"Ich weiß, es klingt vielleicht ein bisschen doof, die allerbesten Frauen trifft man auf dem Wertstoffhof. Liebe und Sexualität kann und soll man niemals trennen, Hausmüll dagegen schon." So beginnt ein Song der Band Hermann Skibbe als Huldigung an diejenigen, die bei jedem Wetter draußen arbeiten. Lange Unterhosen, dicke Socken und warme Stiefel gehören momentan zur Kleidung der Mitarbeiterinnen, die den Wertstoffhof in Gemünden gegenüber der Stützpunktfeuerwehr betreuen. Helga Laudenbach teilt sich die Dreitagesschicht mit ihren Kolleginnen Sabine Schmitt und Tatjana Küpker.
Die drei wissen, dass sie alleine die Welt nicht verändern können, aber es entspricht ihrer persönlichen Einstellung, dem Strandgut unserer Wohlstandsgesellschaft die angemessene Wertschätzung entgegenzubringen. Abfälle aller Art sind nicht erst heutzutage eine Begleiterscheinung der Zivilisation. Spätestens seit dem Sesshaftwerden menschlicher Population sind sie ein Problem. "100 bis 200 Kunden pro Woche nutzen den Wertstoffhof und er wird gut angenommen", erklärt Laudenbach. "Andererseits - wenn du nicht trennst, wo willst du dann hin mit deinem Müll?"
Im Minutentakt
Jede Autonummer wird aufgeschrieben, während Pkw mit und ohne Hänger im Minutentakt eintreffen. Bei auswärtigen Kennzeichen, weil es sich um Firmenwagen handelt, werden Name und Adresse des Kunden notiert. Hierher kann der Bürger fast alles bringen, was nicht in die Restmülltonne gehört. In Gemünden, auf einem von mehr als 1500 Wertstoffhöfen Bayerns, erkundigen sich manche vorab, ob vielleicht Karlstadt zuständig sei, was beispielsweise für Problemabfälle wie Lacke und andere Chemikalien der Fall wäre.
Elektroschrott, Bauschutt, Altmetall, vieles davon ist regelrechte Saisonware. Nach Weihnachten kommen hauptsächlich Papier, Kartonagen und Styroporformteile aus Verpackungen. Darüber hinaus können altes Fett, Glas, Holz aus Innenräumen, Druckerpatronen und Kork abgegeben werden, doch nur in haushaltsüblichen Mengen.
Umweltverträglich entsorgen
Platzraubende Gelbe Säcke, solch sperrige Güter kostenlos und umweltverträglich zu entsorgen ist ein Segen, das findet Rainer Steg aus Langenprozelten, der etwa jede Woche herfährt. "Ich komme eh hierher zum Einkaufen, da bietet sich das an."
Gelbe Säcke, Styropor und Glas lädt Gerhard Thumes aus. Er gehört zu den Stammkunden und nutzt die Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass sowohl der Stadt als auch dem Kreis großer Dank gebührt für diese Einrichtung, die zur perfekt durchorganisierten Welt des Abfalls gehört. "Die Koordinaten definieren sich durch Recyclingcontainer, durch Restmülltonnen, Mülldeponien und Verbrennungsanlagen - nicht zuletzt durch diesen Wertstoffhof." Und wer nicht wie Thumes ein eigenes Messer dabei hat, kann sich eines zum Zerschneiden seiner Kartons leihen.
Der siebte Sinn für Müll
Als nächstes trifft eine ausrangierte Kaffeemaschine ein. Eine Frau bringt Papier und Gelbe Säcke, weil sie nichts über den Jahreswechsel liegen lassen will. Ein Mann trägt Drahtrollen zum Container. Laudenbach, seit fast 20 Jahren hier beschäftigt, hat längst einen siebten Sinn entwickelt, ob beim Inhalt für einen Gelben Sack geschummelt wurde. "Viele sind sehr freundlich, aber es gibt auch andere Reaktionen von Kunden, die das Müllsystem nicht verstanden haben", bedauert sie Äußerungen, als ob die Mitarbeiter unfähig wären und nichts können. Trotzdem werden die Vorgaben des Landratsamts sehr genau befolgt. "Würde jeder seinen Müll in die Container werfen, wie er will, könnte nichts mehr recycelt und weiterverwendet werden."

"Bauschutt ist eher eine Seltenheit, aber es wird unwahrscheinlich viel Kunststoff gebracht", erzählt Schmitt, die ihren Kunden oft erklären muss, dass es sich um einen Wertstoffhof handelt, nicht um eine Mülldeponie. Wolfgang Bayer, der einen Hänger mit Bauschutt von einem Türdurchbruch gebracht hat, kehrt sogar, nachdem er alles umgeladen hat. Er bedauert den respektlosen Umgang mit Containern, die in den Stadtteilen aufgestellt sind, wo er sogar schon einen Rasenmäher im Dosencontainer entdeckte. Gelbe Säcke, Styropor und ausnahmsweise Papier bringt Klaus Kappler, der sonst sein Altpapier für Sammlungen vom Kindergarten und dem Sportverein aufbewahrt, weil der Platz über die Feiertage nicht ausgereicht hätte.
Tonne ist nach Weihnachten voll
Der Nächste trennt sich ebenfalls noch vor dem Jahreswechsel von Gelben Säcken und Kartons, dann bringt ein Pärchen drei große Taschen voller Papier, weil die Tonne nach Weihnachten schon voll ist. Ein Kunde wendet sich an Schmitt und fragt, wo er Tintenstrahldrucker, Kaffeemaschine und Weihnachtsbeleuchtung ablegen darf.
Während sie noch darauf hinweist, dass auch großes, sperriges Styropor aus Verpackungen angenommen wird, trifft Josef Manger aus Adelsberg mit Kartonagen und Styropor ein. Er wünscht sich eine bessere Organisation für Grünschnitt und regt an, Container aufzustellen – wie in Gössenheim –und deren Kosten allgemein umzulegen. Seine Wertstoffe bringt Manger lieber nach Gemünden als nach Karlstadt, damit er nicht riskiert mit einem Nagel im Reifen vom Hof zu fahren. Denn hier wird der gesamte Platz mindestens einmal wöchentlich von den Mitarbeitern gekehrt.