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SOMMERHAUSEN: Kein Hausarztvertrag nach Praxisumzug

SOMMERHAUSEN

Kein Hausarztvertrag nach Praxisumzug

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    Großer Ärger nach Praxisumzug: Dr. Rainer Katzfuß und Dr. Gabriele Brugger-Katzfuß sind in Sommerhausen (Lkr. Würzburg) nur wenige 100 Meter weiter in ein neues Gebäude gezogen. Daraufhin kündige die AOK über 300 Patienten den Hausarztvertrag.
    Großer Ärger nach Praxisumzug: Dr. Rainer Katzfuß und Dr. Gabriele Brugger-Katzfuß sind in Sommerhausen (Lkr. Würzburg) nur wenige 100 Meter weiter in ein neues Gebäude gezogen. Daraufhin kündige die AOK über 300 Patienten den Hausarztvertrag. Foto: Foto: claudia schuhmann

    Kurz vor Weihnachten zog die einzige Hausarztpraxis in Sommerhausen (Lkr. Würzburg) in ein neues Gebäude um. Was mehr Komfort für die Patienten mit sich bringen sollte, ging für die Drs. Katzfuß nach hinten los: Die AOK Bayern kündigte mehr als 300 Patienten der Praxis die Hausarztverträge. Für Ärzte wie Patienten kam dieser Schritt völlig überraschend.

    „Die Leute kamen mit dem Kündigungsschreiben zu uns“, erzählt Dr. Rainer Katzfuß. Das war Ende Februar. Seit 1989 betreibt er gemeinsam mit seiner Frau Dr. Gabriele Brugger-Katzfuß die Praxis mit etwa 1700 Patienten. 305 von ihnen haben die sogenannte hausarztzentrierte Versorgung gewählt, auch Hausarztvertrag genannt. Sie verpflichten sich, bei Beschwerden zunächst ihren Hausarzt aufzusuchen und können im Gegenzug einige besondere Leistungen in Anspruch nehmen. Die Vergütung für den Arzt sei etwas höher als für Patienten im Standardsystem, sagt Katzfuß. Auch werden diese Patienten separat abgerechnet.

    Das Sozialgesetzbuch V verpflichtet alle Krankenkassen, ihren Versicherten solche Verträge anzubieten. Dass die AOK Bayern den Patienten der Praxis Katzfuß diese Verträge nun gekündigt hat, wird mit einer laut AOK-Pressestelle „eindeutigen Regelung“ begründet, nämlich einem Passus in der Satzung der Kasse. Dort heißt es, die Teilnahme ende, wenn eine Praxis ihren Sitz verlegt. Nachvollziehbar ist diese Regelung für Rainer Katzfuß nur, wenn eine Praxis so weit weg zieht, dass die Versorgung der Patienten nicht mehr möglich scheint.

    Nur wenige 100 Meter entfernt

    Die Sommerhäuser Ärzte aber arbeiten jetzt nur wenige 100 Meter von der alten Praxis entfernt. Die befand sich in engen, verwinkelten Räumen im Altort. Der Neubau außerhalb der Ortsmauer bietet mehr Komfort, Parkplätze vor der Tür und kommt Rainer Katzfuß zufolge bei den Patienten sehr gut an. Welchen Sinn die AOK hinter dieser Maßnahme sieht, erschließt sich dem 59-jährigen Arzt nicht.

    Und auch nicht Dr. Dieter Geis aus Randersacker bei Würzburg, der Vorsitzender des bayerischen Hausärzteverbandes ist. Der Verband ist bei der hausarztzentrierten Versorgung Vertragspartner der Krankenkassen. Geis sagt, dass nur die AOK solche Maßnahmen ergreife, andere Kassen nicht. Ihm zufolge ist Katzfuß kein Einzelfall. Einer Praxis in Ingolstadt, die in der gleichen Straße wenige Häuser weiter gezogen war, erging es ebenso. Diese Praxis hatte vor kurzem beim Landessozialgericht in München mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung obsiegt. Das Gericht ordnete an, dass bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren die Kündigungen zurückzunehmen seien. Allerdings gilt das nur für die Patienten der Ingolstädter Praxis.

    Seit 1. April ist zwischen der AOK Bayern und dem bayerischen Hausärzteverband ein neuer Hausarztvertrag in Kraft. Zustande gekommen sei er, wie schon der Interimsvertrag davor, durch Vermittlung einer Schiedsperson, sagt Dieter Geis. Der neue Vertrag sehe die Möglichkeit der Ausschreibung von Patienten aufgrund der Satzung der Kasse nicht mehr vor. Dieser Praxis habe das Bundessozialgericht mit seinem Urteil vom 25. März einen Riegel vorgeschoben. Aus dem Urteil geht hervor, dass die Satzung einer Kasse die Teilnahme der Patienten an der hausarztzentrierten Versorgung nicht regeln kann – anders, als die AOK das bisher sah.

    Klage beim Sozialgericht München

    Ob dieser neue Vertrag Bestand haben wird, scheint aber noch nicht klar. Denn in einer Pressemitteilung vom 8. April macht die AOK Bayern deutlich, dass sie den Schiedsspruch für rechtswidrig hält. Sie hat Klage beim Sozialgericht München erhoben. Allerdings, teilte die AOK auf Anfrage dieser Zeitung mit, habe die Kasse dem Hausärzteverband ein Angebot gemacht. Dieses solle unter anderem ermöglichen, dass Patienten nach einem Praxisumzug umgeschrieben werden und somit an der hausarztzentrierten Versorgung wieder teilnehmen könnten. Fest steht aber derzeit wohl noch nichts.

    Deshalb bleibt für Dr. Katzfuß vorerst die Tatsache bestehen, dass 305 seiner Patienten nun erst einmal normal über die kassenärztliche Vereinigung (KV) abgerechnet werden müssen. Ein erhebliches Problem, denn dadurch steigt die Zahl seiner Patienten im KV-System schlagartig an. Das aber darf nicht sein, wenn eine Praxis, wie die von Dr. Katzfuß, einen Job-Sharing-Assistenten einstellen möchte. Einen solchen hatten die Sommerhäuser Ärzte in Gestalt eines jungen Kollegen gewinnen können. Vorgesehen war, dass dieser Arzt die Praxis später einmal übernimmt.

    Zwar ist es Katzfuß gelungen, mit Unterstützung der KV den jungen Kollegen für die nächsten sechs Monate als Sicherstellungsassistenten einzustellen. Doch hat ihn das Gezerre viel Zeit gekostet, die er lieber seinen Patienten gewidmet hätte. Und er befürchtet, sein neuer Assistent könne angesichts solcher Zustände die Lust am Landarztberuf verlieren.

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