Sie ist eine der größten Einrichtungen für Menschen mit Behinderung in Unterfranken: Rund 450 Bewohnerinnen und Bewohner leben im St. Josefs-Stift in Eisingen im Landkreis Würzburg. Ausgerechnet vor Weihnachten machen sich dort Verunsicherung und Unruhe breit.
Die Konten des Stifts sind vom Finanzamt gepfändet worden, weil Auflagen der Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen, Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA), der Heimaufsicht des Landkreises, nicht erfüllt wurden und vor allem: Weil die Einrichtung die verhängten Zwangsgelder von 45.000 Euro nicht bezahlen wollte.
Moniert hatte die Heimaufsicht unter anderem fehlende Fachkräfte, mangelnde Förderung in einer Wohnpflegegruppe und den nächtlichen Zimmerverschluss bei drei Bewohnern – obwohl die Art der Durchführung kürzlich vom Betreuungsgericht bestätigt wurde. Bis zuletzt versuchte das Josef-Stift, die Zahlung abzuwenden. Ohne Erfolg. Von der schnellen Zwangsvollstreckung zeigte man sich überrascht, nachdem in einem Gespräch mit Landrat Thomas Eberth ein Verzicht in Aussicht gestellt worden sei bzw. überprüft werden sollte.
Aktuell geht es nun um noch viel höhere Zwangsgelder, es droht sogar eine Schließung des Wohnpflegeheims. Davon wären rund 60 Menschen mit Behinderung betroffen.
Die Heimaufsicht verlangt, dass in dem Gebäude aus den 1970er Jahren die großen Sanitärräume von sechs Wohngruppen bis Ende März 2025 saniert werden müssen, "um unter anderem die Barrierefreiheit und den Sichtschutz zur Wahrung der Intimsphäre zu gewährleisten". Die Behörde beharrt auch darauf, dass die Ursache von Schimmel in den Bädern beseitigt wird. Erfolgt die – schon länger geplante – Sanierung nicht, droht die Heimaufsicht mit einem Zwangsgeld in Höhe von 150.000 Euro.
Finanzierung der neuen Bäder ist Aufgabe des Bezirks
Die Leitung des Stifts, das seit kurzem zum gemeinnützigen Unternehmensverbund Tatenwerk gehört, bestreitet nicht, dass die Pflegebäder modernisiert werden müssen. Nur: Die Finanzierung sei Sache des Bezirks, er ist per Gesetz generell für Einrichtungen der Eingliederungshilfe wie der in Eisingen zuständig. Mehr als 300.000 Euro kostet laut Stiftsleitung die Modernisierung der Bäder.
Im Dezember 2022 will die neue Geschäftsführung (seit 2020) einen ersten Bescheid von der Heimaufsicht dazu erhalten haben – mit Hinweis, dass eine Sanierung schon länger gefordert werde. Aus dem Landratsamt Würzburg heißt es, bereits 2017 sei eine erste Frist zur Sanierung der Bäder gesetzt worden.

Im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen dränge man seit zwei Jahren darauf, mehr Geld vom Bezirk für Investitionen und Modernisierungen zu bekommen, sagt die Sprecherin des Stifts. Dafür brauche es eine ortsübliche Miete, die der Bezirk für die Unterbringung an das Stift bezahlt. Zuletzt wurde sie auf vier Euro pro Quadratmeter erhöht, das sei zu wenig. Das Stift fühle sich "zermahlen zwischen Unterfinanzierung und gesetzlichen Anforderungen" und sehe sich nicht in der Lage, die Auflagen der Heimaufsicht zu erfüllen.
Geschäftsführer: Zwangsgelder bringen Einrichtung in Gefahr
Aus eigener Kraft könne man die Sanierung nicht stemmen, schreibt Marco Warnhoff, Geschäftsführer des St. Josefs-Stifts in einem Brief vom 10. Dezember an Angehörige und Betreuer. Würden die Zwangsgelder wie angedroht fällig, müsse er Insolvenz anmelden – oder das Wohnpflegeheim schließen. Den Schimmelvorwurf weist man zurück: Die betreffende Stelle sei mehrfach von einer externen Firma begutachtet worden, es handele sich lediglich um eine Verfärbung.
Die Heimaufsicht am Landratsamt Würzburg will sich von der Einrichtungsleitung nicht länger vertrösten lassen. Bereits im Herbst 2016 sollten die großen Sanitärräume modernisiert werden. "Trotz ausgiebiger Beratungsgespräche und Besichtigungen mit dem Architekten des Trägers wurden keine Anpassungen geplant und durchgeführt", teilt die Pressestelle des Landratsamtes mit. Im März 2024 sei schließlich – nicht zum ersten Mal – angeordnet worden, die Bäder zu sanieren.
Liegt der Schwarze Peter also beim Bezirk, weil er die nötige Sanierung nicht bezahlt? "Der Bezirk Unterfranken kommt seiner Verpflichtung zur Refinanzierung der Einrichtungen vollends nach", so Bezirkssprecher Florian Hiller. "Bereits für das Jahr 2023 sind deutlich höhere Investitionskosten – im mehrfach sechsstelligen Bereich – im Rahmen des Pflegesatzes vereinbart worden." Die Auflagen der Heimaufsicht würden grundsätzlich in den Verhandlungen berücksichtigt und refinanziert.
In Planung: Ein Neubau mit inklusiven Hausgemeinschaften
Stifts-Geschäftsleiter Warnhoff hofft, Anfang des Jahres an einem Runden Tisch doch noch zu einer Lösung zu kommen. Bereits in den vergangenen Wochen habe es Treffen mit unterfränkischen Landespolitikern verschiedener Parteien gegeben. Warum die Heimaufsicht auf einer Bädersanierung beharrt, wo doch das Gebäude sowieso "in etwa drei bis vier Jahren" nicht mehr als Wohnpflegeheim genutzt werden soll, verstehe er nicht.

Auf dem Stiftsberg in Eisingen sei ein Neubau mit inklusiven Hausgemeinschaften geplant. Dieser werde von Regierung, Kostenträger und Behörden befürwortet, erklärt Warnhoff. Mit einer Förderzusage vom Freistaat rechnet er im Mai.
Einrichtung setzt Hoffnung auf eine Gesetzesänderung
Den Auftrag der Heimaufsicht wolle er nicht grundsätzlich infrage stellen, sag der Stifts-Geschäftsführer. Man erkenne deren Rolle bei der Sicherstellung der Qualität an und wisse, "dass nicht alles immer optimal läuft". Doch für das "rein bürokratische Vorgehen der FQA" habe er kein Verständnis. Das St. Josef-Stift könne bestimmte Auflagen einfach nicht erfüllen: Man könne sich kein Personal "backen" und bei baulichen Investitionen müsse der Bezirk mitspielen.
Bei all der Verunsicherung gibt es aber auch Hoffnung. Wie die Grünen-Abgeordnete Kerstin Celina auf eine Anfrage im Landtag erfahren hat, werden zum 1. Januar Änderungen zum Pflege- und Wohn-Qualitätsgesetz wirksam. Bauliche und personale Mindestanforderungen sollen dann flexibler gehandhabt werden. "Wir werden im neuen Jahr an den Träger herantreten und die neue Rechtslage besprechen", sichert das Würzburger Landratsamt zu.
Hinweis der Redaktion: Dieser Beitrag wurde nach entsprechenden Hinweisen an einigen Stellen korrigiert und ergänzt. Die Geschäftsführung des St. Josefs-Stifts hatte auf die Berichterstattung reagiert:
