Schweinfurt/Friedrichshafen

ZF will in Deutschland 14.000 Stellen abbauen: Auch für Schweinfurt viele offene Fragen

Autozulieferer ZF muss sparen und sorgt erneut für Aufregung. Von den Stellenstreichungen könnte auch Schweinfurt betroffen sein. Was neu ist in der aktuellen Ankündigung.
Dunkle Wolken über ZF: Der hochverschuldete Konzern will massiv Arbeitsplätze streichen. In welchem Maße der Standort Schweinfurt (Bild) davon betroffen sein wird, ist offen. 
Foto: René Ruprecht | Dunkle Wolken über ZF: Der hochverschuldete Konzern will massiv Arbeitsplätze streichen. In welchem Maße der Standort Schweinfurt (Bild) davon betroffen sein wird, ist offen. 

Der Autozulieferer ZF will bis Ende 2028 bis zu 14.000 Stellen in Deutschland streichen. Das teilte der Konzern am Freitag in Friedrichshafen mit. In welchem Umfang Reduzierungen an den Standorten – darunter Schweinfurt mit 9000 Beschäftigten – vorgesehen sind, werde nun konkretisiert.

"Die Reduzierung soll soweit möglich sozialverträglich geschehen, indem ZF die demografische Struktur der Belegschaft und die Fluktuation nutzt", heißt es in einer Mitteilung. Die ZF Friedrichshafen AG plant die Gründung mehrerer Standortverbunde mit schlankeren Strukturen. Zurzeit seien 54.000 Menschen in Deutschland in dem von einer Stiftung der Stadt Friedrichshafen getragenen Unternehmen beschäftigt.

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Weil die ZF-Chefs schon seit geraumer Zeit den Rotstift in der Hand haben, komme die Nachricht mit den 14.000 Stellen "jetzt nicht wirklich überraschend", sagte der Schweinfurter Betriebsratsvorsitzende Oliver Moll am Freitag gegenüber dieser Redaktion. Wie viele Stellen der Standort Schweinfurt verlieren wird, der stark auf Elektromobilität und Ersatzteile ausgerichtet ist, sei unklar. Bislang war von einem mittelfristigen Abbau von 2000 Jobs die Rede gewesen.

Neu für den Betriebsratsvorsitzenden: die Begründung des Stellenabbaus 

Moll sieht in der aktuellen Ankündigung eine Neuigkeit: Bislang seien Mitteilungen zum Stellenabbau im Konzern immer mit "technologischen Begründungen" versehen worden. Nun stünden plötzlich die finanzielle Situation von ZF und die schwache Konjunktur im Vordergrund. Er wolle deshalb genau hinschauen, "was da jetzt geschieht".

Der hochverschuldete Autozulieferer hat sich erst im Frühjahr ein strenges Sparprogramm auferlegt. In diesem und im kommenden Jahr sollen die Kosten weltweit um etwa sechs Milliarden Euro gesenkt werden, hieß es im Februar. Damit wolle sich ZF eine bessere Position verschaffen, um den weiteren Wandel zur E-Mobilität ab 2026 anzugehen.

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ZF-Chef Holger Klein hatte im April angekündigt, dass die Zahl der Beschäftigten in Deutschland perspektivisch nicht zu halten sein wird. "Mit den nun beschlossenen Maßnahmen wollen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken und unsere Position als eines der weltweit führenden Zulieferunternehmen festigen", erklärte er nun.

Die IG Metall in Bayern kritisierte am Freitag den Konzern scharf. Die Unternehmensspitze habe ZF durch strategische Fehleinschätzungen "und missglückte Finanzierungsmodelle bei milliardenschweren Zukäufen" in eine schwierige Lage gebracht, wird IG-Metall-Bezirksleiter Horst Ott in einer Mitteilung zitiert. "Für diese haarsträubenden Managementfehler sollen die Beschäftigten jetzt den Kopf hinhalten. Wir werden uns dagegen zur Wehr setzen."

Hohe Schulden belasten den ZF-Konzern

Hauptgrund für die Sparmaßnahmen sind die hohen Schulden von ZF. Diese haben ihren Ursprung vor allem im Erwerb des Autozulieferers TRW und des Bremsenspezialisten Wabco vor einigen Jahren. Der Konzern bezahlt aktuell Hunderte Millionen Euro an Zinsen, die zum Beispiel in Forschung und Entwicklung fehlen. Zugleich muss der Autozulieferer in den kommenden Jahren Milliarden in die Transformation hin zum Elektroantrieb investieren. 

Weltweit arbeiten rund 169.000 Menschen für ZF. In Bayern sind es laut IG Metall in zwölf ZF-Betrieben fast 20.000 Beschäftigte. ZF ist an mehr als 160 Produktionsstandorten in 31 Ländern vertreten.

Mit Informationen von dpa

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  • Eugen Endres

    Bei der Sache gibt es nicht nur einen Schuldigen. Einerseits Manager die auf Wachstum durch übernahmen setzen, gleichzeitig aber auch, wegen des Wandels der Automobilindustrie, zum Umbau des Konzernes gezwungen sind. Auf der anderen Seite die Stadt Friedrichshafen, die ohne Not zur damaligen Zeit begonnen hat Unsummen aus dem Konzern zu ziehen, um sich ein Polster für die Zukunft aufzubauen.
    https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.zeppelin-stiftung-reich-reicher-friedrichshafen.9c802dd4-0b6e-421c-a02f-f7d9f59f42a5.html

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  • Fred Reinshagen

    Darf sich eigentlich eine Stiftung durch solche riskanten Zukäufe so hoch verschulden? Gibt es einen Stiftungsrat? Was sagte dieser dazu? Muss er ggf. dafür haften?

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  • Sabine Ritter

    Die ZF AG selbst ist keine Stiftung, sondern ein Unternehmen im Besitz zweier Stiftungen: Zeppelin-Stiftung und Dr. Jürgen und Irmgard Ulderup-Stiftung.

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  • Fred Reinshagen

    Dann ist es aber immer noch töricht, einen soliden Konzern zu überschulden. Typisch fürs deutsche, orientierungslose Management des 21 Jh.

    Gemäß dem Spruch:
    Die 1. Generation (nach dem 2. WK) bauts auf,
    die 2. erhälts,
    die 3. bringts durch.

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  • Peter Koch

    Die beiden Stiftungen sind aber im Aufsichtsrat der ZF AG vertreten und sollten dort den Geschäftsführer daran hindern Blödsinn zu machen. Als es noch kaum Darlehenszinsen gab wurde das anscheinend nicht so eng gesehen, auch nicht von den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat.
    https://www.zf.com/mobile/de/company/corporate_governance/company_bodies/supervisory_board.html

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