Viele Menschen der Heimat beschäftigt zurzeit die spannende Frage, welche der aktuellen Krisen wohl die katastrophalste darstellt. Diese Frage spaltet die Gesellschaft in zwei Lager: die "Klimatiker" und die "Coronisten". Unser Landrat gehört ohne jeden Zweifel zu den "Coronisten". Seine düsteren Visionen waren jüngst in der Presse abgedruckt. Er hält in den nächsten Wochen eine Inzidenz von 1000 für möglich. Frohe Weihnachten!
Bekanntlich hat Landesvater Markus Söder (CSU) mittlerweile viel von seiner Strahlkraft eingebüßt. Bayern erreichte unter seiner Führung in puncto "Inzidenz" einen Spitzenplatz. Der "Macher" schiebt natürlich alle Schuld auf den Bund. Wie immer. Allerdings kann er sich nicht mehr mit dem Argument "Grenzland" herausreden. Wissenschaftler des Helmholtz-Instituts haben nämlich herausgefunden, dass Grenznähe kaum Auswirkungen auf die Inzidenz hat. Relevant sei vielmehr die politische Einstellung. Vereinfacht gilt: je rechter, desto ungeimpfter. Sauber! Und die Bereitschaft, "rechts" zu wählen, hängt wiederum vom Bildungsstand ab, egal, ob es sich nun um "Ossis" oder "Wessis" handelt. Bayern beweist es. So leicht lassen sich Vorurteile entkräften.
Wie gesagt: Der Landrat hat düstere Visionen. Er kennt seine Pappenheimer! Aber vielleicht irrt er sich ja. Vielleicht wird ja zur Freude der großen Mehrheit – und des Pflegepersonals - endlich die allgemeine Impfpflicht eingeführt. In fünf Jahren könnte der ganze Corona-Spuk vergessen sein. Die Klimakatastrophe nicht. Sie fängt gerade erst an. Haben also die "Klimatiker" recht? Nicht unbedingt. Die künftige Ampel-Regierung wird uns Wählern einiges zumuten. Den konservativen Ureinwohnern schwant, dass es nach Corona nicht mehr so wird, wie zuvor. Nie mehr. Immer weiter steigende Energiepreise würgen die Hypermobilität auf dem Land langsam aber sicher ab. Bald können sich nur noch Spitzenverdiener zwei Autos pro Haushalt leisten. Und weil der öffentliche Nahverkehr bei uns lahmt, wohnen Menschen künftig näher an ihren Arbeitsplätzen.
Wie werden die aussehen? Auf jeden Fall nicht mehr so Pkw-lastig. Der Pkw, wie wir ihn kennen, wird an Bedeutung verlieren. Hat die erste Kreis-Klimakonferenz nicht bereits "Auto-Abschaff-Prämien" gefordert? Aber keine Panik! Pünktlich zum Strukturwandel eröffnet sich der Heimat eine Riesenchance: das geplante Atom-Endlager. Der mögliche Standort Rhön-Grabfeld sei bereits im Visier der Forscher, stand jetzt in der Heimatzeitung. Die Geologie passt, wir sind dünn besiedelt und unser schönes Industriestädtchen liegt an einer Bahnlinie. Ideal für Castor-Transporte!
Ein Endlager brächte tausende von Arbeitsplätzen in die Region. Und die wären sicher. Todsicher. Immerhin strahlt das giftige Zeug 10 000 Jahre lang. Bis dahin sind Siemens, Preh und Rhön-Klinikum längst vergessen. Unseren jungen Menschen, die sich ja bekanntlich nicht mehr so gerne körperlich anstrengen, kämen gechillte Jobs gerade recht. Im Grunde läuft Endlager-Management auf gutbezahlte Nachtwächter-Tätigkeit (m, w, d) hinaus. Eine hippe Security-Uniform, ein cooler Geigerzähler – schon fühlen sich Berufseinsteiger irgendwie "wichtig".
Und so richtig gefährlich sind Endlager wohl auch nicht. Es sind zumindest noch keine explodiert. Mal Klartext: Wir haben jahrzehntelang vom hoch-subventionierten Atomstrom profitiert. Warum sollten wir uns jetzt wegducken? Weil unsere Granden reflexhaft nach dem Sankt-Florians-Prinzip handeln? Der Landrat nicht. Er hat es jetzt – wenn auch in einem völlig anderen Zusammenhang – auf den Punkt gebracht: "Die Politik hat momentan Angst, den Leuten etwas zuzumuten. Wegducken ist aber der falsche Weg." Amen! Man muss sich das vorstellen.