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MAIN-SPESSART: Der Mercedes unter den Gänsen

MAIN-SPESSART

Der Mercedes unter den Gänsen

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    Freilebendes Federvieh: Irmgard (46 Jahre) und Thomas Wolf (50) mit ihren weißgefiederten Hausgänsen, die auf einer großen Wiese direkt an der Wern leben. Nur in der Nacht müssen sie zum Schutz vor dem Fuchs in den Stall.
    Freilebendes Federvieh: Irmgard (46 Jahre) und Thomas Wolf (50) mit ihren weißgefiederten Hausgänsen, die auf einer großen Wiese direkt an der Wern leben. Nur in der Nacht müssen sie zum Schutz vor dem Fuchs in den Stall. Foto: Foto: Dorothea Fischer

    Ende Juni kamen – wie seit etwa 15 Jahren regelmäßig – 70 Gänseküken und genauso viele Enten auf den Bauernhof von Irmgard und Thomas Wolf nach Eußenheim. Damals waren sie ein bis zwei Wochen alt. Die Tiere wachsen mit viel Freilauf auf der grünen Wiese, direkt an der Wern auf. Nur die Nächte verbringen sie im Stall. „In einem Jahr hatte uns der Fuchs fast 20 Tiere geholt“, sagt Irmgard Wolf. Seitdem sind sie vorsichtiger.

    Die Wolfs sind einer von sehr wenigen Anbietern im Landkreis. Das liegt am hohen Aufwand, der betrieben werden muss. Neben frischem Gras fressen die Gänse bei den Wolfs eine Getreide-Mais-Sojaschrot-Mischung, die zum größten Teil aus dem eigenen Betrieb stammt. Die schneeweißen Tiere bringen zwischen 3,5 und sechs Kilogramm auf die Waage. Noch schnattern sie arglos vor sich hin. Doch bald werden sie im Ofen landen.

    Traditionell zu Martini am 11. November beginnt die Zeit des Gans-Essens. Dann werden auf dem Hof der Familie Wolf die Tiere geschlachtet – ob weiblich oder männlich spielt keine Rolle. Die Enten-Saison beginnt schon früher, im Oktober.

    „Wir schlachten nur auf Bestellung“, erklärt Irmgard Wolf. Fünf bis zehn Tiere pro Woche schaffen sie; in der Hochsaison direkt vor Weihnachten hilft eine Bekannte mit. Hauptsächlich die Kunden des Hofladens, die aus einem Umkreis von etwa 35 Kilometer kommen, würden die großen Vögel kaufen. Es komme aber auch schon mal vor, dass Menschen aus Frankfurt oder Touristen, die im Ort übernachteten, eine Großbestellung aufgeben.

    Zudem kommen Gastronomen aus der Region zu ihnen – zum Beispiel Paul Feser aus Halsbach. Er gehört der Kooperation „Frische aus Main-Spessart“ an. Für die frische Gans, zubereitet mit Beilagen, zahlen seine Gäste gerne etwa 20 Prozent mehr, als für das Fleisch vom Großhändler. Aber der Wirt sagt auch ganz klar: „So viele frische Gänse, wie ich bräuchte, kriege ich hier in Main-Spessart gar nicht.“

    Auch Michael Hüsam aus Billingshausen gehört der „Frische aus Main-Spessart“ an und bietet auf Wunsch Gänsebraten aus der Region. Rund zehn bis 15 Prozent der Gäste nehmen dieses Angebot an, schätzt der Wirt. Doch oft sei nicht die Herkunft dessen, was auf den Tisch kommt, entscheidend, sondern der Preis, sagt er. Für eine Gans aus der Region lege er bei einem Kilopreis von 11,50 Euro rund 60 Euro auf den Tisch. Ein gefrorenes Tier vom Großhändler hingegen koste nur etwa die Hälfte.

    „Wer gesehen hat, wie die Tiere gehalten werden, weiß, dass der Preis angemessen ist“, meint Elsbeth Hüsam, die Seniorchefin. Die Preise spüren auch die Gäste. Das gesamte Essen mit Beilagen kommt etwa zehn Euro teurer als bei der Gefrierfach-Gans.

    Irmgard Wolf weiß, warum ihre Kunden im Hofladen kaufen: „Zu uns kommen Menschen, die wollen ihr Essen nicht nur fertig auf dem Tisch sehen, sondern auch wissen, wo es herkommt.“

    Gänse zu Martini

    Traditionell beginnt am 11. November, dem St.-Martins-Tag, die Saison des Gänsebratens. Gefüllt mit Fleisch und Croutons, eingeweichten Brötchen, Äpfeln oder Pflaumen kommt die Delikatesse zusammen mit Klößen und Blaukraut auf den Tisch.

    Eine Legende soll der Grund für das traditionelle Gänseessen sein: Nach dem Willen des Volkes sollte Martin von Tours zum Bischof geweiht werden. Allerdings hielt er sich selbst unwürdig für ein solches Amt und versteckte sich in einem Gänsestall. Er wurde jedoch gefunden, so die Erzählung, weil die Gänse aufgeregt geschnattert hätten.

    Ganz pragmatisch gedacht: Die Gänse, die sonst auf der Wiese leben, verbringen den Winter im Stall. Dort brauchen sie Futter; das kostet Geld. Also wurden die Tiere geschlachtet und verspeist. Zudem war im Herbst nach der Ernte Zeit für gemeinsame Feste. dfi

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