(dpa) Den Nächten zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag kommen seit jeher enorme Bedeutung zu. Es sind die sogenannten Rauhnächte, in denen nach altem Volksglauben die Wilde Jagd, ein mythisches Geisterheer, über Land zieht und sein Unwesen treibt.
„Die letzten sechs Nächte im alten Jahr und die ersten sechs Nächte im neuen Jahr galten früher als die geheimnisvollste Zeit. Sie waren einerseits als besonders gefährlich und unheimlich gefürchtet, andererseits gingen in den Rauhnächten Träume in Erfüllung“, sagte Jochen König, Heimatforscher aus Kempten. Im Allgäu leben manche Traditionen dieser Nächte bis heute fort.
Die Herkunft des Begriffs Rauhnacht ist nicht sicher geklärt, sagte König. Einerseits halte sich die Behauptung, dass er mit den „rauen Geistern“ zu tun hat, die zwischen den Jahren regieren. Der Heimatforscher aber glaubt eher an einen Zusammenhang mit dem Brauch des Räucherns.
Denn um die unheilstiftenden Gestalten zu vertreiben, wurden früher die Häuser ausgeräuchert. Dafür wurden in einer Pfanne Glut, Weihrauch und Kräuter gemischt. „Damit zog man durch das Haus und den Stall und betete das Vater Unser.“ In manchen Allgäuer Familien habe sich dieser Brauch bis heute gehalten.
Etwas Alltägliches ist laut König vor allem für einige ältere Menschen in der Region bis heute in den Rauhnächten tabu: Wäsche waschen. Denn weiße Wäsche, die zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag auf der Leine flattert, deutet nach vorchristlicher Überlieferung auf ein Leichentuch, also einen Todesfall im neuen Jahr hin.
Nach altem Volksglauben eigneten sich die zwölf Rauhnächte auch für Wettervorhersagen. Dazu wurden an Weihnachten zwölf mit Salz gefüllte Schüsseln oder Zwiebelschalen aufgestellt und bis zum Ende der Rauhnächte stehen gelassen. Danach ließ sich das Wetter in den zwölf Monaten des neuen Jahres ablesen, erklärte König. „Blieb die fünfte Schüssel trocken, wurde der Mai schön. War die neunte Schüssel nass, gab es einen verregneten September.“ Auch dieser Brauch werde mancherorts noch praktiziert. „Je weiter man in die Berge kommt, umso traditionsverhafteter sind die Menschen.“
So sind zwischen den Jahren in etlichen Orten des Bayerischen Waldes schaurige Gestalten unterwegs. Bei den traditionellen Rauhnächten sollen zum Jahresausklang böse Geister ausgetrieben werden. Der Brauch mit den wilden Perchten ist auch in anderen bayerischen und österreichischen Gemeinden verbreitet. Mit dem einstigen uralten Aberglauben hat das Spektakel heute allerdings wenig zu tun: Es handelt sich eher um eine große Party für Touristen und Einheimische mit Freiluft-Theater, Konzerten und Jahrmarktsständen.
Im niederbayerischen Sankt Englmar (Landkreis Straubing-Bogen) hatten die mythischen „Rauhwuggerl“ und die Hexen bereits in der Nacht zum Mittwoch ihren Auftritt. In anderen Orten der Region werden erst in den kommenden Tagen die furchterregenden Gestalten durch die Straßen ziehen. So ist in Altreichenau und Neuschönau (beides Landkreis Freyung-Grafenau) das Rauhnachtstreiben erst für den Abend vor dem Dreikönigstag geplant. In Eggerszell ist an Neujahr und dem 2. Januar gleich ein zweitägiges kommerzielles Rauhnachtsfest geplant.
Die Veranstalter kündigen neben Feuershows auch einen Referenten an, der „Antworten zum Sinn und Unsinn der Rauhnächte“ verspricht.