Man schrieb das Jahr 2004. Ich lebte seit wenigen Monaten in Sandberg in der Rhön im Pfarrhaus. Im September hatte ich meine seelsorgerischen Aufgaben in den Walddörfern aufgenommen. Nun standen Advent und Weihnachten vor der Tür. Wie werde ich diese besondere und emotional schöne Zeit hier in der Rhön erleben? Gleich zu Beginn der Adventszeit wurde ich gefragt, ob ich Änderungen in Bezug auf die Krippen in den Kirchen wünschte.
In Langenleiten lud mich der Rhöner Bildhauer Günter Metz in sein Atelier ein, um mir seine Weihnachtskrippen zu zeigen. Ich fühlte mich plötzlich wie ein Hirte auf den Feldern von Bethlehem. Hier entdeckte ich zum Beispiel eine Ziege, die dem Hirten das Brot aus der Tasche schnappen möchte und dort ein kleines Mädchen, das schüchtern eine Puppe hinter dem Rücken versteckt oder weiter hinten einen Großvater, der seinem Enkel aus der Heiligen Schrift vorliest.

Mein Herz schlug schneller vor Rührung. Ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Diese Ideenvielfalt und Kreativität begeisterten mich. Verblüfft stellte ich fest, dass die Hirten in den verschiedenen Krippen plötzlich die Gesichtszüge von Menschen hatten, die mir bekannt vorkamen. War ich ihnen nicht schon im Dorf begegnet?
Voller Spannung freute ich mich auf den Heiligen Abend und meine erste Christmette in Langenleiten. So sollte ich doch erraten, wer in diesem Jahr in der Krippe als Hirte dargestellt sein würde. Es fiel mir nicht schwer zu erkennen, dass der kleine Kilian mit Geschenken in der Hand beim neugeborenen Jesuskind stand.
Bereits seit 20 Jahren liebe und genieße ich mit großer Dankbarkeit im Herzen die Adventstage und das Weihnachtsfest in der Rhön.
Text: Andreas Krefft
Foto: Wolfgang Dömling / Montage: Jessica Klement
Pfarrer Dr. Andreas Krefft (61) aus Bad Neustadt ist Dekan des Dekanats Rhön-Grabfeld.
In der Kolumne "Rhöner Adventskalender" schreiben Menschen aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.