Zwei Jubiläen könnte die so genannte Untere Steigerwaldbahn in diesem Jahr feiern. Vor 130 Jahren wurde sie gebaut. Die gesamte Trasse der Steigerwaldbahn, deren Abschnitt bis Schweinfurt vor 120 Jahren eröffnet worden ist, war lange Zeit eine wichtige Verkehrsachse von Kitzingen nach Schweinfurt. Doch die Jahrestage dürften wohl in aller Stille vorbeiziehen.
Im ersten Abschnitt entstand die Lokalbahntrasse von Kitzingen bis Gerolzhofen im Jahre 1893. Der zweite Abschnitt, also der von Gerolzhofen bis zum Schweinfurter Hauptbahnhof wurde zehn Jahre später am 23. November 1903 eröffnet. Schon seit langem fahren dort keine Züge mehr, die Nebenbahnlinie durchs Steigerwaldvorland befindet sich in einem schlechten Zustand, wenngleich es eine Initiative gibt, die sie wiederbeleben möchte. Im Juli 2019 erwarb eine Gleisrückbaufirma den noch nicht entwidmeten Streckenabschnitt zwischen Sennfeld und der Kitzinger Stadtgrenze. Die Zukunft ist ungewiss.

Aber wie war das in der Vergangenheit? Dazu hat Bertram Schulz, ein Hobbyhistoriker aus Gerolzhofen, seit vielen Jahren Bild- und Schriftmaterial gesammelt
Dampfloks zuckelten durch Gerolzhofen
Dampflokomotiven, Dieselloks aber auch zu ihrer Zeiten moderne Triebfahrzeuge: All das hat die einst 50 Kilometer lange Strecke zwischen Kitzingen und Schweinfurt im Laufe der vielen Jahre gesehen.

Neben zahlreichen Fotos der Umbauphasen des Gerolzhöfer Stationsgebäudes und dem südlich gelegenen ehemaligen Lokschuppen befinden sich in der Sammlung Schulz auch Aufnahmen der 1988 abgerissenen Güterhalle. Heute ist dort der Busbahnhof zu finden. Das Hauptmotiv für den Aufbau einer Lokalbahn Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts waren vom Schienenverkehr abgelegene Gebiete wie das Steigerwaldvorland, um sie mit dem Hauptbahnnetz zu verbinden und damit wirtschaftlich zu erschließen. So brach in diesem Zeitraum ein wahres "Lokalbahnfieber" in Bayern aus. Mit der zunehmenden Automobilisierung seit den 1950er und 60er Jahren veränderten sich aber die Verkehrsverhältnisse dann wieder grundlegend.

Der Personen- und Güterverkehr wurde daraufhin ab 1981 in Etappen eingestellt.
Der "Talent": Die Moderne machte für einen Tag Station
Als im Juni 1996 der "Talent", ein Triebwagen-Prototyp des Herstellers Bombardier, in Gerolzhofen vorgestellt wurde, kam noch einmal Hoffnung für die Untere Steigerwaldbahn auf. Bis zum 31. Dezember 2001 gab es noch einen planmäßigen Güterverkehr und bis Mitte 2006 bediente die Deutsche Bahn sporadisch noch ein Depot der US-Armee bei Kitzingen.

Zum Streckenjubiläum 2003 (100 und 110 Jahre) hatte die damalige ehrenamtliche Museumsleitung eine große Sonderausstellung im Alten Rathaus von Gerolzhofen ausgerichtet. "Dazu wurden im Vorfeld monatelange detaillierte Recherchen in Stadt- und Gemeindearchiven an der Strecke durchgeführt", berichtet Schulz: "Ebenso gab es Zeitzeugenbefragungen bei Bahnanrainern bzw. Exponatausleihen von ehemaligen Bahnangestellten." Was ihm besonders im Gedächtnis blieb: "Die freundliche Leihgabe von zahlreichen Triebfahrzeug- und Waggon-Modellen durch den Gerolzhöfer Sammler Willy Ortner." Sie alle waren einmal im Original auf der Strecke unterwegs.
