In Schweinfurt regelt eine Baumschutzverordnung seit 1989, unter welchen Voraussetzungen zur Säge gegriffen werden darf. Am Sonntag entscheiden die Bürger, ob es eine solche Verordnung weiter geben soll oder nicht. Ein aus 13 Partnern bestehendes Baumschutz-Bündnis mit dem Bund Naturschutz (BN) und der Stadtratsfraktion der Schweinfurter Liste (SWL) an der Spitze will das, die CSU findet, man braucht keine Verordnung und fordert dazu auf, mit „Nein“ zu stimmen.
Ins Rollen kam das Ganze im Februar 2017. Damals machte die CSU-Fraktion einen Vorschlag für eine neue Baumschutzverordnung. Dieser wurde aus rechtlichen Gründen von der Stadtverwaltung abgelehnt, daraufhin wollte die CSU die Abschaffung und bekam dafür eine Mehrheit. In der Folge organisierten sich die Befürworter und starteten ein Bürgerbegehren, aus dem der Bürgerentscheid entstand.
Intensiver Wahlkampf
Die Werbung für die verschiedenen Positionen war in der Wälzlagerstadt schon vor Weihnachten intensiv. Der Bund Naturschutz erstellte zum Beispiel eine Broschüre mit dem Titel „Stadtgrün gefällt“. Ohne Verordnung würde ein Kahlschlag einsetzen, befürchtet der BN.
Angesichts des Klimawandels brauche es mehr statt weniger Bäume, sagt Stadträtin Ulrike Schneider, die das Bürgerbegehren initiiert hatte. Ein Baum produziere Sauerstoff, verbrauche Kohlendioxid und filtere (Fein-)Staub. Um die Leistungsfähigkeit eines Altbaumes zu ersetzen, müssten bis zu 200 Jungbäume gepflanzt werden. BN-Kreisvorsitzender Edo Günther hat Verständnis für Kritik an der alten Verordnung und die Beschwerden von Gartenbesitzern, sie würden gegängelt und dürften nicht selbst entscheiden. Deshalb müsse eine bürgernahe Verordnung her, an der die Agenda-21-Gruppe auch arbeitet.
Eigener Garten, eigene Entscheidung
„Mein Baum“, „Meine Entscheidung“ – so steht es auf einer Postkarte der Schweinfurter CSU, mit der sie an Infoständen dafür geworben hat, die Baumschutzverordnung abzuschaffen. Im Kern geht es der CSU darum, es den Bürgern mit eigenem Grundstück und Garten leichter zu machen: „Wir wollen, dass Sie über Ihren Garten und Ihre Bäume selbst entscheiden können“, heißt es.
Für die Christsozialen stellt die jetzige Baumschutzverordnung eine Gängelung der Bürger dar. Bisher musste man als privater Grundstücksbesitzer oder als Käufer eines Grundstücks mit Garten, den man nach den eigenen Vorstellungen umgestalten wollte, sich wegen der Verordnung grundsätzlich eine Genehmigung bei der Stadt erteilen lassen, wenn man fällen wollte. Das wurde strikt gehandhabt, was vielen Grundstücksbesitzern ein Dorn im Auge war.
Wenn der Bürgerentscheid das vorgeschriebene Quorum von 15 Prozent – das wären gut 6000 Ja-Stimmen – erreicht, wird über den Vorschlag der Naturschützer für eine neue Verordnung diskutiert. Sind die Nein-Stimmen entsprechend dem Quorum in der Mehrheit oder wird das Quorum nicht erreicht und der Bürgerentscheid somit ungültig, hat die Verwaltung bereits angekündigt, in einer der nächsten Stadtratssitzungen darüber abstimmen zu lassen, die Verordnung abzuschaffen.
Seit Donnerstag wird auch intensiv die Frage diskutiert, ob der Bürgerentscheid über eine Verordnung oder Satzung einer Kommune – in diesem Fall über die Baumschutzverordnung – rechtlich überhaupt zulässig ist. Der städtische Jurist Jan von Lackum meint ja. Ein Verwaltungsfachmann sagt nein: Einmal, weil sie nicht in den eigenen Wirkungskreis der Stadt falle, zum anderen, weil die mehrteilige Fragestellung viel zu komplex sei.