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GEMÜNDEN: Karl-May-Fan vergleicht neue und alte Winnetou-Verfilmung

GEMÜNDEN

Karl-May-Fan vergleicht neue und alte Winnetou-Verfilmung

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    Karl May als Hobby: Peter Hartmann vor dem Regal mit 350 Bänden und einer frühen Ausgabe von Winnetou in den Händen.
    Karl May als Hobby: Peter Hartmann vor dem Regal mit 350 Bänden und einer frühen Ausgabe von Winnetou in den Händen.

    An drei Abenden zwischen Weihnachten und Silvester setzten sie sich wieder für das Gute ein: Der Fernsehsender RTL ließ in einer neuen Verfilmung unter dem Titel „Winnetou – Der Mythos lebt“ Karl Mays romantisierte Welt des Wilden Westens mit edlen Helden, bösen Schurken und schrägen Typen aufleben – für die Älteren, die sie aus Büchern und den Kinofilmen der 60er Jahren kennen, wieder aufleben. „Nicht ganz“, meint Peter Hartmann, Karl-May-Fan aus Gemünden in einer ersten Reaktion auf die drei neuen Filme über den Apachenhäuptling Winnetou und den deutschen Einwanderer Old Shatterhand.

    Schon Karl May veränderte seine Geschichten

    Er sieht darin keinen Widerspruch zum Werk des sächsischen Schriftstellers, der ein Meister in der Variation seiner Erzählungen war, die er schon vor über hundert Jahren immer wieder den Publikumswünschen anpasste. Aus Gesprächen mit Bekannten weiß Hartmann, dass vor allem ältere Zuschauer noch die legendären, klassischen Filme der 1960er Jahre mit Pierre Brice, Lex Barker und Marie Versini vor Augen haben und sich mit der aktuellen RTL-Fassung schwertaten. Zum edlen Wilden stilisiert

    Zum edlen Wilden stilisiert

    Das liegt daran, meint Hartmann, dass die früheren Filme von Regisseur Harald Reinl den Indianerhäuptling als edlen Wilden stilisierten, der mit seinem Blutsbruder Old Shatterhand gegen das Böse ankämpft. Da sei viel Pathos und Symbolik im Spiel gewesen.

    Doch schon Karl May habe den Grundstock für diese Betrachtensweise gelegt, erklärt Hartmann. Es sei gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts absolut nicht üblich gewesen, andere als weiße Menschen, wenn auch nicht als gleichberechtigt, zumindest als menschenwürdig zu bewerten, so wie es der Schriftsteller tat. In der Hochzeit des Kolonialismus wurden zum Beispiel nichteuropäische Erdbewohner wie zum Beispiel Pygmäen nicht nur bei Hagenbeck in Hamburg in Volksschauen vorgeführt, auch Buffalo Bill tourte mit Wild-West-Shows durch die Welt. Es gab damals allerdings auch in deutschen Zeitungen und Illustrierten Berichte über die blutigen Auseinandersetzungen mit den Indianern, denen auch noch die letzten Rückzugsgebiete genommen wurden.

    Auflagen auf 200 Millionen geschätzt

    Karl May war eine überaus schillernde Figur. Er hat die Reiseziele seiner Helden zuvor nie gesehen und ging erst ab 1899 in den Orient und 1908 nach Amerika. Mit den von ihm verfassten Romanen traf er den Zeitgeist, sie wurden Welterfolge. Die Auflagen seiner Bücher werden auf 200 Millionen geschätzt.

    Vor allem den ersten Teil des neuen Dreiteilers sieht Hartmann als ziemlich werkgetreu an. Schließlich habe der Schriftsteller in der Anfangszeit auch in der „Ich-Form“ geschrieben, so wie sich der Landvermesser Karl May im Film darstellt, bevor er zu Old Shatterhand wird. Winnetou habe er als Edelmenschen geschaffen, was die Verfilmungen ab 1962 verstärkten. „Die neue TV-Produktion nimmt da wieder etwas weg, wirkt realistischer. Es gibt mehr Dreck und düstere Szenen, und sie zeigt den Helden auch als Menschen mit Schwächen“, sagt Hartmann. Als Reminiszenz an die früheren Verfilmungen sieht er die „Drehorte an den Original-Schauplätzen“ um die Plitwitzer Seen in Kroatien. Dort ritten schon Pierre Brice und Lex Barker durch die damals noch jugoslawische Steppe dem Sonnenuntergang entgegen.

    Zwei Darsteller aus dem Kino-Klassiker dabei

    Erinnerungen bestärkten auch zwei Darsteller, die schon vor über 50 Jahren zum Team gehörten: Neben den Schauspielern Nik Xhelilaj (Winnetou), Wotan Wilke Möhring (Old Shatterhand) und Iazua Larios (Nscho-tschi) treten Mario Adorf (Vater des Bösewichts Santer) und Gojko Mitic (Winnetous Vater Inschu-tschuna) auf. Vor allem Mitic, der 1962 als Statist begann, ist seit damals dem Genre treu geblieben. Er verkörperte in zahlreichen Filmen, auch in DDR-Produktionen, edle Indianer und spielte auch bei Freilichttheatern mit.

    Buch und Film lassen sich nicht vergleichen

    Über Details und darüber, ob alle Requisiten und Abläufe historisch korrekt seien, könne man immer streiten, und manches falle nur Experten auf. So ist nach Hartmanns Meinung die Indianersprache im Film kein Apachen-Dialekt, sondern klingt eher nach Dakota-Sprache. Der Karl-May-Fan, der sich auch für historische Romane interessiert und zwischendurch gerne mal eine Science-Fiction-Geschichte liest, meint, dass man den Kino- und den Fernsehfilm und vor allem Buch und Film nicht vergleichen kann: „Das sind zwei grundverschiedene Medien. Wir haben als Buben die Winnetou-Bücher und -Filme verehrt und können das jetzt, da wir älter sind, mit den Kindheitseindrücken nicht vergleichen.“

    Beide Medien haben ihre Berechtigung, meint er. Der Klassiker Buch habe immer noch den Vorteil, mehr die Fantasie anzuregen. Hartmann glaubt, dass manche Kritiker der neuen RTL-Fassung Karl Mays Geschichten nur aus früheren Filmen kennen und nicht aus Büchern. Das könne einer der Gründe sein, warum die vom Sender erhofften Einschaltquoten trotz massiver Werbung nicht erreicht worden seien. Allerdings haben einige Sequenzen im zweiten und vor allem im dritten Teil mit Karl May nicht mehr viel zu tun gehabt, meint Hartmann. Ein abschließendes Urteil will er sich allerdings erst erlauben, wenn er den Film noch einmal angeschaut hat. Die DVD ist bereits bestellt.

    Zuschauerzahlen sanken von fünf auf unter drei Millionen

    Den ersten Teil „Winnetou“ sahen 5,06 Millionen Zuschauer, bei Folge 2 schalteten noch 4,3 Millionen ein, und nur 2,97 Millionen wollten „Der letzte Kampf“ sehen. Die Konkurrenzprogramme hatten zur gleichen Zeit wesentlich mehr Zuspruch.

    Zur Person Peter Hartmann kennt sich aus, was die Werke und die Lebensgeschichte von Karl May betrifft. Der 56-jährige Rettungsassistent und Familienvater aus Gemünden wurde als Kind nach seinem ersten Kinobesuch von „Winnetou II“ vom Karl-May-Virus infiziert und kam seitdem nicht mehr davon los. Er besitzt über 350 Bände des sächsischen Erfolgsautors, besucht regelmäßig Flohmärkte und restauriert alte Bücher selbst. Schallplatten, DVDs, Comics und viele Utensilien zum Thema runden seine Sammlung ab. Hartmann unterhält Kontakte nach Bamberg, seit den 1960er Jahren Sitz des 1913 in Radebeul gegründeten Karl-May-Verlags. Er hat herausgefunden, dass ein gebürtiger Gemündener, Dr. Euchar Albrecht Schmid, den Verlag gegründet hat. Zusammen mit dem Kulturamt und dem Film-Photo-Ton-Museumsverein präsentierte er zum hundertjährigen Bestehen des Verlags eine Ausstellung im Huttenschloss.

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