Ein Haufen Holz! ist der erste Eindruck von Koloman Wagners Ausstellung „Raumzeit“ in der Würzburger BBK-Galerie. So voluminös treten die Werke in diesem Saal selten auf. Und so rasch findet das Auge selten vom Erfassen einer bloßen Quantität hin zu der Erkenntnis, dass es hier vor allem um eine Qualität geht – Bewegung. Sagt ja schon der Titel: Der promovierte Physiker Wagner zeigt räumliche Phänomene in einem zeitlichen Ablauf. Die Skulpturen stehen zwar statuarisch fest, leben aber ganz davon, dass sie Ortsveränderungen oder Verformungen darstellen.
Bei der größten Werkgruppe ist Bewegung eindeutig der Ausgangspunkt. Man sieht sie auf einem Video, ausgeführt von einem Tänzer. Die Spuren seiner Extremitäten im Raum hat Koloman Wagner durch Animationen sichtbar, beinahe schon körperlich gemacht. Zu dieser Überformung hängen acht Handzeichnungen aus, Skizzen, wie sich der Tanz kristallisieren lassen könnte. Darunter steht schließlich die Plastik, die die ganze Bewegungsfolge in einem einzigen Block gleichzeitig vor Augen führen könnte – hätte man denn so viele Augen. Tatsächlich muss der Betrachter um die Statue herumgehen, um sie erschöpfend wahrzunehmen. Und eben so löst er die dreidimensionale Bildhauerarbeit wieder in Bewegung und Zeit als vierte Dimension auf.

Ähnlich erschließt sich die Plastik nebenan als Flug einer Taube, die im Gewirr ihrer materialisierten Bahn an Start- und Endpunkt je einmal fast realistisch geschnitzt auftritt. Wagners Technik ist scheinbar einfach: Er leimt passend ausgesägte Holzscheiben aneinander und schleift sie abschließend ein. Wie genau das funktioniert, wird bei näherem Hinsehen freilich immer rätselhafter und bewundernswerter. Das trifft besonders auf die vier Arbeiten wie „Galactic Symphony“ u. dgl. zu, die an gigantische, makellose Girlanden aus dem Bleistiftspitzer erinnern. Wie der Wagner das aber in Wirklichkeit gemacht hat, das lässt einen lange grübeln. Hierfür würde auch ein 3D-Drucker dem Programmierer höchste Kunstfertigkeit abfordern.
Womit wir abschießend bei den sechs Computergrafiken an der Saalrückwand sind, die die Bachsche Cellosonate 1 in G-Dur umsetzen. Hier reicht der EDV-Einsatz tatsächlich recht weit. Urheber ist trotzdem Dr. Koloman Wagner, der das Programm schrieb, das die Klänge visualisiert. Der umgekehrte Weg ist in „Raumzeit“ zu hören, denn der Physiker-Künstler vertonte seine Skulpturen mit digitaler Hilfe. Die Ergebnisse, kurze Klavierwerke, sind in der Ausstellung allesamt zu hören.
Die Ausstellung hat bis 18. Mai Freitag und Samstag von 15 bis 18 Uhr und Sonntag von 11 bis 18 Uhr geöffnet.


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