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Bischofsheim: Weihnachtsplätzchen: Beim Backen wurde mehr verzehrt als verziert

Bischofsheim

Weihnachtsplätzchen: Beim Backen wurde mehr verzehrt als verziert

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    Spritzgebäck, Nussmakronen, Anisplätzchen und Springerle mit dem alten Holzmodel, diese Sorten gehörten zum Repertoire der Weihnachtsbäckerei.
    Spritzgebäck, Nussmakronen, Anisplätzchen und Springerle mit dem alten Holzmodel, diese Sorten gehörten zum Repertoire der Weihnachtsbäckerei. Foto: Barbara Enders

    Seit September künden die Lebkuchen in den Supermärkten von der besinnlichen Zeit, ab Oktober muss man sich seinen Weg in den Baumärkten zwischen Lichterketten und Christbaumschmuck bahnen.  Dekorationsobjekte werden allerorts angepriesen und dann spätestens ab November beginnen Vorgärten und Einkaufsmeilen in einem Meer von Lichterketten zu versinken.

    Advent und Weihnachten verbindet man meistens mit der eigenen Kindheit. Wie war das früher, als die Mutter die Christstollen backte? Eingehüllt in eine dicke Schicht Zuckerguss wurden die Stollen eingepackt und zum Reifen in die Speisekammer gelegt.

    Auch in den 1980ern war das Ausschlecken des Marmeladenglases noch ein wichtiger Bestandteil der Hilfe beim Backen.
    Auch in den 1980ern war das Ausschlecken des Marmeladenglases noch ein wichtiger Bestandteil der Hilfe beim Backen. Foto: Enders

    Backzutaten schmeckten auch vor der Verarbeitung

    Die Plätzchenbäckerei kündigte sich an mit fein säuberlich aufgehäuften Zutatenbergen, aus denen wir Kinder uns am liebsten die Oblaten stibitzten. Zum einen spielten wir damit "die Kommunion" wie in der Messe nach, aber eigentlich liebten wir diese zarten Scheibchen um ihrer selbst willen. Ganz schön anstrengend muss es gewesen sein, die Anisplätzchen vor uns zu schützen.

    Diese Eierplätzchen blieben über Nacht auf dem Blech zum Abtrocknen und hatten dann nach dem Backen "Füßchen". Dazu sind aus dem Nachbarhaus Backbleche ausgeliehen worden. So war es auch mit den "Zimtsternen mit Füßchen", die nach dem Backen noch mit einer Eiweißglasur überzogen wurden.

    Mit dem "Waschkorbkonfekt", bestehend aus Butter, Zucker, Eiern, Milch und viel Mehl, wurden im wahrsten Sinn des Wortes Körbe gefüllt worden. Ein Teil der ausgestochenen Plätzchen wurde vor dem Backen mit verquirltem Eigelb bestrichen und hatte nachher gelbe Bäckchen. Auf eine weitere Menge wurde zuerst grober Zucker auf den ausgerollten Teig gestreut und mit dem Nudelholz einmal leicht darüber gerollt. Nach dem Backen glitzerten diese Plätzchen dann.

    Die Kinder halfen 1976 bei der Plätzchenbäckerei, allerdings wurde dabei mehr verzehrt als verziert.
    Die Kinder halfen 1976 bei der Plätzchenbäckerei, allerdings wurde dabei mehr verzehrt als verziert. Foto: Christa Enders

    Das Spritzgebäck durfte nicht fehlen und wenn der Teig noch geriebene Walnüsse enthielt, schmeckten sie besonders gut. Haferflockenmakronen, Kokos- und Nussmakronen und das Schwarz-Weiß-Gebäck brachten Vielfalt auf den Plätzchenteller und die mit Marmelade gefüllten "Spitzbuben" oder "Terrassen" waren schnell weggenascht. Was war das noch für eine Zeit, als es Plätzchen erst an Weihnachten gab. Die Vorfreude darauf war mindestens genauso groß, wie das Warten auf das Christkind! 

    Jede Familie hat ihre eigene Tradition

    Frank Mauer aus Ipthausen und seine Familie backen zusammen seit Jahren an den Adventssonntagen leckeres Weihnachtsgebäck. Seine Frau Daniela hat das Zepter in der Hand, aber alle helfen begeistert mit. "Ich esse für mein Leben gerne Plätzchen und deshalb backe ich natürlich mit", betont Frank und es sei eine ganz besondere Zeit für die Familie. Für die Töchter ist es immer etwas Besonderes, wenn der alte Fleischwolf hervor geholt wird. Das alte gusseiserne Gerät stammt noch von Franks Oma und wird zur noch einmal im Jahr zum Plätzchenbacken verwendet.

    In Ipthausen findet seit einigen Jahren ein Adventsmarkt statt, für den das ganze Dorf, das 200 Einwohner zählt, bei der Weihnachtsbäckerei zusammen hilft. Die in Gemeinschaftsarbeit gefertigten Plätzchen für den Markt werden jedes Jahr restlos verkauft.

    Luisa (7 Jahre) half beim Plätzchenbacken der Familie Mauer in Ipthausen mit. Hier setzt sie geschickt die zarte Masse der Nussmakronen auf Oblaten.
    Luisa (7 Jahre) half beim Plätzchenbacken der Familie Mauer in Ipthausen mit. Hier setzt sie geschickt die zarte Masse der Nussmakronen auf Oblaten. Foto: Frank Mauer

    Außer es ist Corona-Ausnahmezustand. Und deshalb backte Familie Mauer auch am 3. Advent wieder zuhause ihre Leckereien, dieses Mal Nussmakronen und Nougatplätzchen. Franks Schwiegermutter backt auch, und die beiden Familien tauschen dann die Plätzchen aus und so kommen sie zusammen auf gut 15 Sorten inklusive Lebkuchen.

    Zehn Sorten Plätzchen

    Am anderen Ende des Landkreises, in Oberweißenbrunn, lebt Simone Enders mit ihrer Familie. Sie hat im letzten Jahr zehn Sorten Plätzchen gebacken und hatte große Freude daran, für Nachbarn, Freunde und Familie hübsche Päckchen zu packen und zu verschenken. "Corona beeinflusst das Backen nicht und verdirbt uns die Freude daran nicht", lachte sie, das machte dieses Jahr eher die Gesundheit. Pünktlich zum Advent wurde sie krank und musste gut anderthalb Wochen das Bett hüten. "Aber der Plan ist noch nicht gestorben", betonte Simone und legte kurz vor dem vierten Adventswochenende nach. Wer sie kennt, weiß, dass die Plätzchen wieder ganz besonders schön verziert sind und auch mal als kleine Schneemänner daher kommen.

    Am vierten Adventswochenende hat es Simone Enders doch noch geschafft und leckere Plätzchen für ihre Familie gebacken.
    Am vierten Adventswochenende hat es Simone Enders doch noch geschafft und leckere Plätzchen für ihre Familie gebacken. Foto: Simone Enders

    Die Alternative?

    Wo könnte  man sich nur mit hausgemachten Plätzchen versorgen, mit wenig eigenem Aufwand? Na klar, dort, wo man so viel backt, dass es sogar verkauft wird, beim Bäcker. In der Bäckerei Voll am Bischofsheimer Marktplatz duftet es nach süßen Backwaren. Bäcker und Konditor Fritz hat einige Helfer in der Backstube. Während er die Masse für Kokosmakronen anrührt, sticht seine Schwester Margarete sorgfältig unterschiedlich große  Kreise aus der dünn ausgewellten Teigplatte. Die sind für die feinen Terrassenplätzchen, deren drei Schichten nach dem Backen mit Marmelade verklebt werden.

    Nina Heiler hat sich daneben einen Arbeitsplatz hergerichtet, presst Zitronen aus und verrührt den Saft mit Puderzucker zur Glasur. Damit bestreicht sie kleine Plätzchen in Katzenform und bestreut sie mit bunten Zuckerstreuseln. "Diese Plätzchen verschenke ich, und zwar hauptsächlich an Kinder", sagt sie.

    Kartoffel-Lebkuchen waren für arme Leute

    Konditor Fritz Voll backt zur Adventszeit "nur" um die zehn Sorten Plätzchen, neben den Lebkuchen und den Christstollen. "Die Plätzchen, die wir machen, sollen gut sein", ist das Credo des Bäckermeisters, und nicht durch Masse bestechen. Manchmal backt er auch nach Rezepten, für die ihn seine Mutter Lydia tadelt. "Kartoffellebkuchen sind Rezepte aus schlechten Zeiten, das war damals etwas für arme Leute", musste sich Fritz anhören. Aber der Geschmackstest verriet, dass es nicht immer die teuersten Zutaten sein müssen, um hervorragendes Backwerk zu schaffen.

    Also, im Notfall gibt es Alternativen zum selbstgebackenen Plätzchen, die mit Sicherheit genauso gut sind, weil sie liebevoll von Hand hergestellt wurden.

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