Seit seinem zehnten Lebensjahr ist Paul Wethmüller (65) begeisterter Brieftaubenzüchter. Damals gab es noch viele Brieftauben in Oberelsbach und der junge Paul holte sich in der Nachbarschaft Tipps, wie er eine Zucht aufbauen kann. Seither ist er ein erfolgreicher und leidenschaftlicher Züchter. Sein Engagement hat sich gelohnt: Paul Wethmüller ist der erste Brieftaubenzüchter Bayerns, der den Deutschen Meistertitel erringen konnte. Er wurde Verbandsmeister der Jährigenmeisterschaft des Verbandes Deutscher Brieftaubenzüchter. 32 Regionalverbände gibt es in Deutschland, die sich im Dachverband zusammen geschlossen haben. Paul Wethmüller gehört dem Regionalverband Rhön-Feldatal an.
"Drei Brüder haben den Sieg geflogen", berichtet er stolz von seinen Zuchterfolgen. Von 400 möglichen Punkten holten seine Tiere 393,92 auf fünf Wertungsflügen. Wethmüllers Tiere holten aber nicht nur den Deutschen Meistertitel sondern wurde er auch Regionalverbandsmeister und holte alle Preise in seiner Reisevereinigung.
Ein Taubenpaar zu Weihnachten
Schon als 15-Jähriger nahm Wethmüller mit seinen Jungtauben an Wettbewerben teil. Für ihn war immer klar, dass er eine Leistungszucht betreiben möchte. "Dafür braucht man gute Tiere." In den 1970er-Jahren hatte er das Glück, über einen namhaften Züchter ein hervorragendes Zuchtpaar zu bekommen. Seine Frau Kornelia hat ihm damals das Taubenpaar zu Weihnachten geschenkt. "Auf jeder Reise haben die Tiere Preise geholt."

So baute Wethmüler nach und nach seine Zucht auf. Natürlich gab es auch Rückschläge. Jahre mit schlechter Witterung, in denen die Reisen der Brieftauben nicht von Erfolg gekrönt waren. In den 1980er-Jahren gab es noch keine detaillierten Wettervorhersagen, so wie das heute Dank der neuen Technik möglich ist. "Wir haben viele gute Tiere verloren. Das war ein absoluter Tiefpunkt."
Doch Paul Wethmüller lies sich nicht unterkriegen. Er baute seine Zucht neu auf und schließlich fand auch Sohn Dominik Gefallen am Hobby des Vaters. "Höhen und Tiefen in der Zucht sind normal. Es sind ja schließlich Tiere und keine Maschinen."
So sieht artgerechte Haltung aus
Dass Paul Wethmüller seine Brieftauben nicht als Preisträger oder nummeriertes Zuchtmaterial sieht, ist ihm sehr wichtig. Artgerechte Haltung, gutes Futter, Sauberkeit, Pflege und natürlich eine Top-Unterkunft zeichnen seine Zucht aus. Im Freigehege im Hof und in der Scheune sind die Tauben, nach Kategorien eingeteilt, untergebracht. Bis ins kleinste Detail ist die Anlage durchdacht, um nicht nur die Haltung zu ermöglichen, sondern auch die Ankunft den Brieftauben, nach ihren Reisen so ideal wie möglich zu gestalten.
Manchmal kommt es auch vor, dass Tauben nicht den direkten Weg nach Hause finden. Wenn Paul Wethmüller davon erfährt, lässt er seine Tiere nicht im Stich. "Am Frankfurter Flughafen haben wir schon einmal eine Taube geholt. Ich hole meine Tiere zurück, das ist leider bei vielen Züchtern nicht die Regel." Nur einmal mussten Wethmüllers passen, eine ihrer Tauben war aus unerfindlichen Gründen auf einem Schiff in der Nähe von St. Petersburg gelandet. "Der Ausflug war uns dann doch ein bisschen zu weit."
Unterstützt werden Paul und Dominik Wethmüller auch von Kornelia Wethmüller. "Meine Frau ist für die Jungtiere zuständig. Sie füttert und sorgt sich um die Aufzucht."
Hochsaison von Mai bis Juli
13 Wochen, von Ende Mai bis Ende Juli, herrscht bei Wethmüllers im Taubenschlag Hochsaison. In dieser Zeit werden die Tauben wöchentlich auf Reisen geschickt, dabei legen sie Entfernungen von 100 bis 600 Kilometer zurück. Die Einsatzstelle ist Frankenheim (Thüringen). Die Züchter der Reisevereinigung schicken ihre Tiere in einem hochmodernen Fahrzeug mit automatischer Fütterung auf Reisen. Die Tiere werden über spezielle Codes, die in Ringen an den Füßen angebracht sind, elektronisch erfasst. Jedes Tier hat quasi einen digitalen Personalausweis in dem individuelle Daten festgehalten sind. Je nach Alter fliegen die Tauben unterschiedlich häufig unterschiedliche Strecken, so werden sechs Monate alte Jungtauben beispielsweise nur auf Strecken bis 250 Kilometer geschickt.
Derzeit haben Wethmüllers rund 100 Tauben, 60 Reisetauben, 20 Zuchtpaare und 20 Jährlinge. Gut 80 Jungvögel werden im Laufe eines Jahres gezüchtet, vier Gelege können gute Brieftaubenpaare im Jahr haben. "Eine gute Zucht ist die Voraussetzung für gute Tauben und gute Flugergebnisse. Ein gute Taube holt von 13 Flügen zehn Preise, das heißt platziert sich im erste Drittel der Reisevereinigung."
Ein teures Hobby
Sorgen macht Paul Wethmüller die Zukunft der Brieftaubenzucht. Sein Sohn ist zwar ebenso leidenschaftlich engagiert, doch allgemein gibt es kaum Nachwuchs. Es ist ein aufwendiges und auch kostspieliges Hobby. Täglich ist er drei Stunden mit der Pflege, dem säubern und füttern beschäftigt. Hinzu kommen Gefährdungen durch die Zunahme von Greifvögeln, die die Brieftauben als Beute betrachten. Trotz aller dieser Probleme hat die Paul Wethmüllers Faszination nie nachgelassen. "Brieftauben haben mich seit jeher fasziniert. Man schickt die Tiere weg und sie finden über so weite Strecken wieder nach Hause."