Altstadt (mars) In den Wochen vor Weihnachten kann es vorkommen, dass Carl Schlier Kunden des gleichnamigen Modehauses in der Domstraße begrüßt und keine Antwort bekommt. Doch der Geschäftsführer ist deshalb nicht sauer. Im Gegenteil: "Es ist für mich die Krönung, wenn Kunden nicht sprechen können, weil sie sich eben unsere Weihnachtsplätzchen schmecken lassen."
Seit 25 Jahren werden in den Verkaufsräumen des Modehauses Plätzchen gebacken, rund 80 000 bis 100 000 Stück pro Jahr. Wer probieren möchte, findet sie auf Tellern angerichtet an den Kassen. Oder direkt bei Gunda Vinzent und ihrem Team am Backstand. Dort gibt es nicht nur ofenwarme Nuss-Ringle aus Landbutter, Grieszucker und Haselnüssen sowie das zugehörige Rezept, sondern auch jede Menge Backtipps. "Statt der Haselnüsse können Sie Mandeln nehmen", sagt Vinzent beispielsweise. "Nur mit Walnüssen müssen Sie vorsichtig sein, weil der Teig sonst zu weich wird."
Gunda Vinzent kennt sich aus. Immerhin schiebt sie seit mehr als 20 Jahren Plätzchen in den Ofen der Weihnachtsbäckerei. Der Teig dafür wird nach den Rezepten von Franziska Schlier, der Ehefrau des Firmengründers, aus dem Jahr 1843 zubereitet. Jahr für Jahr ein anderer. "Wir haben Kunden," erzählt Carl Schlier, "die seit Beginn der Aktion die Rezepte sammeln." Eine Frau schicke die aktuelle Backanleitung sogar an ihre Tochter in Kanada. "Weil man in Kanada andere Maßeinheiten hat, muss sie die zuvor immer ändern", erklärt Vinzent.
Noch bis zum 20. Dezember werden in den Verkaufsräumen des Modehauses Schlier Plätzchen gebacken. Dann wird die Weihnachtsbäckerei für dieses Jahr geschlossen. Doch Carl Schlier verspricht: "Zehn bis 15 Jahre schaffen wir noch. Wir haben noch genug Rezepte."