Die so genannten zwölf heiligen Nächte beginnen in der Regel an Weihnachten und enden am Dreikönigstag. In manchen Gegenden beginnen sie schon am Thomastag (21. Dezember), der eigentlichen Wintersonnenwende.
Die Zeit der zwölf heiligen Nächte liegt zwischen dem alten und neuen Neujahrsfest. Das Christentum feierte zuerst den 6. Januar und später den 25. Dezember als Jahresanfang. Die „Zwölften“ waren also ein Zeitrechnungsausgleich zwischen diesen verschiedenen Jahresanfängen, sie waren die Zeit zwischen den Jahren. Das Wort „Weihnachten“ sagt schon, dass es in der Mittwinterzeit nicht nur eine Weihnacht, eine heilige Nacht gibt, sondern eben die „zwölf heiligen Nächte“.
Die Rauhnacht hat auch mit Räuchern zu tun
Der Name Rau- oder Rauchnacht, wie die zwölf Nächte auch bezeichnet werden, wird hergeleitet von der Rauchware (Pelz). Weil man einst, um zu reinigen und Krankheiten abzuhalten, Haus und Hof mit Weihrauch (Rauchwerk) ausräucherte und gleichzeitig die „Elemente“ Feuer, Wasser und Wind mit Weihrauch und Weihwasser „fütterte“, so kann die Raunacht für beide Bedeutungen stehen. Sie fungierten als Zwischennächte, als beliebte Los- und Orakeltage für das kommende Jahr.
In Rhön-Grabfeld gab es in früheren Zeiten - insbesondere in der Zeit der 12 heiligen Nächte - unzählige Bräuche, die in den jeweiligen Orten unterschiedlich gehandhabt wurden, und die heute weitestgehend in Vergessenheit geraten sind. In Großbardorf hielten noch um die Wende zum 20. Jahrhundert in der Vorweihnachtszeit junge Burschen oder Mädchen sogenannte Flöhgarnabende. Sie waren verkleidet mit den „trolligsten Figuren“ von Kostümen, ist überliefert. Sie gingen in die Häuser, wo sie wussten, dass es Obst gab und riefen so lange „Flöhgarn, Flöhgarn“, bis sie ein Geschenk erhielten, welches in Äpfel, Nüssen und dergleichen bestand.
Linsenkochen bringt Unglück
Aus Rothausen wird mitgeteilt, dass dort während der Christnächte keine Linsen gekocht werden durften, da die Leute sonst im kommenden Jahr Geschwüre bekämen. In Großbardorf stellten die Kinder zu Weihnachten, wenn das Christkind kam, Teller auf den Herd. Sie mussten in die Stube, um zu beten. Danach nahm die Mutter in der Küche die Ofengabel und stocherte im Kamin herum, so dass es ein ordentliches Getöse gab. Die Kinder wussten jetzt, dass das Christkindlein zum Kamin hereinfuhr, sprangen in die Küche und holten ihre Bescherung, welche auf den aufgestellten Tellern zurecht gelegt war.
Aus Herbstadt ist überliefert, dass während der Christmette zwölf Zwiebelhäute aufgestellt wurden. In jede wurde eine kleine Menge Salz gegeben. Die Menge der Feuchtigkeit, die sich zeigte, wurde gedeutet auf die Witterung der kommenden zwölf Monate. In Mittelstreu soll das Vieh beim Läuten zur Christmette aus Ehrfurcht vor dem neugeborenen göttlichen Kind in den Ställen aufgestanden sein.
Rund um die Lederhecke im südöstlichen Grabfeld hatten vor allem die zwölf Nächte eine besondere Weihe und Bedeutung. Keine Hausfrau wagte es, die große Wäsche in diese Tage zu verlegen. Die großen Wäschestücke, die beim Aufhängen die Nacht über gefroren und in diesem Zustande einer aufgehängten und steif gewordenen Kuhhaut nicht unähnlich sahen, deuteten auf Unglück im Stall.
Salz in den Trog
In Sternberg im Grabfeld vollzog der Haushaltsvorstand jeweils in den drei heiligen Nächten, an Heiligabend, Silvester und einen Tag vor Dreikönig, folgendes Ritual: Abends, wenn das Vieh abgefüttert war, suchte er den Stall auf, streute in die Tröge geweihtes Salz, das am „Goldenen Sonntag“ (jeweils erster Sonntag im Monat) in der Kirche geweiht worden war. Außerdem besprengte er den Troginhalt mit Weihwasser. An den Stalltüren und der Haustür wurde zusätzlich in der Nacht vor Dreikönig mit Bleistift ein Kreuz aufgezeichnet, und dieses ebenfalls mit Weihwasser besprengt. Durch diese Handlung sollte das Glück in Haus und Hof gewährleistet sein.
Während der Mette mussten im Hofraum Säcke, Stofffetzen und ähnliches aufgeräumt sein, ist aus Wülfershausen überliefert. Diese Gegenstände mussten und Dach und Fach gebracht sein, damit der „böse Geist“ keine Gewalt über Haus und Hof bekam.

Der Christbaum an der Decke
In Rappershausen war es Aufzeichnungen des Schullehrers Johann Rübig aus dem Jahre 1928 zufolge üblich, den Christbaum an einem Haken an der Decke zu befestigen, damit die kleinen Kinder kein Unheil anrichten könnten. Waren die Kinder groß, stellte man den Baum auf einen Tisch.
Apropos Christbaum: Wie es scheint, wurde dessen Aufstellen im Grabfeld erst um 1600 Brauch. So teilte Hofrat Marschall in seiner 1927 geschriebenen Breitenseer Chronik mit, Weihnachten 1601 wurde auf Veranlassung des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn, dessen Bruder Valentin in der Gemeinde ein Schloss nebst Kirche errichten ließ, der erste Christbaum in des Fürsten Schlosskapelle mit „Gutlein, Lichtlein und allerhand Flittertant geschmückt, obenauf ein Engelein, unterhalb ein Krippelein, an dem, wenn die Lichtlein entzunden, das herbeigerufen Volk betete, die Kinder lieblich sangen und ein andächtig Krippenspiel vollführt ward, worauf dann alle Kinder beschenkt worden.“
Literatur: Reinhold Albert: Silberstrauß und Ringelein, silbern ist das Mägdelein – Bräuche in alter und neuer Zeit und Rhön und Grabfeld, Mellrichstadt 2018.