Kurz vor Weihnachten sah es nach einem Geschenk für den FC Schweinfurt 05 aus: Dem Tabellenführer der Fußball-Regionalliga Bayern wurden im Dezember vom Sportgericht des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV) drei Punkte zugeschrieben, die er sportlich mit einer 3:4-Niederlage beim TSV Schwaben Augsburg verloren hatte. Doch daraus wird fürs Erste nichts.
Die Schwaben hatten gegen die U23-Regel verstoßen. In diesem und, wie inzwischen bekannt ist, noch drei weiteren Fällen. Gegen die daraus resultierenden Punktabzüge in erster Instanz wehrte sich der Aufsteiger jedoch per Widerspruch. Jetzt droht, egal wie die eventuell nächste Woche stattfindende Berufungsverhandlung vor dem Verbandsgericht ausfällt, der ganzen Liga eine Hängepartie, die möglicherweise über das Saisonende hinaus Grundsatzfragen und Konsequenzen offen lässt. Was bekannt ist und was nicht.
Was besagt die U23-Regel der Landesverbände in der Regionalliga?
An jedem Spieltag müssen laut Paragraph 25 der Regionalliga-Spielordnung auf dem elektronischen Spielberichtsbogen mindestens vier Akteure mit deutscher Staatsbürgerschaft gelistet sein, die noch kein A-Länderspiel für einen anderen Nationalverband bestritten haben und die vor Beginn des Spieljahres zum 30. Juni das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Insgesamt muss jeder Verein mindestens vier solcher U23-Spieler in seiner Spielberechtigungsliste gemeldet haben. Dass dies bei den Augsburgern nicht der Fall war, blieb vom Bayerischen Fußball-Verband (BFV) unbemerkt.

In welchen Spielen hat Augsburg gegen die U23-Regel verstoßen?
In den gewonnenen Spielen gegen Schweinfurt (4:3), Türkgücü München (3:1) und Wacker Burghausen (3:2) hatten die Augsburger weniger als die vier vorgeschriebenen U23-Spieler im Spieltagskader geführt. In erster Instanz hatte das Sportgericht den Schwaben diese Siege aberkannt und den Gegnern jeweils drei Punkte zugesprochen. Zudem war der Verein mit einer Geldstrafe von 600 Euro belegt worden.
Wie die Süddeutsche Zeitung nun meldete, hat auch Eintracht Bamberg nach seiner 0:2-Niederlage gegen Augsburg nachträglich Einspruch eingelegt; den Oberfranken wurden vorbehaltlich des ausstehenden Urteils ebenfalls drei Punkte zugesprochen. In dem betreffenden Saisonabschnitt hatten die Augsburger zudem mit 2:1 gegen Aschaffenburg gewonnen – die Viktoria hatte jedoch keinen Verstoß gemeldet.

Welche Auswirkungen hätte das Sportgerichtsurteil aus erster Instanz auf die Auf- und Abstiegssituation und insbesondere den FC Schweinfurt 05, den FC Würzburger Kickers und den TSV Aubstadt?
Schwaben Augsburg würde nach dem Abzug von zwölf Punkten in der Tabelle mit nur noch 13 statt erspielter 25 Zähler auf den letzten Platz abrutschen. Mit zehn Punkten Rückstand auf das rettende Ufer und sieben auf den zweiten Relegationsrang. Bamberg würde zunächst auf den rettenden 14. Platz klettern, Türkgücü München den Rückstand auf die Relegationsränge auf vier Zähler reduzieren. Für den TSV Aubstadt als Neuntem bliebe die Situation unverändert bei acht Punkten plus auf die Relegation.
Größter Profiteur an der Tabellenspitze wäre der FC Schweinfurt 05. Sein Vorsprung auf Bayern München II (am Samstag, 14 Uhr, Gastgeber der Nullfünfer im Top-Spiel) wüchse auf vier Zähler, auf Bayreuth (obendrein ein Spiel mehr) auf sechs und auf die fünftplatzierten Würzburger Kickers auf elf. Für Letztere geriete die Ausgangslage im Titelrennen schier aussichtslos. All das ist jedoch pure Spekulation, seit Schwaben Augsburg im Dezember Widerspruch gegen das Urteil formuliert hat.

Mit welcher Begründung haben die Augsburger Widerspruch eingelegt und welche Auswirkung kann ein Erfolg vor dem Verbandsgericht haben?
Vertreten werden die Augsburger, bei denen Sportdirektor Max Wuschek die Verstöße einräumte und der Unerfahrenheit eines Aufsteigers zuschrieb, von der renommierten Sportrechtskanzlei Schickardt. Die operiert mit großem Besteck: Die U23-Regel der Regionalliga und auch die ähnlich formulierte des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) in der 3. Liga verstoße gegen Europarecht. Ungeachtet der befristeten Verträge von Fußballern dieser Leistungsebene, die nicht mit Festanstellungen vergleichbar seien, gehe es um die Missachtung der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Die U23-Regel bevorzuge deutsche Spieler, diskriminiere nach Nationalität.
Noch vor dem Start in die Regionalliga-Restrunde hatte der BFV ein neues Urteil anvisiert. Das scheint auch deshalb unwahrscheinlich, weil die Bamberger Unterlagen erst verspätet nachgereicht worden sind und die Kanzlei auch auf Rechtsfehler in erster Instanz verwiesen hat – unter anderem eine Überziehung der Einspruchsfrist durch den FC 05. Wie auch immer geurteilt wird, die unterlegene Partei wird höchstwahrscheinlich abermals Einspruch anmelden. Eine Entscheidung, dann wohl vor dem DFB-Gericht, ist erst spät in der Saison, womöglich danach zu erwarten. Es ist sogar denkbar, dass der Fall schließlich vor einem ordentlichen Gericht landet und letzten Endes die Statuten des BFV und DFB geändert werden müssen.
Wie reagiert der FC 05 auf die drohende Hängepartie?
Selbst einmal Opfer der U23-Regel geworden waren die Schweinfurter 2018, als sie ihren 3:1-Sieg im Toto-Pokal-Achtelfinale gegen die Würzburger Kickers wegen eines Verstoßes am Grünen Tisch wieder verloren. Damals kostete das Sportleiter Gerd Klaus den Job. Der aktuelle Sportleiter Andreas Brendler ist mit der Hängepartie unzufrieden: "Es ist echt nicht optimal, zumal wir davon ausgehen, dass sich das noch ewig hinzieht." Genervt? "Nun, wir können es nicht beeinflussen. Aber ich gehe davon aus, dass wir die Punkte rechtzeitig kriegen."