Sehr geehrter Herr Windhorst,
waren Sie eigentlich schon mal in Leinach? In dem kleinen Ort bei Würzburg arbeiten rund 30 Leute bei der Würzburger Interieur Manufaktur (Wima). Sie bauen dort Inneneinrichtungen für Luxus-Yachten. Von ihrem Handwerk sprechen sie mit Stolz. Aber seit drei Monaten warten diese rund 30 Leute auf ihre Löhne. Warum? Das wissen wohl nur Sie, der Geschäftsführer.
Haben Sie überhaupt schon mal mit Ihren unterfränkischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen? Sie müssen sich und ihre Familien ernähren, die Bildung der Kinder finanzieren, Kredite abbezahlen. Drei fest eingeplante Monatslöhne, die plötzlich fehlen, können einen da schon aus der Bahn werfen. "Existenzgefährdend" nennt der Wima-Betriebsratsvorsitzende Christian Krämer jedenfalls die aktuelle Lage.
Ist Ihre Existenz nach so vielen Fehlinvestitionen auch gefährdet, Herr Windhorst?
Sie dagegen, Herr Windhorst, sollen sich dem NDR zufolge erst im vergangenen Jahr für 47,5 Millionen Dollar eine neue Villa in Los Angeles gekauft haben. Wenn ich mir allein die jüngste Geschichte Ihrer Investitionen anschaue, wundert mich das schon.
Da wären allein 360 Millionen Euro, die Sie mit Ihrem Investment – wie in allen folgenden Beispielen über Ihre Investmentfirma "Tennor" – in den Fußball-Zweitligisten Hertha BSC Medienberichten zufolge verloren haben sollen. In das inzwischen insolvente Ihme-Zentrum in Hannover haben Sie seit dem Kauf 2019 nach eigenen Angaben 150 Millionen Euro gesteckt.
Ebenfalls 2019 übernahmen Sie die kriselnde Flensburger Werft FSG. Durch den Zukauf einer weiteren Werft wurde daraus das Unternehmen FSG-Nobiskrug. Nach der Übernahme haben Sie große Investitionen versprochen. Inzwischen steckt das Unternehmen in einer tiefen Krise und hat wohl keine Aufträge mehr, alle Mitarbeiter freigestellt und einige Löhne noch nicht bezahlt.
Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stehen ganze Lebensplanungen auf dem Spiel
Das klingt nicht zufällig nach der Lage hier in Leinach bei der Wima. Die Firma ist 2013 aus der Pleite eines großen Betriebs für Möbel und Innenausbauten hervorgegangen. Seitdem gab es mehrere Eigentümerwechsel. Seit Januar 2023 gehört der Betrieb zu 85 Prozent "Ihrer" FSG-Nobiskrug. Die restlichen 15 Prozent hält ein Steuerberater im Landkreis Kitzingen.
Die aktuelle Situation kann für die Angestellten der Wima drastische Folgen haben: Sie kämpfen um einfache Kredite für ihr Einfamilienhaus. Eine verlässliche Anstellung mit guten Löhnen ist ihre Sicherheit. Wenn plötzlich und unverschuldet Probleme auftauchen, steht die ganze Lebensplanung auf dem Spiel. Dafür tragen Sie, Herr Windhorst, die Verantwortung.
"Wir fühlen uns alleingelassen", sagte mir der Betriebsratsvorsitzende Christian Krämer. Er nannte es "eine Frechheit, wie die Geschäftsführung mit den Mitarbeitern umgeht". Ich muss ihm zustimmen. Ganz davon abgesehen, dass alle Angestellten ein Recht auf ihren Lohn haben: Sie sollten auch ein Recht haben, über Entscheidungen informiert und an ihnen beteiligt zu werden.
Streichen Sie die Segel und lassen Sie die Belegschaft in Leinach ihre Arbeit machen!
Wenn es stimmt, was die Belegschaft sagt, dann hat sie den Betrieb von Leinach aus in den vergangenen Jahren zu großen Teilen sehr gut selbst verwaltet. Hat Aufträge eingeholt, ausgearbeitet und ausgeführt. Seit etwa einem Jahr müsse man sich aber jede kleinere Ausgabe von der Geschäftsführung persönlich absegnen lassen. Ist das üblich für global tätige Finanzinvestoren?
Was Ihnen ganz offensichtlich fehlt, ist ein Plan für Ihre Investitionen. Oder ist das Absicht? Ihr Muster scheint zu sein: Krisenunternehmen kaufen, Investitionen versprechen, aber nicht tätigen und stattdessen die Beteiligung mit hohen Verlusten verkaufen (Hertha BSC) oder langsam in die Insolvenz führen (Ihme-Zentrum).
Inzwischen ist für das Leinacher Unternehmen eine vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Jetzt hätten Sie die Chance, den Betrieb in die Hände der fähigen Leute vor Ort zu übergeben – natürlich ohne Ihre Altlasten. Also: Herr Windhorst, streichen Sie die Segel!
Milliardenverlust eines französischen Vermögensverwalters: Welche Rolle spielt Ihre Luxus-Yacht?
Woher bekommen Sie eigentlich immer wieder frisches Geld? Wer investiert noch in Lars Windhorst und seine Geschäfte? Wenn man den Recherchen des NDR folgt, unter anderem der französische Vermögensverwalter H2O. Allein der habe mit Investitionen in "Tennor" insgesamt 2,35 Milliarden Euro Verlust gemacht.

Warum hat H2O Ihnen überhaupt Geld gegeben? Eine Spur führt anscheinend ausgerechnet auf Ihre inzwischen verkaufte Luxus-Yacht. Laut NDR hätten Sie H20-Manager dorthin eingeladen und Ihnen Reisen und Ausflüge finanziert.
Wer hat eigentlich diese Luxus-Yacht gebaut und ausgestattet, Herr Windhorst? Und wer bezahlte die Spesen wirklich?
Mit Spannung auf Ihre Antwort wartend
Christoph Sommer, Redakteur
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