkr. Aschaffenburg) hat das jährliche Großtreffen organisiert, zu dem Händler und Sammler aus ganz Deutschland am Wochenende nach Unterfranken kommen.

    Frage: Herr Rossberg, Scheine im Portemonnaie hat jeder gern. Wieso aber sammelt man Geldscheine, die nicht zum Ausgeben gedacht sind?

    Spezialist für alte Banknoten: der Goldbacher Thomas Rossberg.
    Spezialist für alte Banknoten: der Goldbacher Thomas Rossberg. Foto: Foto: Rossberg

    Thomas Rossberg: Es gibt Sammler, die alte, ungültige Geldscheine sammeln und auch gerade aktuelle aus der ganzen Welt. Man sammelt nach Motiven, einem Land, Tiere, Pflanzen, Fahrzeuge – also alles Themen aus dem Leben. Manche sammeln nur Banknoten mit Schildkröten drauf. Oder mit Segelschiffen. Oder mit Mathematikern. Das neueste Gebiet sind Euronoten. Hier versuchen die Sammler von jedem Land der EU, von jeder Druckerei einen vollständigen Satz zu bekommen. Unter den Euronoten gibt es schon ganz extrem seltene Varianten.

    Es geht gar nicht unbedingt um das Alter und um Schönheit? Es werden tatsächlich schon Euros gesammelt? Was sind sie denn dann wert?

    Rossberg: Ja, und ob! Es gibt auch hier sogenannte Chargen, die in einer geringen Auflage gedruckt wurden, sehr schwer zu finden. Bei einer Stückzahl von beispielsweise 30 000 Stück verteilt sich das unauffindbar auf Europa und die Welt. Für manchen 5-Euro- Schein bezahlen Spezialsammler auch mal 30, 40 Euro. Für seltenere Euros – zum Beispiel ein 200er der ersten Serie mit Unterschrift des Zentralbankpräsidenten Wim Duisenberg aus Italien – können Sie schon 300 Euro ansetzen, das sind 50 Prozent über Nominalwert.

    Was für Geschichten erzählen die Geldscheine? Was verraten sie über Kultur und Land?

    Rossberg: Banknoten erzählen in den meisten Fällen – Euro ausgenommen – die Geschichte des jeweiligen Landes, Errungenschaften und Personen, auf die man stolz ist. So wie eben auch seltene Tiere gezeigt werden, die halt nur dort vorkommen. Banknoten sind das Kulturgut eines Landes schlechthin.

    Woher stammen die wertvollsten Noten?

    Rossberg: Das ist schwer zu sagen. Jedes Land hat da ein paar gute zu bieten. In Deutschland geht es auch mal bis 50 000 oder 100 000 Euro für ein besonders seltenes Exemplar, das ist aber die Ausnahme. Es wurden schon weltweit Banknoten für einen Millionenbetrag verkauft. Hier gilt auch Interesse und Nachfrage.

    Bekanntes Zitat: „Geldscheine sind Visitenkarten der Länder“. Was sagen die deutschen Geldscheine über Deutschland – einst und heute?

    Rossberg: Die Scheine der Frühzeit 1871 bis 1914 zeigen Symbole des Kaisers, besonders ein „Flottenhunderter“ von 1908 mit der Kriegsmarine auf See auf der Rückseite. In der Zeit der Inflation sieht man die steigenden hohen Summen Tausende, Millionen, Milliarden, Billionen. Die DM war eine Denker- und Dichterserie. Und die DDR hatte ihre Idole Marx und Engels abgebildet. Das sagt doch schon viel über das Verständnis.

    Woher stammen die schönsten Geldscheine?

    Rossberg: Das sieht jeder Sammler anders, Geschmack ist bekanntlich verschieden. Aber die Scheine aus Afrika der 50er bis 70er Jahre, die in Frankreich gedruckt wurden – die stechen schon heraus. Auch das China der 1910er bis 1940er Jahre war sehr kreativ.

    Wenn Schönheit nicht alles ist – worauf kommt es an? Was macht eine Banknote wertvoll?

    Rossberg: Nicht unbedingt das Alter. Die Frage ist zum Beispiel: Wie viel wurde davon gedruckt? Nur 500 Stück oder 20 Millionen? Welches Nominal, 10 oder 1000? Wer hat signiert? Wer hat gedruckt? Gibt es das Land noch? Zansibar ist da ein gutes Beispiel. Es sind sehr viele einzelne Punkte, die einen Schein wertvoll machen können. Und ganz wichtig: die Erhaltung, wie wir sagen.

    Erhaltung?

    Rossberg: Ist der Schein gebraucht, zerrissen und ganz labbrig – oder sieht er aus wie frisch aus der Druckerei. Eine schlechte Erhaltung mindert den Wert gewaltig. Manche 100 Jahre alten und noch älteren Scheine sind perfekt! Sei es, weil sie bei der Notenbank gleich in Bündeln in den Tresor gewandert sind und nie in Umlauf kamen. Sei es, weil ein Auftrag bei der Druckerei storniert wurde und es die Noten eigentlich gar nicht geben dürfte. In der Sammlerschaft ist guter Erhalt sehr wichtig. Umso perfekter erhalten, umso wertvoller. Ich persönlich mag den gebrauchten Schein. Weil er eine Geschichte hat und individuell ist.

    Was tun, wenn man alte Banknoten auf dem Dachboden findet oder Opas Sammlung erbt?

    Rossberg (schmunzelnd): Dann sollte man sich an uns wenden. Und dann dämpfe ich erst einmal die Erwartungen, schon bevor ich das Album aufschlage.

    Wieso das?

    Rossberg: Viele kommen mit einer Sammlung und riesengroßen Erwartungen. Zu 99 Prozent werden diese tief enttäuscht. Der größte Teil, der gesammelt wird, ist keine Zehntausende Euro wert. Ich bin zertifizierter Gutachter und Sachverständiger für Papiergeld und papiergeldähnliche Zahlungsmittel. Wir helfen bei der Wertanalyse und suchen, wenn gewünscht, geeignete Interessenten. Wir verkaufen im Namen der Kunden, oder geben die Banknoten in Auktionen weltweit, seriös und diskret. Es gibt leider sehr windige Aufkäufer. Wir beraten auch, ob die geerbte Sammlung nicht vielleicht weitergeführt werden kann, als Erinnerung. Das ist aber leider die Ausnahme.

    Wie sind Sie eigentlich auf den Geldschein gekommen?

    Rossberg: Zufall. Ich bin 20 Mal umgezogen. Und beim vorletzten Mal auf eine Kiste gestoßen, die quasi 20 Jahre lang ungeöffnet war und in die ich dann doch mal geschaut habe: Drin war ein uralter Krug von meiner Oma, in dem es klapperte. Da steckten gerollte Geldscheine drin. Ich habe in Katalogen gesucht und recherchiert. Das war das Lehrlingsgeld von meiner Oma, aus der Inflationszeit, absolut wertvoll. Aber beim Suchen habe ich gesehen, welche Vielfalt es gibt. Und dann fängt man halt mal an, auf dem Flohmarkt zu kramen und zu wühlen und nimmt was mit, weil es exotisch ist.

    Wenn jemand neu mit der Notaphilie beginnen möchte – wie fängt man an? Worauf sollte man beim Sammeln achten?

    Rossberg: Man sollte sich nicht gleich in den Kaufrausch stürzen, das geht in die Hose. Man sollte sich überlegen, was man sammeln möchte, also ein Thema suchen. Und dann ist die Frage, was man bereit ist, dafür auszugeben. Es muss ja gesagt sein, dass es kein billiges Hobby ist, obwohl man auch mit wenig Geld zu einer beachtlichen Sammlung kommen kann. Wichtig sind Literatur und Recherche, natürlich auch Preisvergleiche bei verschiedenen Händlern.

    Also, wie teuer ist das Hobby denn?

    Rossberg: Nach oben offen. Als privater Sammler gab es schon Monate mit Ausgaben von bis zu 3000 Euro, je nach Angebot.

    Oha, verstehe! Aber wenn eine Deutsch-Ostafrika Buschnote schon 1200 Euro kostet. Man sollte also als Geldscheinsammler ein paar Scheine flüssig haben . . .

    Rossberg: Ich sehe, Sie haben recherchiert. Das ist schon ein gutes Stück gewesen, wurde erst letzte Woche verkauft. Es ist aber nur der untere Teil vom Eisberg. Wie viel Geld ein Sammler braucht? Man kann auch mit fünf Euro im Monat sammeln, das geht. Aber es ist schon wahr, dass der größte Teil der Sammler einen besseren finanziellen Hintergrund hat.

    Kann man auch Fälschungen sammeln?

    Ein Geldschein aus Deutsch-Neuguinea von 1914, ehemals Kaiser Wilhelm Land, Kostenpunkt 250 000 Euro. Die Noten wurden auf See auf einfaches Butterbrotpapier gedruckt und vom Kapitän unterschrieben. Von dieser Note gibt es eigentlich nur noch zwei offiziell.
    Ein Geldschein aus Deutsch-Neuguinea von 1914, ehemals Kaiser Wilhelm Land, Kostenpunkt 250 000 Euro. Die Noten wurden auf See auf einfaches Butterbrotpapier gedruckt und vom Kapitän unterschrieben. Von dieser Note gibt es eigentlich nur noch zwei offiziell. Foto: Foto: Thomas Rossberg

    Rossberg: Ein sehr interessantes Gebiet. Es gibt ja schon Fälschungen aus ganz alter Zeit, die sind teilweise seltener und wertvoller als das Original selbst. Das betrifft hier auch die Pfundnoten der Operation Bernhard aus dem Zweiten Weltkrieg. Hier ist das Original weniger wert. Ich persönlich nehme sehr gern Fälschungen ins Portfolio, sie erzählen auch eine Geschichte: von Not, von Inflation, von Gier.

    Was war die exotischste Note, die Sie je in Händen hielten – und was war sie wert?

    Rossberg: Ein Geldschein aus Deutsch-Neuguinea von 1914, ehemals Kaiser Wilhelm Land, Kostenpunkt 250 000 Euro. Die Noten wurden auf See auf einfaches Butterbrotpapier gedruckt und vom Kapitän unterschrieben. Von dieser Note gibt es eigentlich nur noch zwei offiziell. Eine in Australien in der Nationalbank, eine bei einem privaten Sammler.

    Und inoffiziell?

    Rossberg: Gibt es noch zwei Stück.

    Geheimnisvoll. Wie groß ist die Sammlerszene eigentlich? Wie viele Geldscheinsammler gibt es? Wie sieht es in anderen Ländern aus?

    Rossberg: Es wird weltweit gesammelt, teilweise sehr exzessiv. In Deutschland gehen wir von circa 10 000 aktiven Sammlern aus, Dunkelziffer unbekannt. Weltweit sind es Millionen, nicht übertrieben.

    Wie unterscheidet sich der Banknotensammler vom Briefmarkensammler?

    Rossberg: Das sind zwei komplett verschiedene Welten. Der Markensammler ist eher in seinem Stübchen daheim, der Banknotensammler ständig auf Achse und unterwegs zu Börsen und Treffen. Der Austausch, das Gespräch untereinander und Plaudern ist wichtig. Der Briefmarkensammler ist eben anders. Auch Münzsammler sind ein anderer Typus.

    Gerade bei Briefmarkensammlern, Münzsammlern fehlt der Nachwuchs, hört man. Wächst die Notensammlerszene denn noch?

    Rossberg: Es scheint ab und zu zu stagnieren, es kommt aber immer wieder ein Schwung nach, sei es durch das Weiterführen eines Erbes, weil ein Verwandter sammelt, oder auch, weil jemand zu Geld gekommen ist. Es hält sich die Waage – wobei im Briefmarkensektor der Schwund schon enorm ist. Bei Geldscheinen sehe ich kein Ende.

    Was sammeln Sie selbst privat?

    Rossberg: Geldscheine der Inflation 1919 bis 1924 und alte südamerikanische Noten der 1860er bis 1890er Jahre.

    Ihr Lieblingsschein?

    Rossberg: Ein 100 Billionen Mark Schein von 1923.

    Dann, Schlussfrage: Für eine Abschaffung des Bargelds sind Sie nicht, oder?

    Rossberg: Was für eine Frage! Nie im Leben!! Es ist mein Leben.

    Sammlertreffen und große Börse Thomas Rossberg ist 49 Jahre alt und arbeitet in einer metallverarbeitenden Firma in Laufach im Landkreis Aschaffenburg. Weil er neben dem Fußball (als Spieler und Trainer) noch etwas „für den Kopf“ machen wollte, kam er auf die Notaphilie, dem Geldschein-Sammeln. Er schätzt vor allem die wissenschaftliche Forschung zu alten Banknotenthemen und hat dazu auch publiziert. Seit zwei Jahren ist Thomas Rossberg Erster Vorstand des Internationalen Banknoten-Sammlerverein banknotesworld.com e.V. mit Sitz in München. In diesem Jahr organisiert er das Herbsttreffen des Vereins. Notaphilie, die Papiergeldkunde bzw. das Sammeln von Weltbanknoten, Ländergeldscheinen und Notgeldscheinen, ist ein weites Feld. Weil vor drei Jahren in München das bundesweit letzte Ladengeschäft für Geldscheine schloss, eröffnete Thomas Rossberg mit seinem Partner Curt Banspach in diesem Jahr im Nebenerwerb einen eigenen Laden in Goldbach: „Rbcurrency Germany“. Kontakt und Infos: rbcurrency.com Sammlertreffen und Börse: An diesem Samstag, 17. November, kommen wieder weit über 100 Papiergeldsammler aus ganz Deutschland zum Jahrestreffen zusammen – statt wie in den letzten zehn Jahren in Würzburg erstmals in Heigenbrücken, im Gasthaus „Zur Frischen Quelle“. Zu der Banknoten- und Papiergeld-Börse kommen von 11 bis 17 Uhr Fachleute der Notaphilie-Szene und international bekannte Händler. Auch private Sammler bieten ihre Tauschware an. Große Fachmesse: Am Sonntag, 18. November, findet dann in Würzburg-Lengfeld in der Kürnachtalhalle von 19 bis 16 Uhr zum 81. Mal die Münz-, Geldschein- und Postkartenbörse statt, organisiert von der Sammlergemeinschaft Keesburg.

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