Im vergangenen Jahr hat Oma sich um den Weihnachtsbraten noch selbst gekümmert. Dafür hat der Enkel den Weihnachtsbaum geholt und geschmückt, die Söhne haben die Geschenke besorgt. Dann Trubel im Wohnzimmer: Weihnachten halt! Den Heiligabend in diesem Jahr aber wird die Oma, die zwischenzeitlich ins Seniorenwohnheim gezogen ist, wohl alleine verbringen. Kein Christbaum mehr, nur ein paar geschmückte Zweige. Festtagsbraten zwar, aber nicht mit der Familie. Und statt Trubel eher Stille. Die Kinder fragen: "Oma, sollen wir dich nicht doch holen an Weihnachten?". Die Oma zögert: "Ich hab doch Angst vor Ansteckung. Und ich weiß gar nicht, ob es nicht doch vielleicht verboten ist."

Viele Familie fragen sich im Corona-Dezember: Soll man um der Sicherheit willen heuer aufs generationsübergreifende Weihnachtsfest verzichten? Oder soll man die betagte Oma, den einsamen Opa, die geliebte Tante doch zum Fest holen, aber deren Ansteckung riskieren?
Verboten ist dies - nach Stand 3. Dezember - nicht. "Nach derzeitigem Rechtsstand können Einrichtungen der Pflege grundsätzlich jederzeit verlassen werden, auch zum Verwandtenbesuch“, teilt Sprecher Andre Preuschoff vom Bayerischen Gesundheitsministerium mit. Die Regelung gilt Preuschoff zufolge für Altenpflegeheime wie für Heime für erwachsene Behinderte. Heimleiter dürfen die Bewohner nicht am Verlassen der Einrichtung hindern, doch es bleibt ihnen überlassen, wie sie die "hygienischen Notwendigkeiten bei Rückkehr“ regeln. So dürfen sie etwa auf einer zweiwöchigen Quarantäne der Rückkehrer, auf Vorlage eines negativen Coronatests oder auch auf beidem bestehen. Grundsätzlich ausgeschlossen sind laut Ministerium Verwandten- oder Weihnachtsbesuche, wenn die Einrichtung selbst unter Quarantäne steht.
Heimleiter sieht das Holen von Heimbewohnern an Weihnachten sehr kritisch
Dass sein "Hausrecht“ nicht so weit reicht, die Weihnachtsbesuche bei den Verwandten zu untersagen, ist etwa dem Bad Kissinger Heimleiter Ralf Grosch wohl bewusst. Doch der Verantwortliche für den "Burkardus Park“ sieht das Abholen zum Fest sehr kritisch. Das Infektionsrisiko steige dabei massiv. Stecke sich ein alter Bewohner mit dem Coronavirus an, gefährde er bei der Rückkehr ins Heim nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das aller anderen Bewohner. Grosch sagt: "Unser Pflegepersonal arbeitet seit Monaten mit FFP-Masken, was auch kein Spaß ist. Die Mitarbeiter tun das aber natürlich, um die Senioren zu schützen.“ Dieser monatelange Schutz wäre aus Groschs Sicht verwirkt, wenn die Senioren jetzt für Weihnachtsfeiern ihre Heime verließen.

Eine Meinung, die auch vom Caritas-Krisenstab geteilt wird. "Wir möchten die Familien darum bitten, dass sie an diesem Weihnachtsfest ihre Angehörigen nicht zu sich holen“, sagt Kilian Martin, Sprecher aller unterfränkischen Heime der Caritas gGmbH. Es sei schließlich zu deren Sicherheit. Und durch Schnelltests nach der Rückkehr der Heimbewohner könne man das Corona-Risiko für die Heime nicht ausschließen, so Martin. Die Tests seien nicht hundertprozentig sicher, deren Finanzierung sei noch ungewiss - und der Personalaufwand sehr hoch, manchmal zu hoch. Im "Burkardus Park“ in Bad Kissingen etwa könnten Schnelltests noch gar nicht angewendet werden. "Ein Arzt, der uns einweisen könnte, war noch nicht da“, heißt es dort.

Was aber sagen die Senioren selbst? "Viele alte Leute, die ich kenne, sagen mir, Isolierung sei für sie der größte Schaden“, sagt Franz Wölfl, Vorsitzender der Landesseniorenvertretung Bayern (LSVB). Der organisatorische Aufwand für das Personal, der mit Auswärtsbesuchen verbunden wäre, ist Wölfl bewusst. Deshalb schlägt er einerseits weihnachtliche Videobotschaften der Angehörigen vor, die etwa im Speisesaal auf einem großen Monitor abgespielt werden können. Und er spricht sich für Weihnachtsbesuche der Angehörigen im Heim aus: "Wir wünschen uns, dass jeder Besucher mit FFP-Maske ausgestattet wird und die alten Leute selbst eine tragen, dann aber der Besuch ermöglicht wird.“
Weihnachtsbesuche in Seniorenheimen frühzeitig planen
Doch so wie es aussieht, wird nicht jeder Besuch möglich sein. "Wir bitten um Verständnis, dass wir aktuell nur einen Besucher pro Bewohner und Tag zulassen können“, heißt es etwa auf der Internetseite der Caritas. In manchen unterfränkischen Heimen wird für alle drei Weihnachtstage zusammen sogar nur ein Besuch gewünscht. Familien tun also gut dran, sich vor dem Fest abzusprechen, welcher Angehörige zur Oma geht und Termine frühzeitig mit den Einrichtungen abzusprechen.
Grünen-Antrag zu mobilen Testteams in Heimen an Weihnachten abgelehnt
Die Würzburger Grünen-Landtagsabgeordnete Kerstin Celina hätte sich, um den Senioren und Behinderten ein "gutes Weihnachten“ zu ermöglichen, mehr gewünscht: die Einrichtung einer Dialogstelle am Gesundheitsministerium, nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens. Dort könnten Konflikte bei der Ausgestaltung von Besuchsmöglichkeiten geschlichtet werden. Zudem wollte die sozialpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion mobile Teams, die das erhöhte Testaufkommen in stationären Einrichtungen an den Feiertagen hätten übernehmen können. Entsprechend hatten es Celina und weitere Grünen-Abgeordnete in einem Antrag formuliert. Die Staatsregierung lehnte ihn ab.