"Ich fühle mich pudelwohl, bin gerne noch sehr aktiv und liebe immer noch das Kino." Der dies sagt, weiß, wovon er spricht, und er hätte wohl selbst einen eigenen Film über sein Leben verdient. Lothar Michel, einer der erfolgreichsten Kino-Betreiber der Region, wurde jetzt 80 Jahre alt.
Am Montag feierte er seinen Geburtstag im kleinen Kreis der Familie mit seiner Gertrud und seinen Töchtern Dorothée und Julia, einen Tag darauf dann mit vielen Freunden und Wegbegleiterinnen und -begleitern in seinem ehemaligen "Odeon" in der Augustinerstraße, um dort an schöne alte Zeiten zu erinnern. Aber auch heute ist Michel noch gut im Geschäft – mit dem "Cineworld" im Mainfranken-Park bei Dettelbach, das er zusammen mit der Scheer GmbH betreibt.

"Ich wurde in jungen Jahren schon im Kino 'sozialisiert', und damit wurde meine große Leidenschaft für Filme im Kino entfacht", erinnert er sich. Der erste Film, den er im Kino sah, war "Der Elefantenboy" mit dem indisch-US-amerikanischen Schauspieler Sabu, der 1937 gedreht wurde, aber kriegsbedingt erst 1949 in die deutschen Kinos kam. "Walt Disneys 'Cinderella' kam an Weihnachten 1950 in die deutschen Kinos, und ich war davon so begeistert, dass ich den Film 16 Mal gesehen habe. Ich kenne noch heute fast alle Szenen."
Bei Filmen mit Altersbeschränkung in den Saal geschmuggelt
Beste Erinnerung hat er auch an "Das Gewand" mit Richard Burton und Jean Simons von 1954, der erste Film im Super-Breitwand-Format Cinemascope. Das "Corso" seiner Familie in der Kaiserstraße war das erste Kino in Nordbayern, in dem diese brandneue Technik installiert wurde. "Der Film hatte einen großen Besucheransturm und war mehrere Wochen auf dem Spielplan", erinnert sich Michel.
Einfallsreichtum war für den jungen Lothar Michel bei "Denn sie wissen nicht, was sie tun" von 1956 mit James Dean und Natalie Wood und anderen Filmen mit Altersbeschränkung gefragt. "Obwohl ich noch nicht 16 Jahre alt war, hab ich mich mehrfach in die Vorstellungen geschmuggelt. Überhaupt: wenn ich einen Film altersbedingt noch nicht sehen durfte, bin ich in den Projektionsraum gegangen und habe mir durch das kleine Fenster zum Saal und mit einem Kopfhörer den Film angesehen. Die Herren Vorführer haben immer ein Auge zugedrückt."

George Gershwins grandiose Oper "Porgy and Bess" von Otto Preminger mit Sidney Poitier, Dorothy Dandridge und Sammy Davis jr. war das Highlight des Jahres 1960, erinnert sich Michel. Vor der Aufführung des Film musste das "Corso" aufwändig umgebaut werden. Die Leinwandgröße wurde mehr als verdoppelt und die gesamte Projektionstechnik erneuert, da der Film nicht im üblichen 35-mm-Format vorgeführt werden konnte, sondern eine Bildbreite von 70 mm mit Sechskanal-Magnetton hatte. "Eine damals große Herausforderung für die Kinos", erinnert sich Lothar Michel.
Nebenbei verkaufte Lothar Michel auch Hähnchen und Burger
Geboren wurde er am 26. Dezember 1942 in Alzenau am Untermain, kam aber schon nach der Grundschulzeit nach Würzburg, weil sein Vater 1949 sein erstes Kino aufbaute, das "Corso" in der Kaiserstraße. Das Corso betrieb Lothar Michel ab 1964 mit seiner Partnerin Hildegard Jung, später mit ihr auch die "Passage", das "Rex" und das "City". Alleine nahm er dann das "Odeon" in die Hand. So "nebenbei" verkaufte Lothar Michel auch noch Hähnchen, Pommes, Burger und Schaschlik in seinen "Picnic"-Läden in der Eichhornstraße und der Kaiserstraße.
"Man muss den Menschen mehr bieten als das, was sie zuhause vor dem Fernseher erleben."
Lothar Michel, Würzburger Kino-Betreiber
Lothar Michels zweite große Liebe neben dem Kino war und ist die Musik. Die wilden 70er Jahre erweckten in ihm die Leidenschaft für Discos. Und so wandelte er das Odeon-Kino um – in den Club "Odeon 2000". Dort gingen Stars aus und ein wie Graham Bonnie, Gunter Gabriel, Christian Anders, Paola oder Costa Cordalis.
Sprung in die Multiplex-Ära
Der Multiplex-Boom bei den Kinos machte indes auch vor Würzburg nicht Halt. So schlossen 1999 das "City" und das "Bavaria", 2001 das "CC", das "Odeon" 2003 und schließlich das "Corso" 2009. Dafür gelang Michel mit dem "Cineworld" im Mainfranken-Park erfolgreich der Sprung in die Multiplex-Ära. In dem Filmtheater stehen ihm heute seine beiden Töchter Dorothée und Julia als Geschäftsführerinnen hauptverantwortlich zur Seite. Eingebunden ist er mit diesem Betrieb in die Cineplex-Gruppe mittelständischer Kino-Unternehmer, der größten und besucherstärksten Gruppe in Deutschland.

Im "Cineworld" ist der Jubilar auch mit 80 noch immer voll engagiert, um mit erheblichen Investitionen die Technik auf den neusten Stand zu bringen. So ließ er jetzt den Kinosaal 3 aufrüsten mit 56 speziellen Lautsprecherboxen, die mit massivem Sound den Saal vibrieren lassen. "Man muss den Menschen mehr bieten als das, was sie zuhause vor dem Fernseher erleben", sagt der Kino-Mann Lothar Michel und dass er froh sei, hier noch schaffen zu können. "Die Arbeit macht mir noch immer Riesenspaß, vor allem, wenn man sieht, dass das Publikum unser Angebot so gut annimmt."